Stefan Aigner ist im vierten Jahr bei Eintracht Frankfurt. Ein Gespräch über Offensivfußball, Trainer im Vergleich, seine Ziele und eine alte Liebe.
Stefan Aigner, Sie gehen jetzt ins vierte Jahr bei der Eintracht, scheinen inzwischen vollends angekommen…
Wenn das nach drei Jahren nicht so wäre, dann wäre es inzwischen auch ein bisschen spät! (Lacht.)
…außerdem sind Sie inzwischen einer der Publikumslieblinge, wie zuvor in München. Hängt diese Rolle mit Ihrer Spielweise zusammen?
Nun ja, ich bin sicherlich kein Filigrantechniker, keiner der „Hacke, Spitze, eins zwei drei“ spielt, sondern jemand, der über die Leidenschaft kommt, der sich auch durch den Kampf in ein Spiel reinbeißt. Das ist auch eine Haltung, die die Zuschauer sehen wollen: Nie aufgeben, immer alles rausholen und nachsetzen. Kämpfen, beißen, kratzen kann man immer, auch wenn es einmal nicht läuft. Deswegen habe ich, denke ich, einen ganz ordentlichen Stand bei den Frankfurt-Fans.
Eine Haltung, auf die Sie anscheinend auch wert legen: Statt des Standard-Programms mit Facebook, Instagram & Co haben Sie eine Homepage, die sie selbst betreuen und auf der sie regelmäßig Spielberichte posten.
Ich bin einfach nicht der Typ, der bei Facebook Sachen postet, und bei Instagram bin ich sowieso nicht. Ich finde, dass ich nicht überall vertreten sein muss.
Stattdessen die Konzentration auf das Sportliche?
Ich habe meine Homepage, auf der ich immer Nachberichte zu den Spielen aus unserer Perspektive schreibe. Wer mehr Informationen braucht, kann von dort beispielsweise zur Eintracht-Homepage gehen, aber von meiner Seite bleibt es eher kurz und knapp.
Und wie fällt dort das Fazit über den bisherigen Saisonverlauf aus?
Drei Spiele, vier Punkte. Das ist schon ein guter Start, wenn man sieht, gegen wen wir gespielt haben (Wolfsburg, Augsburg, Stuttgart, Anm. d. Red.).
Armin Veh hat Thomas Schaaf als Trainer abgelöst. Beide sind für eine offensive Spielausrichtung bekannt. Sagt das Ihnen zu?
Mit Sicherheit. Als Offensivspieler denkst du meistens nach vorne. Und es ist schön, wenn ein Trainer eine Philosophie hat, die ohne Naivität offensiv ausgerichtet ist: Gefährlich nach vorne, dabei aber versuchen, die Abwehrspieler auch defensiv zu entlasten.
Und welche Rolle spielen Sie in diesem Konzept?
Meine Rolle im System ist eigentlich die gleiche wie vor zwei, drei Jahren: Als Außenspieler rückt man mehr nach innen, um somit dem Außenverteidiger den Raum nach vorne zu geben, aber da ist man auch variabel. Heutzutage gibt es einfach keine Mannschaft mehr, bei der die Außenverteidiger nicht hoch stehen.
Das Modell „Doppelpass im Mittelfeld, Aigner geht zur Grundlinie und flankt vor’s Tor“ ist also kein Element, das der Trainer so vorgibt?
So etwas entsteht eher aus dem Spiel heraus. Wenn es sich ergibt, dann ist es okay, aber das ist nicht direkt der Plan des Trainers.
Was ist unter dem neuen Trainer denn anders als zuvor?
Das kann man nicht vergleichen, jeder Trainer hat seine eigene Philosophie. Wir haben letztes Jahr viele Gegentore bekommen, das wollen wir jetzt abstellen, ohne unsere Offensivstärke einzuschränken. Der Trainer hat ein gutes Auge dafür.
Aber hat Thomas Schaaf der Mannschaft nicht seinen Stempel aufgedrückt?
Nein, überhaupt nicht. Wenn ein neuer Trainer kommt, ist alles neu. Zumal ich persönlich und auch viele andere Spieler schon unter Armin Veh trainiert haben, daher ist uns auch seine Spielphilosophie bekannt.
Ist also von einem Jahr unter Schaaf nichts geblieben?
