Spieler der iranischen Nationalmannschaft stehen wenige Tage vor ihrem ersten WM-Spiel ohne Schuhe da und müssen sich selbst welche organisieren. Ein Konflikt auf höchster politischer Ebene.
Für Fußballer sind Schuhe die einzig essentiellen Arbeitsgeräte. Der Eisenfuß aus der Abwehr schwört meist auf den schwarz-weißen Klassiker aus Leder, der filigrane Techniker bevorzugt lieber das bunte Ballettschühchen, gern in Neon-Optik, und der Schuhhersteller spielt eine ebenso große Rolle. Egal ob Nike, Adidas, Under Armour oder wie sie alle heißen, jeder Fußballschuh fühlt sich ein bisschen anders an – oder zumindest bildet man sich das ein. Für die iranische Fußballnationalmannschaft wird die Schuhfrage wenige Tage vor ihrem ersten WM-Spiel zum echten Politikum, denn US-Sponsor Nike wird den Iranern zur WM keine Schuhe zur Verfügung stellen. Grund dafür sind die Wirtschaftssanktionen der USA gegenüber dem Iran.
Kein Ausrüstungsabkommen mit dem Iran
Auf den ersten Blick scheinen die Nike-Sanktionen für die iranische Nationalmannschaft keine Rolle zu spielen, hat diese doch Adidas als offiziellen Ausrüster. Die Spieler können jedoch ihre Schuhe frei wählen, haben teilweise individuelle Sponsoringverträge mit Nike. Das Kuriose: die Sanktionen bestehen schon seit Jahren, bisher befolgte der US-Ausrüster die Vorgaben aber einfach nicht. Warum hält sich Nike also jetzt daran? Seit der Aufkündigung des Atomabkommens zwischen dem Iran und den USA durch US-Präsident Donald Trump wurden die Sanktionen verschärft und nun stehen einige iranische Fußballer ohne Schuhwerk da.
Es ist nicht das erste Problem des Iran mit seinem Ausrüster. Bei der WM 2014 wurde man zwar noch von Uhlsport ausgerüstet, doch auch da gab es Streitigkeiten. Die Mannschaft bemängelte die Qualität der Produkte, der Trainingsanzug von Ersatztorwart Ali-Resa Haghighi sei damals nach dem ersten Waschen eingelaufen. Dazu wurden die Spieler vom Verband angehalten sparsam mit ihren Trikots umzugehen und möglichst nicht zu tauschen. Der Hersteller entgegnete, dass man die Trikots ohnehin nicht mehrfach verwenden könne, da sie mit der jeweiligen WM-Begegnung beschriftet gewesen seien.
Shoppingtour in Moskau
Die aktuelle Problematik ist indes keine Frage der Qualität, sondern individueller Schuhvorlieben der Spieler. Saman Ghoddos, der beim schwedischen Östersunds FK spielt, bat seine dortigen Kollegen um Mithilfe, andere Spieler gingen auf Shoppingtour. Praktisch, dass der Iran sein WM-Quartier in einem Vorort der russischen Hauptstadt bezogen hat. Für alle Autogrammjäger gilt das berühmte Moskauer Warenhaus GUM als Geheimtipp, dort gibt es ausreichend Schuhnachschub für die iranischen Fußballer. Gegen die schnellen Flügelflitzer der Vorrundengegner Portugal und Spanien wird erwartungsgemäß die ein oder andere Schuhsohle erhöhte Gebrauchsspuren aufweisen. Allzu viele Schuhe werden die Iraner bei der WM nicht brauchen. In der Gruppe B, die durch Marokko komplettiert wird, sind die Chancen auf ein Weiterkommen für die Iraner eher gering.