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Im kalten alba­ni­schen Winter von 2010 kam Red Bull nach Korça. Die neunt­größte Stadt des kleinen Landes am Balkan gilt als Wiege der alba­ni­schen Kultur, doch Fuß­ball wird dort eher schlecht als recht gespielt, auch 2010 war Sken­derbeu wieder mal nur Abstiegs­kan­didat. Bis Agim Zeqo einzog, der CEO des alba­ni­schen Limo­naden-Able­gers hatte zahl­reiche potente Freunde im Schlepptau, u.a. den ehe­ma­ligen alba­ni­schen Finanz­mi­nister. Seitdem geht es für Sken­derbeu steil nach oben – Sky is the Limit, wenn dem Verein Flügel wachsen.

Funk­tio­niert das System?

Zeqo und seine Freunde reno­vierten das Sta­dion in Korça, bedienten sich per­so­nell bei der Kon­kur­renz, wurden in den nächsten fünf Jahren fünfmal Meister, ganze sie­benmal in den letzten acht Jahren und zogen zweimal in die Grup­pen­phase der Europa League ein. Jetzt been­dete die Uefa das schaurig-schöne Mär­chen. Der Vor­wurf: Sken­derbeu habe min­des­tens 53 Spiele ver­schoben. Das Urteil: Für zehn Jahre wird der alba­ni­sche Meister von allen euro­päi­schen Wett­be­werben aus­ge­schlossen. Und muss zudem eine Mil­lion Euro Strafe zahlen.

Dieser Klub hat Fuß­ball­spiele ver­schoben, wie es noch keiner in der Geschichte des Spiels getan hat“, begründet die Uefa-Dis­zi­pli­nar­kom­mis­sion. Der Klub sieht das frei­lich anders. Prä­si­dent Adrian Takaj, ein Öl-Tycoon, der seinen Freund Agim Zeqo mitt­ler­weile an der Ver­eins­spitze abge­löst hat, wet­terte: Ich glaube nicht, dass die Uefa solche Maß­nahmen gegen ein west­li­ches Land erheben würde, nur auf­grund von Zwei­feln bezüg­lich der Wett­quoten und deren Bewe­gung.“ Er glaubt, dass die Uefa ein Exempel sta­tu­ieren wolle, um zu zeigen, dass ihr System gegen Wett­ma­ni­pu­la­tion funk­tio­niere.

Ana­lyse auf 93 Seiten

Tat­säch­lich bedient sich die Uefa beim Kampf gegen Mani­pu­la­tion bei der unab­hän­gigen Firma Bet­radar“ aus London. Kri­tiker sagen, dass der Ver­band allein ent­scheiden könne, wel­chen Hin­weisen er nach­gehe. Doch mit Blick auf den Bericht wird klar: Das System der Uefa funk­tio­niert tat­säch­lich, wenn es der Ver­band will. Auf 93 Seiten haben die Ermittler detail­liert die Ver­bin­dungen zwi­schen den Klub­oberen, Spie­lern, dubiosen Poli­ti­kern und der Wett­mafia auf­ge­deckt.

So zeigt der Bericht auf, dass den neuen Prä­si­denten Takaj und Red-Bull-CEO Zeqo auch nach dem Rol­len­tausch mas­sive wirt­schaft­liche Inter­essen ver­binden. Gemeinsam hätten sie unter anderem die Teil­nahme an einem Vor­be­rei­tungs­tur­nier in Por­tugal 2013 geplant, bei dem die eigene Mann­schaft gegen den däni­schen Klub Sil­ke­borg IF und die Öster­rei­cher vom SV Mat­ters­burg in einem zuvor fest­ge­legten Tor­ab­stand ver­loren, auf deren Ein­treffen zugleich mas­sive Geld­ein­sätze gesetzt worden waren. Auch ein Freund­schafts­spiel im glei­chen Jahr gegen Energie Cottbus benennen die Ermittler.

