Manuel Neuer wartet nach seinem Mittelfußbruch weiter auf sein Comeback. Und Deutschland wartet mit. Dabei ist es fast egal, wer bei der WM im Tor steht.
Es ist ziemlich genau acht Jahre her, dass René Adler aufgrund einer Rippenverletzung seinen Verzicht auf die WM 2010 verkünden musste. Sein Ausfall machte den Weg frei für Manuel Neuer. Der damalige Schalker spielte ein fantastisches Turnier und hat seitdem als unangefochtene Nummer Eins das deutsche Tor gehütet. Bis jetzt.
Neuer ist mittlerweile 32, Weltmeister, Triple-Sieger, viermaliger Welttorhüter, Kapitän des FC Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft. Mit anderen Worten: Manuel Neuer ist ein ziemlich guter Torwart. Ein ziemlich guter Torwart, der seit September 2017 ohne Pflichtspieleinsatz ist und um seine WM-Teilnahme bangt. Dass darüber deutschlandweit diskutiert wird, lässt ihn nicht schneller gesund werden.
Locker bleiben
Aktuell erholt sich Neuer von seinem dritten Mittelfußbruch. Die gleiche Verletzung hatte ihn bereits das Finale der vergangenen Saison gekostet. Im März des Vorjahres stand Manuel Neuer zuletzt mehr als vier Pflichtspiele in Folge im Bayern-Tor. Man könnte also meinen, Fußball-Deutschland hätte genügend Zeit gehabt, um sich auf eine WM ohne ihren Coca-Cola-Werbeliebling einzustellen.
Da mutet es schon etwas skurril an, wie hyperventilierend sich manch einer auf die Frage stürzt, ob „der Fuß der Nation“ (WELT) rechtzeitig zur Weltmeisterschaft wieder bedenkenlos zwischen den deutschen Pfosten stehen kann. So als käme Manuel Neuers designierter Stellvertreter aus der Kreisliga B.
Dabei ist Marc-André ter Stegen seit zwei Jahren erste Wahl im Tor des FC Barcelona, einem der drei größten Vereine der Welt. Mit den Katalanen ist ter Stegen seit über 40 Saisonspielen ungeschlagen, stellt nach Atletico Madrid die zweitbeste Defensive der Liga und reist als spanischer Meister und Pokalsieger nach Russland.
Fußballerisch spielt der „Messi mit Handschuhen“, wie die spanische „Marca“ den 26-Jährigen betitelte, mindestens auf einer Stufe mit seinem Konkurrenten im Krankenstand. Gegen Celta Vigo führte ter Stegen die „Blaugrana“ am 33. Spieltag erstmals als Kapitän aufs Feld. Der seit vier Jahren in Katalonien spielende Deutsche bringt also alles mit, um Manuel Neuer adäquat zu ersetzen.
Einer wird’s schon machen
Einen Monat vor Turnierbeginn die Torwartfrage zum Zünglein an der Weltmeisterschaftswaage zu stilisieren, zeugt nicht nur von einem Mangel an Respekt gegenüber der Entwicklung von ter Stegen, sondern in erster Linie von einem Mangel an Aufregerthemen rund um die Nationalmannschaft. Manuel Neuer ist heute zwar ein besserer Keeper als es René Adler 2010 war. Marc-André ter Stegen ist allerdings auch ein besserer Keeper als Manuel Neuer zu eben dieser Zeit.
Entsprechend egal kann es sein, wer am 17. Juni beim WM-Auftakt gegen Mexiko im deutschen Tor steht. Sollte Neuers Fuß nicht mitspielen und ter Stegen morgen unglücklich über das Ladekabel seines Handys stolpern, haben wir immer noch Kevin Trapp. Und Ralf Fährmann. Und Ron-Robert Zieler. Und Timo Horn. (Und: Leno, Ulreich, Kari..) Schließlich sind wir hier nicht in England.