Sie treffen sich jährlich und planen den modernen Fußball. Wer genau hinhört, was die Mächtigen bei der Soccerex-Convention bereden, den packt das Grauen.
Wie groß die Rolle des Geldes im modernen Fußball ist, weiß auch Spaniens Liga-Präsident Javier Tebas. Der wetterte während der Soccerex-Convention zunächst gegen Paris Saint-Germain und Neymar („PSG wurde erwischt, wie es in den Swimming Pool pinkelte. Und Neymar pinkelte sogar vom Sprungbrett.“). Später verkündete Tebas am Rande des Kongresses gegenüber der „Financial Times“, man wolle die Clasicos zwischen Barca und Real künftig in China, Indien oder in den USA austragen lassen. Tebas im Wortlaut: „La Liga ist globale Unterhaltung, und wir wollen den internationalen Stellenwert der Liga gerne erhöhen. Deshalb sprechen wir derzeit über die Möglichkeit, einige der Ligapartien außerhalb Spaniens zu spielen. Die Diskussionen befinden sich noch in einem frühen Stadium, aber als Ligaverband unterstützen wir diese Idee.“
Stillitano und Tebas sind nur zwei mächtige Feinde des Fußballs, die in Manchester die Themen vorgaben. Eine wirklich reflektierte Auseinandersetzung mit den jüngsten Exzessen im Profi-Fußball lieferte der Kongress natürlich nicht. Stattdessen hatten die Soccerex-Organisatoren den Autor von „The Football Transfer Review“, Esteve Calzada, mit einem Report zur Lage beauftragt. Dessen kühne These: Die Inflation auf dem Transfermarkt sei – mit Ausnahme des jüngsten PSG-Kaufrausches – keineswegs auf das vermehrte Eingreifen von Investoren zurückzuführen. Über Manchester City, Manchester United oder den AC Milan verlor Calzada kein Wort.
Doping? Kein Problem!
Auch das Thema Doping erfuhr auf der Soccerex eine eher schnelle und unkritische Abhandlung. „Betrachtet man die Zahlen von UEFA, WADA, Fifa, müssen wir sagen, dass das Problem doch sehr begrenzt ist“, erklärte Emilio Garcia, der für Integrität zuständige UEFA-Direktor. Nachsatz: „Wir haben es hier mit drei bis fünf Fällen pro Jahr zu tun, die für gewöhnlich aus Drogenmissbrauch resultieren, nicht mit Leuten, die betrügen wollen. Wir haben natürlich ein Programm gegen Doping, und wir müssen dieses Problem kontinuierlich bekämpfen. Ich sage auch nicht, dass es gar kein Doping gibt. Aber das Problem ist limitiert.“
Auch Manchester Citys Mannschaftsarzt Dr. Matthew Brown konnte – hört, hört – keine besonderen Auffälligkeiten aus dem Kreis seiner Schützlinge berichten. „In 2015 ergaben nur 0,02 Prozent der weltweit durch die FIFA durchgeführten Tests ein Problem“, dozierte Brown sichtlich zufrieden. Dass Doping-Bestimmungen und ‑Kontrollen im Profi-Fußball, verglichen mit anderen Sportarten, eher lax sind, erörterte niemand. Das fachkundige Publikum schien auch nicht sonderlich interessiert.
E‑Sport: Auch hier gibt es Geld zu verdienen
Erst als das Thema E‑Sport auf dem Programm stand, schnellten die Augenbrauen vieler Zuhörer wieder nach oben. Hier gibt es Geld zu verdienen. Colin Johnson, beim E‑Sport-Verband Fnatic für das Fußball-Konsolenspiel FIFA zuständig, prognostizierte, dass in fünf Jahren 75 bis 80 Prozent der großen Fußballklubs eine E‑Sports-Abteilung unterhalten werden. Paul Barber, CEO des Premier-League-Aufsteigers Brighton and Hove Albion, jubilierte: „Seit wir aufgestiegen sind, umarmen mich plötzlich junge Menschen in Cafés und danken mir – weil es uns jetzt im FIFA-Videospiel gibt.“
Übrigens, im kommenden Jahr wird die Global Soccerex-Convention erstmals seit acht Jahren nicht mehr in Manchester stattfinden, sondern in – Katar.