Was war – das ist einfach so im Fußball –, ist nicht entscheidend, sondern das, was kommt und was jetzt ist. Da haben wir gleich von vornherein versucht, die Art Fußball umzusetzen, die der Trainer sich vorstellt.
Sie haben ja Armin Veh schon einmal in Frankfurt erlebt. Ist ein Unterschied von seiner ersten zur zweiten Amtszeit festzustellen?
Nein, es ist alles gleich geblieben. Er hat einfach ein gutes Gefühl dafür, wann er die Zügel anziehen muss und wann auch mal Spaß angebracht ist.
Und wie wird taktisch im Training gearbeitet? Worauf legt Armin Veh Wert?
Er legt einen extremen Fokus auf das Passpiel. Der Ball muss unten bleiben. Wenn in einem Trainingsspiel ein hoher Ball gespielt wird, wird sofort abgepfiffen. Nur Flachpässe, am besten Kurzpassspiel, wenige Ballkontakte, um somit schnell nach vorne und zum Abschluss zu kommen. Das ist der Schwerpunkt, aber im taktischen Bereich wird auch viel verschoben, um es dem Gegner so schwer wie möglich zu machen.
Nimmt Veh für Sie inzwischen die Position eines Mentors ein?
Da ist schon einiges, was ich unter ihm gelernt habe – es sind ja jetzt nun auch nicht meine ersten zwei, drei Monate unter Armin Veh, sondern das dritte Jahr. Damals kam ich aus der zweiten Liga, und er hat mir die Chance gegeben, noch den Sprung in die höchste Spielklasse zu schaffen. Das habe ich bis hierhin auch ganz gut gemeistert, denke ich. Ich habe ihm einiges zu verdanken und es macht Spaß, unter ihm zu spielen.
Nach der Länderspielpause geht es nun weiter gegen den 1. FC Köln. Sind die Batterien schon wieder voll aufgeladen?
Man freut sich immer, wenn einmal Länderspielpause ist, vor allem jetzt, wo wir vier Punkte haben. Vielleicht mal zwei Tage durchschnaufen, zur Familie fahren oder ähnliches. Aber seit Montag ist wieder volle Konzentration auf das Spiel gegen Köln angesagt.
Ihre Familie wohnt in München, wo Sie lange gespielt haben. Sind Sie der Stadt noch weiter verbunden?
Klar, auf alle Fälle! Ich bin natürlich immer, wenn wir frei haben, unten bei der Familie. Wöchentlich besuchen kann ich sie ja auch nicht. Deswegen freue ich mich, wenn die Möglichkeit besteht, auch, wenn ich mich in Frankfurt wohlfühle.
Und wie steht es um die Sechzger?
Na klar, ich schau mir jedes Spiel von 1860 an. Leider kann ich nicht mehr so oft im Stadion sein, aber zum Glück bleibt mir immerhin, die Spiele im Fernsehen zu verfolgen.
Was wünschen Sie sich für Ihre persönliche Entwicklung in dieser Saison?
Mein persönliches Ziel ist es in erster Linie, gesund zu bleiben. Das hört sich vielleicht für manche komisch an, aber für mich ist das einfach das Wichtigste. Wenn man Gas gibt und hart arbeitet, kommt der Rest dann doch meistens von alleine.
Und mit der Eintracht?
Kurzfristig: Ein guter Saisonstart. Deswegen ist es wichtig, jetzt zuhause gegen Köln gleich den nächsten Dreier zu holen. Dann ist vieles möglich, weil man sich so auch Selbstvertrauen holt. Aber ich bin jetzt nun einmal keiner, der sagt: Ziel ist von Beginn an die Europa League. Nach der Hinrunde kann man immer noch ein Ziel ausgeben.
Nach der letzten Saison standen die drittmeisten Gegentore, aber auch die viertmeisten Treffer aller Mannschaften zu Buche. Zählt fortan eher das Ergebnis?
Naja… (Lacht.) Es bringt uns natürlich nichts, wenn wir 34 Mal wunderschön spielen und 34 Mal verlieren. Am besten wäre attraktiver Fußball und ein gutes Ergebnis, aber lieber spiele ich mal ein dreckiges Match und gewinne, bevor ich ein super Fußballspiel abliefere und am Ende ohne Punkte da stehe.