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Wo ist Zuhause, KBP?

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Kevin Prince Boateng trafen wir im Sommer 2012 für die Titel­ge­schichte von 11FREUNDE #130 zum großen Inter­view in Mai­land. Mit vielen anderen Legio­nären spra­chen wir über ihre Zeit im Aus­land für das neue 11FREUNDE Spe­zial Legio­näre“. Ab sofort am Kiosk und bei uns im Shop erhält­lich.

Kevin Prince Boateng, Sie gehen in Ihre dritte Saison beim AC Mai­land. Fühlen Sie sich schon hei­misch?
Mein großer Bruder sagt immer: Leute aus Berlin sind wie Cha­mä­leons, die passen sich an jede Umge­bung an!“. Aber die Ita­liener haben es mir leicht gemacht, dass ich inzwi­schen Mai­land meine, wenn ich sage, dass ich nach Hause“ fahre.

Wie hat Mai­land Ihnen die Ankunft erleich­tert?
Es ist eine groß­ar­tige Stadt und fuß­bal­le­risch hat es von Anfang an geklappt. Die Men­schen lieben mich, sie haben mich mit offenen Armen emp­fangen.

Die Bilder von Ihrem beju­belten Moonwalk“-Auftritt im Mai­länder Sta­dion bei der Meis­ter­feier 2011 gingen um die Welt.
Die Team­kol­legen nennen mich Pop­star“, weil es immer wieder mal vor­kommt, dass die Leute krei­schen, wenn sie mich auf der Straße sehen. Aber ich lasse die Leute auch an mich heran, bin auch mal am Dom unter­wegs. Ich glaube, die Leute spüren, dass ich nicht abge­hoben bin.

Die Hys­terie um Sie in Ita­lien ist enorm. Sie sollen inzwi­schen sogar zwei Body­guards haben.
Ich habe keinen Body­guard, son­dern nur einen Fahrer, der Erfah­rung mit Men­schen hat und ein biss­chen auf mich auf­passt. Die Men­schen in Ita­lien sind fuß­ball­ver­rückt, das ist schon anders als in Deutsch­land. Es ist nicht ganz ein­fach, Shoppen zu gehen, es sind immer Leute hinter mir her. Aber ich weiß das sehr zu schätzen, denn ich kenne ja auch die Schat­ten­seiten. Und es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass ich man­chen Men­schen mit einem Foto den Tag ver­schö­nern kann.

Lange Zeit war Ihre Kar­riere ein ste­tiges Auf- und Ab. Wie müssen wir uns das vor­stellen, als Sie 2010 im Sommer zu einer Mann­schaft kamen, die mit Super­stars gespickt war: Andrea Pirlo, Ronald­inho, Gen­naro Gat­tuso, Zlatan Ibra­hi­movic. Sie mar­schieren in die Kabine und lassen sich nichts anmerken?
Meine Stärke war schon immer, dass ich keine Angst habe. Natür­lich hatte ich Respekt vor diesen großen Namen, aber mir war klar, dass ich eine Chance habe, mich durch­zu­setzen. Wie, das wusste ich zwar nicht, aber irgendwie würde es schon klappen.

Eine schlaf­lose Nacht vorher gehabt?
Nein, ich bin kein Grübler. Es war ein geiles Gefühl, die Trai­nings­kla­motten vom AC Mai­land über­zu­ziehen. Und dann tastet man sich halt an jeden ein­zelnen Cha­rakter heran und schaut, wie man das hän­delt.

Mussten Sie sich beim AC Milan anders her­an­tasten als in Berlin oder Ports­mouth?
Wie gesagt: Ber­liner sind Cha­mä­leons, die können sich überall anpassen. In jeder Gesell­schaft, in jedem Verein, auf jeder Straße. Fuß­baller sind letzt­lich überall ähn­lich.

Wie hat sich ein Rou­ti­nier wie Andrea Pirlo Ihnen gegen­über ver­halten?
Pirlo ist ein total relaxter Typ, der nimmt jeden Neu­ling in glei­cher Weise auf, auch wenn es ein 23-Jäh­riger wie ich ist. Aber es gibt natür­lich auch andere.

Zum Bei­spiel?
Gat­tuso gibt seinen Platz nicht so leicht her. Aber nochmal: Es war ein erhe­bendes Gefühl mit Spie­lern wie Ronald­inho oder Zlatan Ibra­hi­movic trai­nieren zu können und mit ihnen in einer Kabine zu sitzen. Und mich am Ende auch gegen sie durch­zu­setzen und fest­zu­stellen, dass ein Ronald­inho draußen bleiben muss, weil ich plötz­lich spiele. Aber ein Kon­kur­renz­kampf auf diesem Niveau läuft doch nicht freund­schaft­lich ab. Da geht es zur Sache. Natür­lich kommt auch Feuer rein. Aber wie Spieler mit­ein­ander umgehen, hängt von den Cha­rak­teren ab. Ein Gat­tuso geht im Trai­ning dann auch mal drauf, ein Ronald­inho nimmt es eher hin.

Merken Sie im glo­bal­sierten Milan-Team, dass Sie deut­sche Eigen­schaften in sich tragen?
Die Kol­legen weisen mich oft genug darauf hin. Ich will offenbar immer mit dem Kopf durch die Wand. So sind wohl die Deut­schen, sie haben ein Ziel und gehen es auf direktem Weg an. Wenn die anderen mich reden hören, ant­worten sie auf zackig Jarrr“ und Neinnn“. Pirlo sagte immer, wenn er mich sah: Aus­fahrrrt lllinks.“ Und ich bin chro­nisch pünkt­lich. Wenn ein Team­kol­lege zu einem Treffen zu spät kommt, wird immer gewit­zelt: Na, Boa, wieder zu früh da gewesen?

Würde man gar nicht annehmen, dass Sie so über­dis­zi­pli­niert sind.
Ich war schon in der Jugend immer der Leader. Nicht weil ich gesagt habe, ich sei der Anführer, es war ein­fach so. Die Spieler schauen auf mich. Ich weiß nicht, ob es in der Ver­gan­gen­heit immer beson­ders schlau war, mich nach vorne zu stellen. Aber die Augen ruhen auf mir. Es gab schon immer auch andere, die Mist gebaut haben, nur bei mir kam es eben raus.

Der schmale Grat zwi­schen Klas­sen­spre­cher und Klas­sen­clown.
In der Schule war ich eigent­lich sehr gut, doch dort ist es mir nicht so zuge­fallen wie auf dem Platz. Den Ball kann ich mit geschlos­senen Augen jon­glieren, aber einen Test ohne Lernen zu schreiben, wurde mir nicht in die Wiege gelegt. Leider.

Haben Sie Abitur?
Nein, ich bin vor­zeitig abge­gangen, weil ich im Ama­teur­be­reich schon vor­mit­tags trai­nieren musste. Aber was habe ich eigent­lich? Naja, einen erwei­terten Haupt­schul­ab­schluss, aber bitte nicht schreiben.

Was denn dann?
Schreiben Sie, ich hätte Abitur, ich soll doch ein Vor­bild sein. (lacht)