Als Kazuyoshi Miura seine Karriere begann, war Helmut Kohl Kanzler und Nicole sang von „ein bisschen Frieden“. Heute wird er 56 Jahre alt – und spielt immer noch!
Seine ersten großen Erfolge feiert er ab 1990 beim Yomiuri FC (heute Tokyo Verdy). In 192 Spielen macht er 100 Tore für den Klub. Er ist bei der Gründung der J. League dabei, trifft mit seiner Mannschaft auf Pierre Littbarskis JEF United Chiba oder Guido Buchwalds Urawa Red Diamonds. Er wechselt nach Europa, spielt für Croatia Zagreb (heute Dinamo Zagreb) und den FC Genua. In der Serie A macht er sein Debüt am 4. September 1994 gegen den AC Mailand. Nach ein paar Minuten gerät er mit Franco Baresi aneinander, der ihm auf dem Platz die Nase bricht.
Wirklich besser läuft es auch danach nicht. Miura kommt auf 21 Einsätze für Genua, nur zehnmal steht er in der Startelf. Immerhin schießt er sein einziges Tor im Derby gegen Sampdoria.
Rückblickend tun Fußballfans seine Zeit in Europa manchmal als Witz oder Werbe-Gag ab. In Italien hat man ihn aber nicht vergessen. Im Jahr 2016 schreibt der Journalist Franco Ficetola: „Die Hoffnung ist, dass die Italiener eines Tages verstehen werden, dass Kazuyoshi Miura kein Zirkus-Freak oder ähnliches war. Er war einfach ein Junge, der von der anderen Seite der Welt kam und versuchte, seine Träume wahr werden zu lassen.“ Einer, der nicht wie viele andere Kinder darauf wartete, dass eines Tages ein Scout am Trainingsplatz steht, sondern der einfach loszog, um die Fußballwelt selbst zu entdecken. Gegen jede Vernunft.
Die Interviews und Spielszenen aus seinen frühen Jahren in Brasilien oder Europa wirken heute, als seien sie aus einem anderen Universum. Da steht dieser Junge, ein bisschen naiv, ein bisschen nervös, und erklärt, was er hier möchte, tausende Kilometer entfernt von der Heimat. Da rennt, köpft und schießt dieser Junge, als ginge es darum, die ganze Welt für eine Sekunde aus den Angeln zu heben. Der Stoff, aus dem Märchen sind. Oder ein Manga.
Yoichi Takahashi, der Erfinder der Anime-Serie „Super Kickers“, hat einmal erzählt, dass seine Figur „Captain Tsubasa“ in Anlehnung an Miura entstand. In einem Interview mit „So Foot“ sagte er: „Ich habe mich von Kempes’ oder Maradonas Bewegungen inspirieren lassen. Aber eigentlich wünschte ich mir, dass Tsubasa Kazu Miura ähnelt, denn er war der erste japanische Fußballprofi, der im Ausland gespielt hat.“
Das stimmt zwar nicht – Yasuhiko Okudera spielte bereits in den siebziger Jahren für den 1. FC Köln –, aber die Parallelen sind tatsächlich offensichtlich: Wie Miura geht auch Tsubasa in Jugendjahren nach Brasilien, um dort das Fußballspielen zu erlernen. Wie Miura kehrt er eines Tages heim, um sein Wissen weiterzugeben und seine Mannschaften zum Sieg zu schießen.
In der Nationalelf läuft es für Miura besser als in Italien oder Kroatien. Mit zwölf Treffern in der Qualifikation für die WM 1998 schießt er Japan fast im Alleingang nach Frankreich. Aber Takeshi Okada streicht ihn wenige Wochen vor Turnierbeginn aus dem Kader. Der Trainer steht nicht auf den extravaganten Stürmer. Diesen Spieler, den sie zu Beginn seiner Karriere in Brasilien „den Japaner“ nannten, den sie in Japan wiederum „den Brasilianer“ nennen. Der seine Tore mit dem „Kazu Dance“ ausgiebig feiert, seine Arme kreisen lässt und sich dann mit der Hand in den Schritt greift. Der eine Schauspielerin als Freundin hat und sich für Mode interessiert. Für seine Klamotten soll er sich sogar eine Zweit-Wohnung gekauft haben.
Ohne Miura scheidet Japan in der Vorrunde aus, zwei Jahre später beendet der Stürmer seine Karriere in der Nationalmannschaft, ohne je bei einer WM teilgenommen zu haben.