Nach 19 Spielen ohne Sieg gewinnt der 1. FC Köln ausgerechnet in Dortmund. Wie konnte das passieren?
Eins kann man Borussia Dortmund nicht vorwerfen: fehlende Großzügigkeit. Die Borussia verliert in regelmäßigen Abständen Partien, in die sie eigentlich als klarer Favorit geht. So auch gegen den 1. FC Köln. Dem Abstiegskandidaten gelang es mit dem 2:1‑Erfolg, eine Sieglos-Serie von 19 Spielen zu beenden. Wieso patzt der BVB immer wieder gegen die Kleinen? Und wie gelang dem 1. FC Köln diesen unerwarteten Erfolg? Vier Gründe für den Kölner Sieg.
1. Köln verteidigte stark
Angesichts der Negativserie suchte Kölns Trainer Markus Gisdol das Heil in der Defensive. Er verzichtete darauf, einen klassischen Stürmer aufzustellen. Stattdessen konzentrierte sich seine Mannschaft auf typischen Außenseiter-Fußball: Köln stand kompakt und lauerte auf Ballgewinne in der eigenen Hälfte.
Köln überließ den Dortmundern zwar den Ball, wollte aber verhindern, dass der BVB hinter die Mittelfeldkette gelangen kann. Dazu wählte Gisdol eine 5 – 3‑2-Formation. Die beiden offensivsten Akteure, Ondrej Duda und Jan Thielmann, schlossen die Passwege ins Mittelfeldzentrum. Die Akteure dahinter deckten Dortmunds Mittelfeldspieler eng.
Besonders auf dem Flügel achtete Köln darauf, dass die Dortmunder nicht zur Entfaltung kommen. Sobald der Ball auf die Seiten kam, rückte der jeweilige Kölner Außenverteidiger vor und ein Mittelfeldspieler heraus. Die Kölner ließen die Dortmunder in deren Hälfte spielen, zeigten sich aber in der eigenen Hälfte griffig. Dank ihrer kompakten und aufopferungsvollen Defensivleistung stellten die Kölner den BVB lange kalt.
2. Dortmund wusste nichts mit dem Ball anzufangen
Kölns eher passiver Sturm erlaubte es dem BVB, den Ball in der eigenen Abwehr laufen zu lassen. Die Dortmunder Innenverteidiger konnten den Spielaufbau geduldig vorbereiten. Dabei bekamen sie immer wieder Unterstützung von Sechser Emre Can, der sich tief fallen ließ.
Dortmunds Schwachstelle war das Mittelfeld. Hier fehlte eine verbindende Instanz zwischen Spielaufbau und Angreifern. Can und auch Axel Witsel ließen sich zu häufig fallen, während Erling Haaland und Marco Reus zu offensiv agierten. Die Spieler, die in den vergangenen Wochen diese Anbindung hergestellt hatten, standen nicht auf dem Platz: Raphael Guerreiro fehlte verletzt; Jude Bellingham, Mahmoud Dahoud sowie Giovanni Reyna saßen allesamt auf der Bank.
Die Schwächen gegen tiefstehende Gegner sind indes nichts Neues unter Favre. Der Schweizer hat als Dortmunder Coach vierzehn Bundesliga-Spiele verloren. Sieben dieser Niederlagen gab es gegen Abstiegskandidaten, wenn Dortmund über 65 Prozent Ballbesitz hatte. Gegen Köln lag der Wert bei 69 Prozent – und die Torgefahr in der ersten Stunde bei praktisch null.
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3. Kölner Standard-Stärke
Über weite Strecken der Partie setzten sich beide Teams matt. Der BVB sammelte Ballbesitz, während sich die Kölner auf die Defensive konzentrierten. Dortmunder Torchancen waren ebenso rar wie Kölner Konter. Diese endeten zumeist auf der linken Seite, wo Ismail Jakobs zwar häufig frei an den Ball kam, sich jedoch nur selten durchsetzen konnte gegen Dortmunds Verteidiger.
Die Kölner erzielten ihre Tore folgerichtig nicht aus dem laufenden Spiel heraus, sondern nach Standardsituationen. Bei beiden Treffern sah die Dortmunder Abwehr nicht gut aus. Sie verpassten es, nach Verlängerungen den Raum am zweiten Pfosten zu besetzen. Köln machte sich dies zunutze; Ellyes Skhiri traf gleich doppelt.
4. Favres Umstellungen kamen zu spät
Am Ende wurde es trotz der zwischenzeitlichen 2:0‑Führung der Kölner noch einmal brenzlig. Favre hatte auf die spielerische Misere seines Teams reagiert. Nach etwas mehr als einer Stunde löste er die Viererkette in der Abwehr auf. Der BVB verteidigte nunmehr mit einer Dreierkette. Die Außenpositionen waren mit Jadon Sancho und dem eingewechselten Thorgan Hazard offensiv besetzt, der ebenfalls eingewechselte Reyna sollte im Mittelfeld Präsenz zeigen.
Die Umstellungen fruchteten. Der BVB schoss in den letzten zwanzig Minuten neunmal aufs Tor; in den siebzig Minuten zuvor kamen sie gerade einmal auf sechs Torschüsse. Sie profitierten von einer Kölner Mannschaft, die nach aufopferungsvollem Kampf müde wirkte. Über 120 Kilometer legten die Kölner Spieler am Ende zurück und damit knapp zehn mehr als die Dortmunder.
Das Dortmunder Offensivfeuerwerk kam aber zu spät. Als kurz vor Schluss Mats Hummels den Aushilfsstürmer gab, sprach das für die pure Verzweiflung der Dortmunder. Haaland hatte am Ende sogar noch eine große Chance auf den Ausgleich. Er wäre angesichts der ersten siebzig Minuten dieser Partie kaum verdient gewesen. Borussia Dortmund verschenkte erneut Punkte gegen einen defensiv kompakten Abstiegskandidaten. Die Kölner nahmen das Geschenk dankend an – und freuen sich darüber, endlich ihre Sieglos-Serie beendet zu haben.
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