Mit dem FC Bayern hat er alles gewonnen, mit der Nationalmannschaft wurde er Vizeweltmeister. Heute lässt es Carsten Jancker eine Nummer kleiner angehen. Erstmal.
Die sich auch nicht verbiegen will, als immer wieder Vorwürfe aufkeimen, er sympathisiere mit rechtem Gedankengut. Allein die Frisur! Dabei mag er nur einfach seine Locken nicht. Im Rückblick sagt er: „Wahrscheinlich würde ich früher versuchen mich in aller Deutlichkeit davon zu distanzieren. Eines würde ich allerdings nie wieder machen. Mir die Haare wachsen zu lassen, weil andere es wollen. Nie wieder.“
Und so trägt er sie auch heute noch, oder wieder, die Fleischmütze, die ja sein durchaus gewinnendes Lächeln so funkeln lässt. Ebenso wie er noch immer den Ring trägt, den er nach seinen Toren immer küsste, in Gedanken an seine Frau. Die Jancker einst auf der Geschäftsstelle von Rapid kennenlernte und wegen der er auch heute noch in Österreich lebt und arbeitet.
Hoch hinaus in den Absturz
Nach Stationen als U- und Individualtrainer beim SV Mattersburg und dem SC Neusiedl am See wurde er Co-Trainer bei Rapid Wien. Zunächst unter seinem ehemaligen Mitspieler Zoran Barisic, dann unter Mike Büskens. Mit dessen Entlassung muss auch Jancker gehen. „Natürlich war es schmerzhaft. Du hast versucht, etwas aufzubauen“, sagt er im Rückblick. Doch das Ende in Wien bietet auch eine Chance.
Jancker, der nebenbei die Uefa-Pro-Lizenz erworben hat, heuert beim SV Horn an. Einem Verein, der nach dem Einstieg von Japans Ex-Nationalspieler Keisuke Honda hoch hinaus wollte und in die Drittklassigkeit abstürzte. (Hier geht’s zur Reportage darüber »>)
Klar, aufgeräumt, erfolgreich
Mit Jancker als Trainer ist nun der Neuanfang geglückt. Obwohl die Mannschaft, wie er sagt, „ganz neu zusammengestellt wurde und wir eigentlich erstmal nur ankommen wollten in der Liga“, ist der Klub mittendrin im Aufstiegsrennen. Wie er das macht?
„Sich selbst beschreiben ist natürlich schwierig, aber ich will schon den Ball haben, Chancen kreieren. Natürlich darf man dabei die Arbeit gegen den Ball nicht vernachlässigen. Aber am Ende gewinne ich lieber 3:2 als 1:0, ich war schließlich Stürmer“, sagt Jancker, wirkt dabei ganz klar und aufgeräumt. Und es klappt ja auch, der SV Horn hat in der Regionalliga Ost die zweitmeisten Tore erzielt, die zweitwenigsten kassiert.
Das langfristige Ziel ist klar
Wer denn sein Trainer-Vorbild sei, will man dann noch wissen. Und zunächst windet er sich ein wenig, als müsse er erstmal die Gefahren seiner eigenen Antwort abgrätschen, ehe er sagt: „Man sollte seinen eigenen Weg gehen, aber natürlich pickt man sich immer wieder mal was heraus. Wie sich Trapattoni zum Beispiel immer vor die Mannschaft gestellt hat. Wie Hitzfeld immer die richtigen Worte bei seinen Mannschaftsansprachen gefunden hat. Oder das Training von Spalletti, dass ich bei Udinese kennengelernt habe. Da waren schon mal 45-Minuten-Einheiten dabei, bei denen nur elf gegen eins gespielt wurde, um die Abläufe einzustudieren. Aber all diese Erfahrungen muss man natürlich an die aktuellen Gegebenheiten anpassen und vor allem muss man dabei authentisch bleiben.“
Bleibt noch die Frage nach der Zukunft: „Wir sind oben dabei, natürlich wollen wir jetzt auch aufsteigen. Und dann will ich hier erstmal nachhaltig arbeiten. Aber das langfristige Ziel heißt schon: Deutschland, Bundesliga.“
Eine Marke bleibt Carsten Jancker so oder so.