Adi Hütter möchte in Frankfurt seinen erfolgreichen Pressing-Stil fortführen. Noch fremdelt der Pokalsieger mit der Philosophie des neuen Trainers. Und das sind die Gründe dafür.
Hütter fordert von seiner Mannschaft aggressives, raumorientiertes Pressing gegen den Ball. Hütter besteht zwar derzeit noch nicht darauf, den Gegner jederzeit unter Druck zu setzen; die Eintracht sucht den Zugriff aktuell erst im Mittelfeld. Doch das Verhalten gegen den Ball passt noch nicht. Gerade mit dem Verschieben zum Ball fremdeln seine Eintracht-Spieler merklich; sie waren unter Kovac ein mannorientiertes Verteidigen gewohnt. Gegen Freiburg taten sich vor allem neben der Doppelsechs zahlreiche Lücken auf. Immerhin: Hütters Elf verteidigte im neu formierten 4 – 4‑2-System wesentlich stärker als im Supercup, als sie in einer für Hütter ungewohnten Fünferkette antraten.
Passt der Kader zum Trainer?
Hütter mahnt derweil an, dass seine Mannschaft noch Zeit benötigt. In der Tat: Ein komplexes Spielsystem wie jenes von Hütter erlernen selbst Profi-Fußballer nicht binnen weniger Wochen, gerade wenn es sich derart stark vom System des Vorgängers unterscheidet. So sind im Spielaufbau bislang nur wenige der Facetten zu erkennen, dank denen Hütters Young Boys im vergangenen Jahr Meister wurden.
Die viel größere Frage, die sich viele in Frankfurt derzeit stellen: Was nützt einem Trainer Zeit, wenn er nicht die richtigen Spieler für seine Spielidee hat? Im Eintracht-Kader fehlen schnelle Mittelfeldspieler genauso wie Verteidiger, die das Spiel mit vertikalen Pässen eröffnen können. Ausgerechnet der wendige und Pressing-starke Ante Rebic, wohl der passendste Hütter-Spieler im Eintracht-Kader, fehlt derzeit verletzt.
Hütter selbst hat eine weitere Baustelle eröffnet: Mit Marc Stendera, Marco Fabian, Simon Falette und Branimir Hrgota sortierte er gleich vier Spieler aus, die nicht zu seinem schnellen Tempofußball passen. Inhaltlich stimmt Hütters Analyse. Dass die Eintracht diese Spieler in der Transferperiode nicht verkauft bekommt, könnte jedoch für Sprengstoff innerhalb der Mannschaft sorgen.
Wie flexibel ist Hütter wirklich?
Immerhin: Die drei Punkte in Freiburg geben Hütter zunächst einmal etwas Zeit, in Ruhe seine Mannschaft weiterzuentwickeln. Die Frage lautet nun: Wie nutzt Hütter diese Zeit? Hütter mag zwar eine feste Spielphilosophie verfolgen. Im Laufe seiner Karriere ist er dabei aber immer Kompromisse eingegangen. Er gehört nicht zu der „Alles oder nichts“-Fraktion um Trainer wie Peter Bosz oder Alexander Zorniger. Gut möglich, dass Hütter in den kommenden Wochen neue taktische Varianten auspackt; sei es ein 4 – 3‑3-System oder die Wiederbelebung der im Supercup so wenig erfolgreichen Fünferkette.
Nur eins ist klar: 22 Schüsse sollten sie so schnell nicht mehr zulassen. Nicht jedes Team trinkt so wenig Zielwasser wie der SC Freiburg.