Der Rekordnationalspieler von 1860 München gewann in drei Ländern Meistertitel, überstand die Hitze des Jahrhundertspiels und die Wirren des Bundesligaskandals. Heute wird Bernd Patzke 81. Hier blickt er auf seine Karriere zurück.
Als gebürtiger Berliner wurden Sie an der Isar schnell heimisch.
Obwohl ich mich anfangs mit dem Bairischen schwer tat. Ich konnte die Leute einfach nicht verstehen. Aber wir hatten einen großartigen Mannschaftsgeist.
Was machte 1860 in der Mitte der Sechziger zum Spitzenteam?
Max Merkel. Er hatte die Mannschaft total im Griff und einen Sturm rein aus Nationalspielern zusammengestellt: Peter Grosser, Hans Rebele, Hansi Küppers, Rudi Brunnenmeier, Fredi Heiß, Timo Konietzka. Alles hörte auf sein Kommando.
Merkel galt jedoch auch als Zuchtmeister.
Keine Frage, der Umgang war rustikal, sein Training war sehr hart. Wer nicht mitzog, wurde nicht aufgestellt. Otto Luttrop fragte mal, ob er früher vom Training wegdürfe, weil seine Frau ein Kind bekam. Merkel antwortete: „Der kannste sowieso nicht helfen, also lauf weiter.“
Merkel stellte den Spielern auch nach Feierabend nach.
Nicht persönlich, aber er hatte seine Spione in den Kneipen. Als wir einmal verloren hatten, teilte er uns vorm Trainingsspiel in zwei Gruppen auf: Diejenigen, von denen er wusste, dass sie sich gern in der Kneipe trafen, spielten gegen die Nicht-Trinker. Die Alkoholiker gewannen mit 5:1 und Merkel meinte nur: „Dann sauft’s halt weiter!“
Gemeinsam mit Teamkollegen trafen Sie sich damals oft in der Zwickmühle.
Damals gab es in München noch die Polizeistunde. Dann schloss der Wirt die Tür ab, bis es in der Nacht irgendwann klopfte. Dann kamen die Polizisten rein, tranken hinten in der Ecke einen Cognac und fragten: „Wer muss nach Hause?“ Und dann fuhren die uns nach Hause.
Nach dem Gewinn der Meisterschaft gab es im Herbst 1966 eine interne Abstimmung im Mannschaftskreis, die zu Merkels Entlassung führte.
Ich war einer von drei, vier Spielern, die für ihn stimmten. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu ihm, schließlich hat er uns erst zu dem gemacht, was wir waren.
Wer die harte Schule von Max Merkel klaglos erträgt, hat danach wohl mit keinem Trainer mehr Probleme.
Doch. Als ich 1969 zu Hertha BSC wechselte, kam ich mit Fiffi Kronsbein überhaupt nicht aus.
Was war das Problem?
Wenn nach dem Wochenende mein Bild in der Zeitung größer war als seins, sprach er die ganze Woche nicht mit mir. Kronsbein war auf alles und jeden neidisch. Wir Spieler haben ihn oft hochgenommen.
Auch Kronsbein galt als Schleifer.
Aber er ließ auch unsinnige Dinge machen. Als ich ihn einmal fragte, warum wir zwei Mal am Tag trainieren, obwohl wir topfit waren, antwortete er: „Wenn ihr trainiert, weiß ich wenigstens, was ihr macht.“ Fand ich bescheuert, diese Ansicht.
Mit 18 Länderspielen sind Sie bis heute Rekordnationalspieler der Löwen. Ab 1965 waren Sie unter Helmut Schön eine feste Größe bei der DFB-Auswahl. Aber schon in Ihrem zweiten Länderspiel beim 5:0 gegen Zypern in Karlsruhe erlitten Sie eine echte Horrorverletzung.
Ja, Manfred Manglitz warf sich bei einer Abwehraktion vor mich und brach mir das Wadenbein. Ich fiel um und knallte mit dem Kopf auf den Ball, gerade als der Gegenspieler draufhielt und mir bei der Gelegenheit auch noch das Jochbein brach. Danach war ich fünf Monate außer Gefecht gesetzt, so einen Ballon hatte ich.
Deshalb verpassten Sie das Europacupfinale mit 1860 gegen West Ham United.
In dem ausgerechnet deren Rechtsaußen Alan Sealey zwei Tore machte. Hätte ich gespielt, wäre er mein direkter Gegenspieler gewesen.