Ein Schädelbruch sorgte für das vorzeitige Karriereende von Ryan Mason. In der schwersten Zeit seines Lebens bekam er unerwartete Unterstützung von einem Leidensgenossen: Petr Čech.
Als Ryan Mason am 22. Januar 2017 den Rasen betritt, weiß er noch nicht, dass es sein letztes Spiel sein wird. Der 25-Jährige spielt im defensiven Mittelfeld von Hull City, die seit Beginn der Saison nicht aus dem Tabellenkeller herauskommen. Der Gegner an diesem Abend ist niemand Geringeres als der FC Chelsea, Tabellenführer und Heimmacht an der Stamford Bridge, die auch an diesem Abend ausverkauft ist.
Die erste Viertelstunde hält Hull City dagegen, dann flankt der gegnerische Spieler Eden Hazard in den Strafraum. Mason steigt hoch, ohne zu wissen, dass Gary Cahill in seinem Rücken ebenfalls zum Kopfball ansetzt. Es kommt zum Zusammenprall, beide Spieler bleiben liegen. Für Cahill geht es nach kurzer Behandlung weiter, er wird kurz vor Schluss das 2:0 schießen. Für Ryan Mason ist die Karriere beendet.
Diagnose: Schädelbruch.
Der heraneilende Mannschaftsarzt, Mark Waller, ist zufälligerweise Spezialist für Kopfverletzungen. Ihm ist sofort klar, dass es sich hierbei um eine schwerwiegende Verletzung handelt, denn Masons rechte Gesichtshälfte ist paralysiert. Er entscheidet, dass Mason nicht in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht wird, sondern in das St. Mary Hospital in Paddington. 61 Minuten nach dem Zusammenprall liegt Mason im Operationssaal, noch immer im Trikot.
Ein Schädelbruch ist eine schwerwiegende Verletzung. Ausströmendes Blut im Kopf führt zu Druck, der im Gehirn irreparable Schäden hervorrufen kann. Um diesen Druck zu nehmen, wird Masons Kopf aufgeschnitten, wodurch auch Muskelstränge durchtrennt werden. Diese müssen wieder aufgebaut werden, in dem der Patient so viel Kaugummi kaut, wie nur möglich. Aber Mason kann in der ersten Zeit nach dem Vorfall seinen Kiefer nicht selbstständig bewegen und muss von seiner Frau und Familie gefüttert werden.
Der Schicksalsschlag bringt alle noch näher zusammen. Mason kriegt nicht viel davon mit, schläft bis zu 20 Stunden am Tag, kann keine Lautstärke oder Licht vertragen. Seine Familie kommt vorbei, seine Frau sitzt an seiner Seite ohne Fernsehen, ohne Deckenbeleuchtung. Weitere, unerwartete, Unterstützung kommt von außen: Petr Čech, Torwart von Arsenal London, kontaktiert die Familie und versichert ihnen, dass die Lichtempfindlichkeit und das Nicht-Sprechen-können mit zum Heilungsprozess gehört.
Čech, der sich bei einem Zusammenprall 2006 einen Schädelbasisbruch zuzog und seitdem mit Kopfschutz spielt, weiß, wovon er spricht. Er will mit Mason reden, doch werden über zwei Monate vergehen, bis der sich dazu bereit fühlt, den tschechischen Keeper einzuladen.
Der nächste Jungtrainer?
Als Petr Čech auf seiner Couch Platz nimmt, befürchtet Mason, keine Konversation über 10 Minuten aufrecht halten zu können, doch Čech sagt: „Rede nicht, hör‘ einfach zu.“ In den folgenden anderthalb Stunden erklärt der Schlussmann, dass alles, was der Spieler durchmacht, zum Heilungsprozess gehört. Sie stehen seitdem in Kontakt. „Ich hoffe, dass meine Verletzung niemals jemandem im Sport wiederfährt, aber wenn es dazu kommen sollte, werde ich für ihn da sein, wie Petr für mich da war“, sagt Ryan Mason über den „wahren Gentleman“, wie er Čech nennt.
Diese Woche hat Mason bekannt gegeben, dass er nicht auf das Spielfeld zurückkehren wird. Er befolgt damit den Rat der Experten, die ein zu großes Risiko für seinen Kopf in dem kontaktfreudigen Sport sehen. Gary Cahill twitterte daraufhin, er wäre Boden zerstört darüber, dass Masons Karriere so früh ein Ende gefunden hätte, und wünschte ihm das Beste für seine Zukunft. Die sieht für den mittlerweile 26-Jährigen gar nicht mal so schlecht aus: Mauricio Pochettino, Trainer der Tottenham Hotspurs, für die Mason früher spielte, sagte in einem Interview, dass seine Tür für Mason immer offen stehen würde: „Mach dir keine Sorgen, Ryan, Du wirst eine erfolgreiche Person am Spielfeldrand.“