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In 11FREUNDE #169 findet ihr das große Kar­riere-Inter­view mit Lajos Detari. Jetzt am Kiosk, im 11FREUNDE-Shop und im App-Store.

Sie nennen ihn hier döme“, was umgangs­sprach­lich so viel bedeutet wie Kleiner, lieber Bär“, und genau so sieht er nun auch aus. Lajos Detari hockt zusam­men­ge­sunken auf einem Stein vor dem Trai­nings­ge­lände von Feren­cvaros Buda­pest. Er sagt: Morgen, mein Freund. Morgen.“
 
Wir hatten uns hier ver­ab­redet, um im Ver­eins­heim von Fradi“ über Detaris Kar­riere zu spre­chen. Biss­chen Kuchen, biss­chen Kaffee, der Frei­stoß vom 28. Mai 1988, die Bei­nahe-Wechsel nach Turin und Bar­ce­lona, der ver­rückte Grieche von Olym­piakos. Aber nun stol­ziert da ein Pförtner vor einer Schranke auf und ab und zürnt: Lajos Detari? Kenne ich nicht! Sie dürfen nicht rein!“

The grea­test foot­baller that ever lived
 
Der wich­tige Mann hinter der Schranke ist offen­sicht­lich kein Fuß­ballfan. Er ist nicht mal Feren­cvaros-Fan, denn sonst wüsste er natür­lich, wer Lajos Detari ist. Schließ­lich war er im Ungarn der Acht­ziger so was wie Lothar Mat­thäus in Deutsch­land. Noch heute glauben einige Fuß­ball­an­hänger, dass er besser war als Diego Mara­dona, Pelé oder Johan Cruyff. So wie der Fan, der vor acht Jahren ein Video auf You­tube stellte und es mit dem Satz unter­schrieb: A tri­bute to the worlds grea­test foot­baller that ever lived. EVER!“
 
Die unga­ri­sche Presse sah die Sache in den Acht­zi­gern ähn­lich, mal nannte sie Detari den neuen Ferenc Puskas, mal die Wie­der­ge­burt von Sándor Kocsis. Natür­lich musste so einer in die große, weite Welt – selbst wenn es Spie­lern aus dem kom­mu­nis­ti­schen Län­dern Europas nicht erlaubt war vor ihrem 30. Lebens­jahr zu wech­seln. Aber der Ver­band drückte bei Detari ein Auge zu.

Frank­furts Schatz­meister trank die Ungarn unter den Tisch
 
1987 ging er für die Rekord­ab­löse von zwei Mil­lionen Dollar von Honved Buda­pest zu Ein­tracht Frank­furt. Halb Europa soll zuvor hinter ihm her gewesen sein, auch der FC Bar­ce­lona, der AS Monaco und Juventus Turin. Aber die Hessen machten das Rennen, weil Schatz­meister Wolf­gang Knispel trinken konnte wie kein zweiter. Bei den Ver­hand­lungen pichelte er ein­fach so lange, bis die Ungarn einem Wechsel zustimmten. Noch heute kennt jeder in Frank­furt die Legende, dass der Preis mit jeder geleerten Fla­sche Tokajer um 100.000 Mark fiel.
 
Der Start in Frank­furt war für Detari aber nicht ein­fach. Der Ungar wurde von seinen neuen Mit­spie­lern mal igno­riert, mal belä­chelt, einmal sogar aus­ge­lacht. Vor allem an jenem Tag, als er mit bunten Schuhen auf­lief – als ver­mut­lich erster Spieler der Bun­des­liga. Sein Sponsor hatte ihm Schuhe in den Natio­nal­farben Ungarns ange­fer­tigt.
 
Detari spielte aber eine fan­tas­ti­sche Rück­runde, die am 28. Mai 1988 mit dem Pokal­sieg gekrönt wurde. In der 81. Minute ver­senkte Detari einen Frei­stoß zum 1:0‑Endstand unhaltbar im Winkel.
 
Später der Wechsel nach Grie­chen­land, 17 Mil­lionen Mark, Detari war plötz­lich der teu­erste Transfer der Bun­des­li­ga­ge­schichte und einer der wert­vollsten Spieler Europas. Olym­piakos zahlte sogar mehr als der AC Mai­land ein Jahr zuvor für Ruud Gullit. Und noch heute fragen die Ein­trach-Fans, wo die Detari-Mil­lionen abge­blieben sind. Dann eine Odyssee durch Europa, Genua, Bologna, Ancona, Neu­chatel, St. Pölten, zwi­schen­durch auch Feren­cvaros in Ungarn.

Nach der Kar­riere arbei­tete Detari als Co-Trainer Ungarns. Er trai­nierte außerdem Mann­schaften mit Namen wie Nyí­regy­háza Spar­tacus FC, Hà Nội ACB, FC Tata­bánya, Bodajk FC Siófok. Sein letztes Enga­ge­ment 2012 endete hier, bei Feren­cvaros, an der Vajda Péter utca 48 in Buda­pest. 
 
Aber hier ist er offenbar schnell in Ver­ges­sen­heit geraten. Hier lässt er nun den Kopf hängen und spa­ziert von dannen. Es ist, als fragte an der Säbener Straße jemand Lothar Mat­thäus, wer er sei. Als würde jemand in Sach­sen­hausen-Süd Charly Körbel nicht erkennen.

Die trau­rigen Augen des kleinen, lieben Bären
 
Ein letzter Ver­such: Herr Detari, wir können doch jemanden anrufen, Thomas Doll oder Ralf Zum­dick zum Bei­spiel. Oder wir fahren zu einem anderen Ort.“ Aber Detari möchte das nicht. Er schaut traurig aus seinen kleinen, lieben Bär­augen und möchte jetzt nur noch weg. Morgen“, sagt er wieder. Wir machen das Inter­view morgen im Ibis Hotel in der Nähe vom Flug­hafen.“ Und dann saust er in seinem Cabriolet davon. Werden wir diesen Mann jemals wie­der­sehen?
 
Am nächsten Tag, kurz vor elf Uhr an der Metro-Sta­tion Ulloi Ut/​Hatar, eine halbe Stunde vom Buda­pester Stadt­zen­trum ent­fern. Ein Hotel zwi­schen Bau­stellen und Schutt. Kein Gast in der Lobby. Hallo. Einen Kaffee, bitte. War ein kleiner lieber Bär hier? Ein Mann, grau­me­lierte Schläfen, um die 50, etwa 1,80 Meter groß? Nein?

Blöd gelaufen ges­tern“
 
Das Warten beginnt. Er wird nicht mehr kommen. Er wird ganz sicher nicht mehr kommen. Er wird irgendwo in Buda­pest sitzen und sich fragen, was pas­siert ist. Wann der Fuß­ball so schnell geworden ist. Wieso alles was ges­tern war, schon heute ver­gessen ist.
 
Aber dann, zwei Minuten später, öffnet sich die Tür. Lajos Detari tritt ein. Setzt sich. Bestellt eine Cola. Sagt: Mein Freund. Blöd gelaufen ges­tern.“ Und dann: Was möchten Sie wissen?“ Er lächelt.

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