Stefan Kießling ist ein ambitionierter Junge: Er will mediale Aufmerksamkeit und Anerkennung für Bayer Leverkusen. Trotz der Guardiola-Bayern und des erneuerten BVB. Kess, aber berechtigt.
Das ist neu:
Heung-Min Son. Der Südkoreaner kam mit der Empfehlung von 14 Scorerpunkten vom Hamburger SV. Der 10-Millionen-Mann soll André Schürrle (der künftig beim FC Chelsea hofft, nicht vom Geist Marko Marins heimgesucht zu werden) ersetzen und das Spiel hinter Stefan Kießling ankurbeln. Wir wissen nicht, was wir mehr schätzen: Sons Haaransatz (Marke: Monchichi) oder seine verdammt gute Schusstechnik. Von größerem Nutzen dürfte sich für die Werkself Zweiteres erweisen. Wenn nicht, wird es eine interessante Saison für uns. Und eine enorm seltsame für Bayer Leverkusen.
Das fehlt:
Ein Hauptsponsor. „Teldafax“ musste Insolvenz anmelden und verklagte Bayer daraufhin auf eine Rückzahlung von 16 Millionen Euro, Nachfolger „Sunpower“ löste den Vertrag aufgrund finanzieller Probleme vorzeitig auf. Leverkusen hat daraus gelernt. Während man sich andernorts von Molkereien und dubiosen Geflügelzüchtern speisen lässt, will sich Bayer 04 nicht (mehr) unter Wert verkaufen. Die Folge: Eine blanke Brust. Vielleicht erlebt die schlicht-schöne „Werkself“-Beflockung von 2011 ihr Comeback, auch ein karitatives Engagement ist nicht auszuschließen. Vielleicht springt auch Reiner Calmund ein – genug Brust für elf Leibchen hat er ja.
Das fehlt nicht:
Transfergeschick. Für alle Abgänge kassierte der Tabellendritte der Vorsaison 34,87 Millionen Euro. Son und Robbie Kruse ersetzen im Verbund André Schürrle, Emre Can kann ähnlich einschlagen wie seinerzeit Toni Kroos nach seinem Wechsel von Bayern zu Bayer. Stafylidis, Hilbert und Donati sorgen für Breite auf den defensiven Außenbahnen. Der Zukauf von Routiniers ist ein besonderer Völlerscher Kniff: Was mit dem jetzigen Trainer Hyypiä begann, führte dieses Jahr zu Torwart-Legende Andrés Palop und Emir Spahic, dem gute Chancen eingeräumt werden, Wollscheid oder Toprak auf die Bank zu setzen. Die Recken werden eines der jüngsten Bundesligateams so oder so stützen – Manager Rudi Völler muss man dazu beglückwünschen.
Wenn diese Mannschaft ein Promi wäre, dann dieser:
Lena Meyer-Landrut. So viel jugendliche Frische ist uns fast ein wenig suspekt und wäre ohne erfahrene Mentoren wie Stefan Raab (Sami Hyypiä) nicht von Erfolg gekrönt. War mit dem ESC-Gewinn 2010 (Champions-League-Finale 2002) plötzlich Konsens-Liebling, erfindet sich angenehmerweise von Zeit zu Zeit mal selber neu, steht aber nun vor einer entscheidenden Etappe der Entwicklung. Probiert sich ab und an als Schlagzeilen-Fabrik, läuft aber medial irgendwie unter dem Radar.
Das 11FREUNDE-Orakel:
Wir freuen uns auf ein paar Momente: Sami Hyypiä, der mit stoischem Gleichmut honoriert, wie Son und Kießling gemeinsam irgendein Mittelklasse-Team zerlegen. Bernd Leno, der für ein gutes Spiel von Ersatzpapa Andrés Palop einen zärtlichen Klaps auf den Hinterkopf erhält. Emre Can, der an den ersten fünf Spieltagen pflichtbewusst zur Bank tigert und sich plötzlich gewahr wird, dass er ja spielen darf. Sollte Leverkusen es nicht ins europäische Geschäft schaffen, stirbt irgendwo auf der Welt ein Rudel Katzenbabys – Platz 5.