Unter Groundhoppern gilt Nordkorea als ultimative Herausforderung. Unser Autor war vor Ort und hat ein Spiel besucht. Eine abenteuerliche Reise in ein unbekanntes Land.
Aber vielleicht bricht sich ja beim Fußball die Völkerfreundschaft Bahn, schließlich hat Herr Kim voller Überzeugung gesagt: „Die Koreaner sind alle fußballverrückt.“ Das spiegelt sich aber nur sehr bedingt in den Zuschauerzahlen wider, bei einem Freundschaftsspiel im Kim-il-Sung-Stadion verlieren sich nur wenige Besucher auf den Rängen. Es ist auch nicht zu klären, wer da eigentlich kickt. Das Ligaspiel in der nationalen Meisterschaft verfolgen etwa 200 Zuschauer im Stadion „1. Mai“, dem größten Fußballstadion der Welt mit einem Fassungsvermögen von 150 000 Menschen.
Der bescheidene Besuch mag auch an den Teams liegen, die beide nicht zur nationalen Spitze gehören. Weil auf dem Kunstrasen nur wenig Aufregendes passiert und auch keine der Choreografien geboten wird, für die das Land so berühmt ist, kalauern Matten und Porada. „Ich glaube, die haben zu viel Stuttgart gegen Bochum geguckt.“ – „Gleich ist Halbzeit, ich geh’ schon mal aufs Klo, bevor es zu voll wird.“ – „Bring ein Bier und ’ne Bratwurst mit.“ Gibt es aber beides nicht.
Ein sonderbarer deutscher Fußballstammtisch
Dafür schaut am Ende der Reise noch Prominenz vorbei: Jörn Andersen, Bundesliga-Torschützenkönig 1990 und seit 2016 Nationaltrainer von Nordkorea, wohnt mit Frau und Hund im Koryo-Hotel. Ein weiterer Hund hat die Anreise nach Nordkorea nicht überlebt. Als der Norweger seinen Job antrat, ging in seiner Heimat ein Shitstorm los, vor allem Amnesty International protestierte. Porada und Matten treffen Andersen zufällig im Drehrestaurant im 44. Stock, wo er mit Thomas Gerstner beim Essen sitzt. Der war unter anderem mal Trainer in Bielefeld und coacht jetzt die nordkoreanischen U19-Frauen. In Deutschland läuft an diesem Samstagnachmittag gerade Bundesliga, und als die beiden Trainer aktuelle Zwischenstände vermelden, zeigt sich, dass es wohl doch ein Handynetz mit Internetzugang gibt.
Bald kommt es hoch über den Dächern von Pjöngjang zu einem sonderbaren deutschen Fußballstammtisch, bei dem es sogar Weißbier gibt. Man hat das Gefühl, dass die beiden Dauergäste froh sind, wenn ab und zu mal deutsche Touristen auftauchen, mit denen man über Gott, die Welt und den Fußball reden kann. Allerdings will Andersen erst sprechen, als wir ihm zusichern, nichts davon zu veröffentlichen. Neulich hat es in der „Süddeutschen Zeitung“ mal eine Reportage über ihn gegeben, über die er sich offensichtlich fürchterlich ärgert. Es ist nicht ganz klar, worüber eigentlich genau. Vielleicht, dass es hieß, er würde den Job nur wegen des Geldes machen.
Einige Tage nach dem Stammtisch spitzt sich die Krise zu. Kim Jong-un schickt eine weitere Rakete los, die über Japan hinwegfliegt, die USA drohen mit militärischen Schritten. Es ist schwer vorstellbar, dass Jörn Andersen noch lange bleiben wird und die Fußballreisen nach Nordkorea so weitergehen wie bisher.