Als David Alaba am vergangenen Samstag gegen Köln für den verletzten Diego Contento in die linke Außenverteidigung des FC Bayern rückte, bediente man schnell den Rechenschieber: Mit genau 17 Jahren und 255 Tagen löste der junge, talentierte Nationalspieler aus Österreich Toni Kroos als jüngsten Bundesligaspieler in der Vereinsgeschichte ab und trug sich zugleich in die Top 20 der jüngsten Bundesliga-Debütanten ein, die bis 2005 eine Liste voller United Seventeens war.
Bundesliga-Debüts junger Nachwuchstalente sind der Stoff in der Mythenschmiede von Fans und Journalisten. Für die Fans aus der bloßen Hoffnung heraus, für Journalisten aus dem Hang zu Superlativen und griffigen Geschichten: „Wunderkinder“ und „Jahrhunderttalenten“ werden sie genannt, auch Alaba – obwohl wir noch neunzig Jahre vor uns haben. Kommen die Talente in Grüppchen, hagelt es Wortspiele und Vergleiche: „Jugend forsch“, „Jugendstil“ und „Sturm und Drang“ bemüht. Doch während die Jugend in Ermangelung von Lederbällen 1772 noch bevorzugt volltrunken unter Eichen tanzte und auf die unbändige Kraft der Jugend anstieß, heben wir gerührt die Gläser für die 5 jüngsten Bundesliga-Debütanten aller Zeiten:
1. Nuri Şahin (Borussia Dortmund) – 16 Jahre, 335 Tage
„Träume verfolgen, arbeiten“, lautete Nuris Tipp in einem Lüdenscheider Einkaufscenter an alle Profifußball-Aspiranten. Der wendige Mittelfeldspieler mit der auffälligen Spielzug-Antizipation galt nach seinem Debüt im Dortmunder Krisenjahr 2005 schnell als „Dortmunds Zukunft“. Ein Kreativurlaub auf Leihbasis in der holländischen Ehrendivision 2007/08 bei Feyenoord Rotterdam inklusive Pokalsieg – dann führte es den türkischen Nationalspieler zurück nach Dortmund, wo er seinen Vertrag mittlerweile bis 2013 verlängert hat.
2. Jürgen Friedl (Eintracht Frankfurt) – 17 Jahre, 26 Tage
Mit lediglich drei Einsätzen für die Frankfurter Eintracht zählt Jürgen Friedl nicht unbedingt zu den Legenden der Linie. Sein niedriges Einsatzalter sicherte dem Torhüter aber einen Platz in der Bundesligageschichte. Erstmals stand er am 20.03.1976 gegen Hannover 96 beim Stand von 4:0 (5:1) zwischen den Pfosten, wurde damals für Ersatztorhüter Peter Kunter eingewechselt. Es folgten zwei weitere Einsätze in der Saison 1978/79. Das war’s. Neben der niedrigen Einsatzrate fiel leider Friedl Körpergröße aus dem Rahmen: 1,75 m Körpergröße reichten nicht aus, um den Profivertrag in Frankfurt verlängert zu bekommen. Fortan hütete Jürgen Friedl das Tor bei diversen hessischen Amateurvereinen.
3. Ibrahim Tanko (Borussia Dortmund) – 17 Jahre, 61 Tage
Nachdem in der Saison 1994/95 die Dortmunder Hypotenuse (Riedle, Chapuisat, Povlsen) des Offensiv-Dreiecks durch Rippenbruch und Kreuzbandrisse wegbröckelte, bekam der „Babysturm“ um den Ghanaer Ibrahim Tanko (17) und Ricken (18) von Hitzfeld das Vertrauen ausgesprochen. Ibrahim Tanko wurde als eines der ganz großen Nachwuchstalente gehandelt, kam in den Jahren nach der sensationellen Meisterschaft aber nur auf einige wenige Einsätze – von Toren des Stürmers war kaum zu sprechen. 2000 folgte dann die positive Doping-Probe auf einen, wie Tanko betonte, „einmaligen“ Marihuana-Ausrutscher. Borussia Dortmund löste den Vertrag trotzdem mit sofortiger Wirkung auf. Beim SC Freiburg unter Trainer Volker Finke sollte er dann noch im selben Jahr eine zweite Chance erhalten, kam aber nur noch auf 5 Einsätze. Ein paar Jahre später, 2007, beendete er seine aktive Laufbahn in der Reserve des SC Freiburg. Die Wege von Ibrahim Tanko und Volker Finke haben sich nicht getrennt: Gemeinsam trainieren sie derzeit die Urawa Red Diamonds in der japanischen Profiliga.
4. Christian Wörns (Waldhof Mannheim) – 17 Jahre, 122 Tage
Innenverteidiger und späterer Nationalspieler Christian Wörns gab sein Bundesliga-Debüt in der Heimatstadt, beim SV Waldhof Mannheim. Nach einem einjährigen Intermezzo bei der Mannheimer Reserve in der Saison 1990/91, spielte er fortan, ob bei Bayer Leverkusen (1992−1998), Paris St. Germain (1998÷99) und zuletzt Borussia Dortmund (1999−2008) immer in der ersten Liga. In insgesamt 469 (!) Bundesligaspielen schoss der Abwehrroutinier und langjährige Dortmunder Kapitän 27 Tore. 2008 musste Wörns unter Trainer Klopp (zusammen mit Robert Kovac) der Jugend den Weg in die Innenverteidigung frei machen: Subotic und Hummels rückten nach. Wörns ist Dortmund treu geblieben. Seit 2009 jagt er die C‑Jugend eines Vereins im Südwesten der Stadt über den Rasen.
5. Christian Wück (1. FC Nürnberg) – 17 Jahre, 133 Tage
Platz 5 geht an Christian Wück, der in den späten Achtzigern den Sprung aus der Bayernliga zum Club schaffte, dort 1990 seinen Bundesliga-Einstand gab und sich bereits in der ersten Saison mit 8 Toren einen Namen als „Joker“ machte. 1994 lockte dann der Europapokal beim KSC unter Trainer Winnie Schäfer. Muskelbündelriss und Zehenbruch warfen ihn auf dem Weg zum Stammplatz zurück – dann folgten Muskelbündelriss, vorderer Kreuzbandriss, Innenbandanriss, Außenmeniskusabriss – ein kaputteres Knie konnte zu Hochzeiten wohl nur Kohorten-Genosse Karsten Bäron aufweisen.
1997 sprach der behandelnde Arzt erstmals die Empfehlung an Wück aus, die Karriere den Knochen und Bändern zur Liebe an den Nagel zu hängen. Für den 24-Jährigen, der für viele Experten als das Talent der 90er galt, undenkbar. Einige Jahre führte er noch den Kampf mit seinem Körper, spielte ein Jahr für Wolfsburg, landete 2000 in der zweiten Liga bei Arminia Bielefeld. Dort war dann 2002 auch Endstation: Wück beendete seine Karriere als Sportsinvalide. In insgesamt 167 Bundesligapartien erzielte er 18 Tore. Heute pendelt Ex-Ahlen-Trainer Wück zwischen der ostwestfälischen Weltstadt Schröttinghausen (OT von Bielefeld) und Kiel, wo er seit vergangenem Oktober den Drittligisten Holstein Kiel trainiert.