Die VDV, die Vereinigung der Vertragsfußballspieler, hat vor kurzem Bremens Wuselmaus Diego zum besten Spieler der vergangenen Saison gewählt – eine Entscheidung, die an sich nicht wirklich verwunderlich erscheint. Schließlich hat der kleine Brasilianer gegen nahezu jeden Bundesligagegner sein Können mindestens einmal deutlich aufblitzen lassen. Solch rasante Geschwindigkeit, mit dem Ball am Schlappen klebend, technische Raffinessen und kreative Torgefahr hat die an Ballkünstlern nun wahrlich nicht reich beschenkte deutsche Eliteklasse lange nicht mehr gesehen.
Es wird mit Sicherheit aber auch das faire Spielverhalten des Bremers auf und neben dem Platz gewesen sein, das ihn bei der Wahl zum besten Spieler mit deutlichen 31 Prozent vor Shooting-Star Mario Gomez katapultiert hat. Den sterbenden Schwan hat der robuste Mittelfeldmann selbst bei grobmotorischen Defensivreihen nie gespielt, auch die ätzende Geste mit dem wackelnden Handgelenk, um für den Gegenspieler eine Karte zu fordern, hat man von Diego nicht gesehen. Da ziehen auch kernige Abwehrschlachtrösser den Hut.
Auffallend ist, dass auch der Vorjahressieger der VDV ein in Bremen aktiver Spieler war: Miroslav Klose wurde mit erdrückender Mehrheit von seinen Kollegen aus 1. bis 3. Liga zum Spieler des Jahres gewählt. Wobei sich hier nun erneut die Frage stellt, ob das nur am Können des jeweiligen Profis liegt – oder auch mit der allseits besungenen Atmosphäre für Fußballer in der Hansestadt zu tun hat. In Bremen, sagen die Bremer, spielt es sich einfach gut für die sensiblen Kicker.
Ein Heim für Ailton, Micoud und Miro
Beispiele gibt es zur Genüge: Ailton, der zwar erst ein knappes halbes Jahrzehnt Anlaufzeit benötigte, dann aber die Saison seines Lebens spielte, verwirrenderweise unter Träne dann doch die heimelige Umgebung verließ, um auf Schalke und in Istanbul unglücklich zu werden. Oder Johan Micoud, der zur Überraschung der französischen und italienischen Fußballanhänger plötzlich an der Weser Festakte auf dem Rasen zelebrierte. Zuletzt natürlich Miroslav Klose, nach der sensationellen WM 2002 in aller Munde, nach einer schwächeren Saison jedoch fix als One-Hit-Wonder verschrieen. Auch er ließ sich in die öffnenden Arme des SV Werder fallen, den Rücken tätscheln und sorgte schließlich in Form von über 50 Toren für befreiende Bäuerchen.
Auch Diego fühlt sich in Bremen so wohl, dass er gleich seinen Vertrag um ein Jahr verlängerte – in Zeiten, da die halbe Champions League vom Brasilianer schwärmt, ein beeindruckendes Zeichen. Seht her, hier geht’s mir gut!
Der nächste Kandidat für die Bremer Sorgenklappe hat sich auch schon eingespielt: Boubacar Sanogo fühlte sich nicht sonderlich willkommen in Hamburg und wechselte von der Elbe an die Weser. Nun trifft er am Fließband, an dauerhaftes Joker-Grinsen scheint ihm ins Gesicht gemeißelt zu sein – und der Rest der Liga wird sich wieder einmal fragen: Was haben die, was wir nicht haben?
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Autor Alex Raack betreibt das parteiliche Fanzine „3 Ecken Ein Elfer“ www.3eckeneinelfer.de .