Früher stand Lars Stindl als Fan in der Kurve, nun als Profi auf dem Platz. Dem modernen Fußball steht er kritisch gegenüber.
Worum ging es genau?
Das Hauptthema waren personalisierte Tickets und die Ausgabe dieser Tickets, die leider erst am Spieltag selbst erfolgte. Außerdem wurde den Fans die Anreise zum Derby vorgeschrieben. Der Verein hat diese Auflagen etwas unglücklich verkauft. Die aktive Fanszene hat sich daraufhin zu einem Boykott der Spiele entschlossen, unter dem wir als Spieler gelitten haben. Wenn der Support fehlt, dann hat das Auswirkungen auf den Rasen, auch wenn man das nicht in Punkten oder Toren bemessen kann. Wir haben Herrn Kind einfach gesagt, wie wir dazu stehen. Mehr konnten wir nicht machen. Zum Glück wurde der Boykott später aufgehoben.
Sie haben mal gesagt, dass die Ultras falsch wahrgenommen werden.
Ultras werden in vielen Medien immer mit Gewalt in Verbindung gebracht. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich verurteile auch jede Form von Gewalt, das hat im Fußball nichts zu suchen. Doch Ultras stehen für mich unter anderem für die Eingliederung von Fans: Sie organisieren die Busfahrten, Spendenaktionen, Veranstaltungen. Sie schaffen ein Gemeinschaftsgefühl. Diese soziale Komponente sollte man auch wertschätzen.
Zu Ihrem Abschied hielten Ultras von Hannover 96 ein Transparent hoch. Darauf war Ihr Torjubel in Kopenhagen zu sehen.
Alle Fans, die international auswärts unterwegs sind, singen dieses Lied: „Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom, in Kopenhagen schellt das Telefon.“ Als wir mit 96 international spielten, herrschte eine unglaubliche Euphorie im Klub. Dann spielten wir ausgerechnet in Kopenhagen, ich erzielte das Siegtor. Wir waren damit weiter, mir kam direkt diese Textzeile in den Sinn. Ich lief also zum Fanblock und imitierte einen Telefonanruf. Das war schon ein geiles Gefühl.
Sie spielten mit 96 nicht nur in Europa, sondern auch gegen den Abstieg. Ist es für einen Spieler eine höhere Belastung, wenn er sich so mit dem Klub identifiziert und weiß, was auf dem Spiel steht?
Nein, wenn ich auf dem Platz stehe, dann bin ich ein ganz normaler Kicker. Dann zählt nicht, ob ich ein Fanlied kenne oder mich mit den Ultras austausche. Aber klar: Es war schwer, damals abzuschalten. Wenn ich mittags mal in der Stadt einen Kaffee trinken gegangen bin, haben die Leute mich direkt auf den Abstiegskampf angesprochen. Im Endeffekt ist es aber immer ein Vorteil, wenn die Stadt so an einem Verein hängt.
Wie nehmen Sie die Unterstützung in Gladbach wahr?
Ich fand es immer super, wenn ich auswärts in Gladbach gespielt habe. Das hat schon eine Rolle bei meinem Wechsel gespielt. Und das ist jetzt kein Gefasel: Die Atmosphäre in Gladbach ist außergewöhnlich in Europa. Nehmen Sie als Beispiel den Saisonauftakt gegen Leverkusen. Klar, Vorfreude auf das erste Spiel, ambitionierter Gegner, warmes Wetter, vielleicht auch viele Getränke – die Rahmenbedingungen waren schon mal super. Doch es war dann doch der Wahnsinn, was hier beim 2:1 abgegangen ist. Die Hütte ist explodiert.
Ihr Start in Gladbach im letzten Jahr war etwas holprig, Sie spielten anfangs eher im Mittelfeld. Unter André Schubert blühten Sie auf. Wie kam es dazu?
Wir hatten letztes Jahr insgesamt einen schlechten Saisonstart, auch ich war nicht gut. Beim Spiel in Köln saß ich dann 90 Minuten auf der Bank, das war damals legitim, aber trotzdem eine neue Erfahrung für mich. André Schubert hat mich nach seinem Amtsantritt nach vorne gestellt, in die Spitze mit Raffael. Seitdem habe ich eigentlich in allen Wettbewerben getroffen und meine Effektivität verbessert. Die Position ist für mich optimaler. Vorne drin kann ich meine Qualitäten am besten einbringen.