Davie Selke wird ein Leipziger. Ein Wechsel, der viele Fragen hinterlässt. Und eine ganze Menge Unverständnis.
Die Schlagzeile: „Davie Selke wechselt zu RB Leipzig“
Das Datum: 1. April 2015.
Kommentar des Spielers: „Ab Sommer möchte ich dann mithelfen, einem sportlich sehr ambitionierten Klub zum Erfolg zu verhelfen.“
Das Datum immer noch: 1. April 2015.
Ein Anruf bei Werder Bremen mit der Frage, ob es sich um einen April-Scherz handelt. Die Antwort: Nein.
Davie Selke, 20 Jahre, Juniorennationalspieler und seit der A‑Jugend bei Werder Bremen, wird zur kommenden Saison zu RB Leipzig wechseln. Der derzeit auf Platz sieben der 2. Bundesliga rangierende Klub überweist dafür vermutlich acht Millionen Euro nach Bremen.
Man muss diesen Transfer aus vier verschiedenen Perspektiven betrachten.
Aus der Sicht von Davie Selke:
In erster Linie ist Selke ein Profi-Fußballer, erst 20 Jahre alt und hochtalentiert. Seine 1,92 Meter weiß der Sohn einer tschechischen Mutter und eines gebürtigen Äthiopiers so geschickt einzusetzen, dass er in der laufenden Saison in 26 Einsätzen bereits sechs Tore erzielt hat und mitverantwortlich für den gegenwärtigen Bremer Aufschwung unter Viktor Skripnik ist. Seine sechs Treffer bei der U‑19-EM im vergangen Jahr haben Selke international bekannt gemacht. Viele Beobachter trauen ihm eine große Karriere zu. Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass er sich mit Angeboten von „sportlich sehr ambitionierten“ Klubs auseinandersetzt und sich dabei auch vom angebotenen Salär beeinflussen lässt. Das Werder Bremen der Gegenwart wäre auf Dauer vermutlich zu klein für einen Spieler mit seinem Talent gewesen. Allerdings hat er erst im vergangenen September 2014 einen Vertrag bis zum 20. Juni 2018 mit den Bremern unterzeichnet und das mit den Worten kommentiert: „Ich weiß, was ich hier habe. Das war eine Herzensangelegenheit. Ich habe Werder noch viel zurückzugeben.“
In den Wochen danach stürzte der SVW ab und landete zwischenzeitlich auf dem letzten Tabellenplatz. Möglich, dass sich Selke in der Winterpause so seine Gedanken darüber machte, was er eigentlich wirklich an Bremen hat. Anfang des Jahres meldete sich schließlich erstmals RB Leipzig bei dem Spieler und seinem Verein. Aktuell ist RB in der 2. Bundesliga acht Punkte vom Relegationsplatz drei entfernt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Selke seinen Dienst in der kommenden Saison bei einem Zweitligisten antreten muss und er sich spätestens dann die Frage nach besagter sportlicher Ambition stellen lassen muss. Was er in Leipzig verdient, ist derzeit nicht bekannt. Man kann davon ausgehen, dass der Red-Bull-Klub wesentlich mehr Spielraum für Gehälter besitzt, als der klamme SV Werder. Vermutlich ist es das, was Werder-Manager Thomas Eichin damit meint, wenn er davon spricht, dass „Davie sich für das sportliche Gesamtkonzept in Leipzig entschieden“ hat.