1988 schoss er Frankfurt zum Pokalsieg – und wechselte danach als teuerster Bundesligaspieler nach Griechenland. Noch heute fragen die Fans: Was geschah mit den Detari-Millionen?
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Sie nennen ihn hier „döme“, was umgangssprachlich so viel bedeutet wie „Kleiner, lieber Bär“, und genau so sieht er nun auch aus. Lajos Detari hockt zusammengesunken auf einem Stein vor dem Trainingsgelände von Ferencvaros Budapest. Er sagt: „Morgen, mein Freund. Morgen.“
Wir hatten uns hier verabredet, um im Vereinsheim von „Fradi“ über Detaris Karriere zu sprechen. Bisschen Kuchen, bisschen Kaffee, der Freistoß vom 28. Mai 1988, die Beinahe-Wechsel nach Turin und Barcelona, der verrückte Grieche von Olympiakos. Aber nun stolziert da ein Pförtner vor einer Schranke auf und ab und zürnt: „Lajos Detari? Kenne ich nicht! Sie dürfen nicht rein!“
The greatest footballer that ever lived
Der wichtige Mann hinter der Schranke ist offensichtlich kein Fußballfan. Er ist nicht mal Ferencvaros-Fan, denn sonst wüsste er natürlich, wer Lajos Detari ist. Schließlich war er im Ungarn der Achtziger so was wie Lothar Matthäus in Deutschland. Noch heute glauben einige Fußballanhänger, dass er besser war als Diego Maradona, Pelé oder Johan Cruyff. So wie der Fan, der vor acht Jahren ein Video auf Youtube stellte und es mit dem Satz unterschrieb: „A tribute to the worlds greatest footballer that ever lived. EVER!“
Die ungarische Presse sah die Sache in den Achtzigern ähnlich, mal nannte sie Detari den neuen Ferenc Puskas, mal die Wiedergeburt von Sándor Kocsis. Natürlich musste so einer in die große, weite Welt – selbst wenn es Spielern aus dem kommunistischen Ländern Europas nicht erlaubt war vor ihrem 30. Lebensjahr zu wechseln. Aber der Verband drückte bei Detari ein Auge zu.
Frankfurts Schatzmeister trank die Ungarn unter den Tisch
1987 ging er für die Rekordablöse von zwei Millionen Dollar von Honved Budapest zu Eintracht Frankfurt. Halb Europa soll zuvor hinter ihm her gewesen sein, auch der FC Barcelona, der AS Monaco und Juventus Turin. Aber die Hessen machten das Rennen, weil Schatzmeister Wolfgang Knispel trinken konnte wie kein zweiter. Bei den Verhandlungen pichelte er einfach so lange, bis die Ungarn einem Wechsel zustimmten. Noch heute kennt jeder in Frankfurt die Legende, dass der Preis mit jeder geleerten Flasche Tokajer um 100.000 Mark fiel.
Der Start in Frankfurt war für Detari aber nicht einfach. Der Ungar wurde von seinen neuen Mitspielern mal ignoriert, mal belächelt, einmal sogar ausgelacht. Vor allem an jenem Tag, als er mit bunten Schuhen auflief – als vermutlich erster Spieler der Bundesliga. Sein Sponsor hatte ihm Schuhe in den Nationalfarben Ungarns angefertigt.
Detari spielte aber eine fantastische Rückrunde, die am 28. Mai 1988 mit dem Pokalsieg gekrönt wurde. In der 81. Minute versenkte Detari einen Freistoß zum 1:0‑Endstand unhaltbar im Winkel.
Später der Wechsel nach Griechenland, 17 Millionen Mark, Detari war plötzlich der teuerste Transfer der Bundesligageschichte und einer der wertvollsten Spieler Europas. Olympiakos zahlte sogar mehr als der AC Mailand ein Jahr zuvor für Ruud Gullit. Und noch heute fragen die Eintrach-Fans, wo die Detari-Millionen abgeblieben sind. Dann eine Odyssee durch Europa, Genua, Bologna, Ancona, Neuchatel, St. Pölten, zwischendurch auch Ferencvaros in Ungarn.