Für den Abstiegskampf hat Matthias Scherz wenig Hoffnung. Sorgen um seine alte Liebe macht der Ex-Profi sich deswegen allerdings nicht.
Matthias Scherz, in ihrem letzten Gespräch mit uns sagten Sie, „Köln geht guten Zeiten entgegen“. Wie sehr hat Sie die aktuelle Saison der Kölner überrascht?
Einen Absturz, wie er sich nun abzeichnet, hätte ich mir nicht vorstellen können. Das hatte schon etwas von einem Rückfall in alte Zeiten. Angesichts der Dreifach-Belastung mit Europa League, Pokal und Meisterschaft war abzusehen, dass es eine sportlich schwierige Saison werden könnte. Leider haben die Verantwortlichen die sportliche Talfahrt nicht immer souverän gehandhabt.
Was ist schiefgelaufen in Köln?
Der Kader ist in der Sommerpause schlecht zusammengestellt worden. Insbesondere in der Breite fehlt es an Alternativen. Seitdem der FC nicht mehr international spielt, ist die Punkteausbeute vollkommen ausreichend. Die Mannschaft von Stefan Ruthenbeck ist in der Rückrundentabelle Zehnter. Das zeigt: Die Qualität ist vorhanden, um mit dieser Mannschaft Bundesliga zu spielen.
Lange wurde in Köln an Trainer Peter Stöger festgehalten.
„Spürbar anders“, das war der Weg, den der Verein mit der Installation von Stöger und Schmadtke einschlagen wollte. Lange war dieser Weg auch sehr erfolgreich. Deswegen hätte ich mir gewünscht, der Klub hätte die Durststrecke mit dem Gespann Schmadtke-Stöger durchgestanden. Das wäre wirklich spürbar anders gewesen.
Am Samstag spielt der FC bei der Hertha in Berlin. Die nächste letzte Chance. Glauben Sie persönlich noch an den Klassenerhalt?
Nein.
Ist das die kurze Antwort?
Das ist die kurze Antwort. (Lacht) Köln hat unter anderem noch Schalke und Bayern im Restprogramm. Der Abstand auf Mainz beträgt weiterhin sechs Punkte. Mir fehlt einfach die Fantasie, um noch an den Klassenerhalt zu glauben.
Nehmen wir an, Köln steigt ab. Sehen Sie die Gefahr, dass damit der Weg, der mit Schmadtke und Stöger eingeschlagen wurde, zu Ende geht?
Davon gehe ich nicht aus. Mit Geschäftsführer Alexander Wehrle und dem Präsidium stehen weiterhin zentrale Bausteine des Erfolgs in Diensten des Vereins. Der 1. FC Köln wird, sollte er denn absteigen, in die Bundesliga zurückkehren und seinen Weg dort fortsetzen.
Jonas Hector und Timo Horn sind die sportlichen Gesichter des Vereins. Es wäre ein starkes Zeichen, wenn diese Spieler den Weg in Liga 2 mitgehen würden.
Jonas Hector ist Nationalspieler. In der Nationalmannschaft herrscht das Leistungsprinzip. Entsprechend kann er es sich nicht erlauben, 2. Bundesliga zu spielen, wenn die Konkurrenz Champions League spielt. Ich denke nicht, dass Hector und Horn über den Sommer hinaus zu halten sind. Ich kann die Spieler da auch ein Stück weit verstehen.
Wäre es nicht schön, wenn ein Spieler kurzfristig seine Einzelinteressen für den Verein hintenan stellen würde?
Verschiedene Faktoren spielen da eine Rolle. Wie alt ist der Spieler? Welche Perspektiven bieten sich ihm? Jeder in diesem Sport strebt zwangsläufig nach dem Höchsten. Zumal es für den Spieler selbst nicht immer der leichteste Weg ist, eine neue Herausforderung zu suchen. Die eigene Wohlfühloase zu verlassen, sich dem möglicherweise verschärften Konkurrenzkampf in einer neuen Mannschaft zu stellen, erfordert Mut.
Dennoch ist es so, dass die Spieler immer mehr zu Einzelunternehmern werden. Das zeigt sich auch an der öffentlichen Darstellung, beispielsweise in den sozialen Medien. Wäre Matthias Scherz heute ein Profi, der Twitter, Instagram & Co. bedienen würde?
Da ich nicht mit diesen Begleiterscheinungen groß geworden bin, ist es schwer für mich, das aus heutiger Sicht zu beurteilen. Natürlich nutze auch ich soziale Medien, allerdings im Zweifelsfall eher konservativ. So groß ist mein Mitteilungsbedürfnis nicht. Aber ich sehe auch, dass darin für die Spieler wirtschaftliche Möglichkeiten liegen. Wer in den sozialen Medien erfolgreich ist, macht sich interessant für mögliche Sponsoren.
Profi sind Sie nun schon eine Weile nicht mehr. Spielen Sie trotzdem privat noch Fußball?
Ich spiele für die Traditionsmannschaft des 1. FC Köln sowie für die LOTTO Rheinland-Pfalz Elf. Aber auch hier in meinem Wohnort spiele ich neuerdings immer montags bei einem Freundschaftskick mit.
Sind Sie immer noch ehrgeizig?
Heute führe ich nicht mehr jeden Defensivzweikampf so wie ich ihn vielleicht früher geführt hätte. Da eskortiere ich die Gegenspieler eher. (Lacht) Offensiv ist das wiederum anders. Wenn ich hier noch mal etwas zeigen kann, bereitet mir das nach wie vor Freude. Aber der letzte Siegeswillen ist mit den Jahren auf der Strecke geblieben. Um Punkte muss ich nicht mehr spielen.