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Im Dis­counter bei mir um die Ecke in Berlin-Wei­ßensee findet sich in einem abge­le­genen Bereich fern der Haupt­gänge ein Regal für Absei­tiges: Grün­kohl der Bil­lig­marke, Dorsch­leber in Aspik oder ori­ginal eng­li­sche Mar­me­lade aus Thü­ringen oder Hessen. Ver­gessen, egal.

In der Regel wird diese Aus­lage pas­siert, ohne ihr grö­ßere Auf­merk­sam­keit zu schenken, doch dieses Mal ver­fängt sich beim übli­chen peri­pheren Blick ein fieser Wider­haken im Gehirn: Irgend­etwas stimmt da nicht! Und damit ist nicht gemeint, dass in dem Regal eine ganze Wagen­la­dung Frucht­bon­bons in knal­ligen Dosen im Fuß­ball­klub-Design liegt. Auch nicht, dass trotz der beacht­li­chen Menge ganze drei Klubs ver­treten sind. Son­dern, dass es sich bei diesen Ver­einen um RB Leipzig, Han­nover 96 und Schalke 04 han­delt.

Rät­sel­haftes Trio

Übli­cher­weise ist der Wochen­ein­kauf ein Vor­gang, dem jed­wede men­tale Nach­hal­tig­keit abgeht, da heißt es ein­fach nur Augen zu und durch. Doch hier funk­tio­niert das nicht, dazu ist der Fall viel zu rät­sel­haft. Dar­über muss man wirk­lich noch mal in Ruhe nach­denken. Leipzig, Han­nover und Schalke. In Berlin-Wei­ßensee! Kein Union (wir befinden uns in Ost-Berlin), nicht mal Hertha, kein BVB und auch kein FC Bayern (wo es Bayern-Klimbim doch immer und überall gibt).

Scheut man den direkten Weg zur Markt­lei­tung, die wegen der nerdigen Kon­no­ta­tion des Sach­ver­halts womög­lich umge­hend den psych­ia­tri­schen Not­dienst alar­miert hätte, bleibt als einzig gang­barer Weg zur Lösung des Rät­sels bloße Spe­ku­la­tion. Was um alles in der Welt hat genau diese drei Klubs in der Drops-Vari­ante hierhin ver­schlagen? Ein Mar­ke­ting-Pro­jekt, das nicht nur in Berlin unge­fähr so beliebt ist wie eine Sieben-Tage-Inzi­denz über 200. Einen mit­tel­mä­ßigen Zweit­li­gisten. Und einen Verein, bei dessen Credo Ein Leben lang!“ man der­zeit weniger an Fuß­ball­lei­den­schaft als an foren­si­schen Straf­vollzug denkt. Was für ein Trio Infer­nale!

Mal seriös nach­ge­dacht, gibt es eigent­lich nur zwei Mög­lich­keiten, wie das alles zusam­men­hängt. Ent­weder haben sich von einer ursprüng­lich ange­bo­tenen Viel­falt aus­schließ­lich die Leipzig‑, Han­nover- und Schalke-Bon­bons als Laden­hüter erwiesen, und das, man muss es so scho­nungslos sagen, in Massen. Oder aber der Fili­al­leiter des Dis­coun­ters in Berlin-Wei­ßensee hat für eben diese drei Klubs in seinem Markt die größten Absatz­chancen gesehen. Schwer zu sagen, was trau­riger klingt.

Tat­säch­lich habe ich eine der Bon­bon­dosen aus ihrem kargen Git­ter­ge­fängnis befreit. Sie darf nun bei meinem Paten­kind, einem vom Fuß­ball­schicksal gebeu­telten neun­jäh­rigen Schalke-Anhänger, ein neues Leben beginnen. Viel­leicht schme­cken die Dinger wenigs­tens lecker, außerdem gehört die Ver­eins­so­li­da­rität in Zeiten des Nie­der­gangs zum Pro­zess der Per­sön­lich­keits­bil­dung jedes jungen Fuß­ball­fans. So fragt mich mein gerade vier­jäh­riger Sohn der­zeit erschre­ckend oft: Wie, Arminia hat wieder kein Tor geschossen?“ Nun denn, das ist eine andere Geschichte.

Reiß­zwe­cken statt Lutsch­bon­bons

Als in der Redak­tion die Sache zur Sprache kommt, räus­pert sich leicht ver­legen auch 11FREUNDE-Volontär Flo­rian Nuss­dorfer. Hab auch eine“, nuschelt er dann. Was hast du, Nussi?“ – Schalke-Dose.“ Es stellt sich heraus, dass der fast von Geburt an den Schalker Knappen ver­fal­lene Kol­lege die Lutsch­bon­bons sofort erworben hat, als sie auf den Markt kamen. Mitt­ler­weile bewahrt er nach eigener Aus­sage Reiß­zwe­cken darin auf. Die tie­fen­psy­cho­lo­gi­sche Bedeu­tung dieser Zweit­nut­zung sparen wir uns.

Und senden statt­dessen einen Appell an die Men­schen draußen im Land: Wer auf der Suche nach dem etwas anderen Weih­nachts­ge­schenk ist, möge bitte – selbst­ver­ständ­lich unter Wah­rung der Hygiene- und Abstands­re­geln – in die Bör­ne­straße nach Berlin-Wei­ßensee kommen und end­lich das ver­dammte Regal leer kaufen. Alles muss raus!