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Seite 2: Es geht um die Frage: Ist eine Forderung ethisch vertretbar?

Wer es auch war, er/​sie musst gewusst haben, dass in Corona-Zeiten eine derart kon­krete Summe ver­stö­rend wirkt. Zumal die Neuer-Ver­hand­lung in der news-armen Fuß­ball­be­richt­erstat­tung ohnehin schon eine Wucht ent­faltet. Die nackten Zahlen lassen den Welt­klas­se­keeper nun wie den Pro­totyp des raff­gie­rigen Profis aus­sehen, der sich einen feuchten Keh­richt um die tiefen gesell­schaft­li­chen Ein­schnitte schert, die sich der­zeit außer­halb der exklu­siven Bun­des­liga-Blase abspielen.

Zu anderen Zeiten wären solche Mei­nungs­ver­schie­den­heiten eine Fuß­note im Lig­aalltag gewesen. Bei den Bayern ist es schon lange nicht mehr ent­schei­dend, wie viel der Klub in einen Spieler inves­tiert, son­dern für wen das Geld aus­ge­geben wird. Es gehört zum Selbst­ver­ständnis des Ver­eins, dass jeder auf dem Markt ver­füg­bare Top­spieler eine Option für den FCB sein muss. Ins­be­son­dere, wenn dieser einen deut­schen Pass besitzt. Aus der Per­spek­tive sind sowohl der Nübel-Transfer, als auch ein neuer Kon­trakt mit Neuer in der gegen­wär­tigen Form nach­voll­ziehbar.

Irgend­etwas scheint aus dem Ruder gelaufen

In Corona-Zeiten aber geht es nicht allein mehr um den fetten Deal – es geht plötz­lich auch um die mora­li­sche Frage, ob eine For­de­rung ange­sichts der wirt­schaft­li­chen Situa­tion im Fuß­ball und im Land ange­messen ist. Besser: Ob sie ethisch ver­tretbar ist.

Irgend­etwas scheint bei den Ver­hand­lungen aus dem Ruder gelaufen zu sein. Wie sonst ist es erklärbar, dass sich der sonst eher wort­karge Neuer nun in einem Inter­view mit der Bild am Sonntag über man­gelnde Wert­schät­zung bei seinem Arbeit­geber beklagt. Neuer beklagt, Inhalte aus den Ver­hand­lungen mit Hasan Sali­ha­midzic und Oliver Kahn seien offenbar gezielt nach außen getragen“ worden. Das kenne ich so nicht beim FC Bayern“, sagt der Keeper. Und sein Berater Kroth kon­sta­tiert, dass sowohl die genannte Gehalts­for­de­rung, als auch der Anspruch auf einen derart langen Kon­trakt schlicht falsch seien. Mir ist doch völlig klar, dass es uto­pisch ist, den Verein auf einen Fünf­jah­res­ver­trag, wie er angeb­lich im Raum steht, fest­zu­na­geln,“ so Manuel Neuer, mit 34 Jahren kann ich ja nicht absehen, wie es mir mit 39 Jahren geht. Darum macht diese End­gül­tig­keit, die öffent­lich sug­ge­riert wurde, ja über­haupt keinen Sinn.“

Neuer ist um Scha­dens­be­gren­zung bemüht

Über die genauen Hin­ter­gründe des Schar­müt­zels lässt sich nur spe­ku­lieren. Dass der Keeper nicht unter einem ein­ge­schränkten Selbst­ge­fühl leidet, dürfte bekannt sein. Zudem scheinen Neuer trotz seines Alters belast­bare Ange­bote von anderen Spit­zen­klubs vor­zu­liegen, sodass er aus einem Gefühl der Stärke in den Ver­trags­ge­sprä­chen argu­men­tiert. Gut mög­lich, das einem der Bayern-Bosse Neuers Ver­hand­lungs­duktus (oder der seines Bera­ters) nicht ganz gepasst hat. Es wäre zumin­dest nicht das erste Mal, dass ein Bayern-Funk­tionär ver­schnupft reagiert, weil ein Ange­stellter zu sehr eigene Vor­stel­lungen hin­sicht­lich seiner Zukunft in dem Klub ent­wi­ckelt. Stich­wort: Toni Kroos.

Manuel Neuer ist mit dem BamS-Inter­view um Scha­dens­be­gren­zung bemüht. Er sendet unge­achtet der Kritik an dem Umgang sei­tens der Bayern-Bosse auch die unzwei­deu­tige Bot­schaft, dass er großes Inter­esse an einer Ver­trags­ver­län­ge­rung hat und bereit ist, Ent­ge­gen­kommen zu zeigen. Doch es geht ihm auch darum, sein über ein Jahr­zehnt erwor­benes Renommee beim Rekord­meister nicht auf den letzten Metern wieder zu ver­spielen.

Als er 2011 nach Mün­chen wech­selte, sah er sich über Monate Fan­pro­testen aus­ge­setzt, weil viele Anhänger ihm seine pola­ri­sie­renden Auf­tritte als Schalker Schluss­mann in der Allianz Arena übel genommen hatten. Koan Neuer“, so die Parole in der Kurve damals. Eine Woge der Anti­pa­thie, die durch die gezielten Indis­kre­tionen wieder an Fahrt auf­nehmen könnte. Unter den aktiven Bayern-Fans gibt es noch immer ein­zelne, die ihn für einen ver­kappten Knappen im Bayern-Schafs­pelz halten.

Kein Wunder, dass der vier­ma­lige Welt­tor­hüter nach einem Jahr­zehnt, in dem er jeden erdenk­li­chen Titel mit den Münch­nern geholt und mit seinen Fähig­keiten nach­haltig zu den Erfolgen bei­getragen hat, auf seinem Stand­punkt beharrt.

Für derlei Aktionen hat er: koan Ver­ständnis!