Als Geld­geber des Klubs fun­gierte unter anderem Ridvan Bode, der ehe­ma­lige alba­ni­sche Finanz­mi­nister, der in seiner Amts­zeit den alba­ni­schen Wett­markt pri­va­ti­sierte, wes­halb Prä­si­dent Takaj Ver­bin­dungen in sechs alba­ni­sche Wett­spiel­an­bieter nach­ge­wiesen werden konnten. Bode wie­derum wird von meh­reren Seiten beschul­digt, an Spiel­ma­ni­pu­la­tionen zwi­schen Sken­derbeu und seinen Geg­nern (deren Eigen­tümer Bode freund­schaft­lich kennt) mit­ge­wirkt zu haben.

Ein Witz“

Die Ermitt­lungen star­teten, als es Sken­derbeu wagte, nicht nur Freund­schafts­spiele zu ver­schieben, son­dern auch das Cham­pions-League-Qua­li­fi­ka­ti­ons­spiel gegen Cru­saders FC zu mani­pu­lieren. Die Albaner, die das Hin­spiel mit 4:1 gewonnen hatten, ver­loren das Rück­spiel in letzter Sekunde mit 2:3. Sport­lich blieb das ohne Folgen, doch zuvor wurden hun­dert­tau­sende Euro auf eine über­ra­schende Nie­der­lage gesetzt. Wenn es hier keine Ermitt­lungen gibt, läuft etwas falsch. Drei­ein­halb Tore waren ein Witz. In den letzten zehn Minuten habe ich noch nie sol­chen Fuß­ball gesehen“, erklärte Cru­saders-Tor­wart Sean O’Neill. Die Uefa wies anschlie­ßend wei­tere Unre­gel­mä­ßig­keiten in den Euro­pacup-Spielen gegen Dinamo Zagreb, Sporting Lis­sabon und Loko­mo­tive Moskau nach.

Als der Ver­band seine Ermitt­lungen erwei­terte, erhielten die Ermittler Anfang des Jahres zahl­reiche Mord­dro­hungen. Uefa-Prä­si­dent Alek­sander Ceferin stellte sich damals vor seine Mit­ar­beiter, die Uefa ließe sich von solche Dro­hungen nicht ein­schüch­tern. Nun ist der alba­ni­sche Meister für zehn Jahre auf inter­na­tio­nalem Par­kett gesperrt.

Alles nur Zufall?

Sken­der­beus Tor­wart Orges Shehi reagierte, sagte, er sei belei­digt. Erst kürz­lich war er als Spieler zurück­ge­treten, nun sprang er trotzdem noch einmal für seinen Ex-Klub in die Bre­sche. Denn der Bericht basiere nicht auf Beweisen, son­dern auf Gerüchten“. Die plötz­li­chen Nie­der­lagen seien dem Zufall geschuldet: Der Fuß­ball ist keine exakte Wis­sen­schaft, wir sehen immer schlim­mere Fehler.“ Warum Shehi sich für seinen Prä­si­denten und den Klub ein­setzt? Auch dafür hat der Bericht eine Erklä­rung: Der Tor­wart gilt als Freund des Prä­si­denten, seit der Tor­wart 14 Jahre alt ist. Shehi soll 46 Spiele mani­pu­liert haben. Beim 2:4 gegen Sil­ke­borg IF, der ersten auf­ge­deckten Mani­pu­la­tion, wird ihm sogar eine beson­ders schlechte Leis­tung attes­tiert – sicher nur ein Zufall.

Prä­si­dent Takaj rech­nete nun vor, dass die Strafe von einer Mil­lion Euro seinen Klub an den Rand der Exis­tenz bringen würde. Das ist nichts weiter als ein Todes­ur­teil für den Klub“, sagte Takaj. Viel­leicht findet das der Prä­si­dent das aber auch gar nicht so schlimm. Laut dem Bericht der Uefa hat er sich längst einem neuen Ziel ver­schrieben. Sein Hei­mat­klub, der alba­ni­sche Tra­di­ti­ons­klub KF Tirana, soll end­lich wieder groß raus­kommen.