Russland und der Wodka – natürlich ist das ein schreckliches Klischee. Aber vielleicht passt es ganz gut als Metapher für eine DFB-Auswahl, die wie angeheitert durch das Turnier in Russland torkelte. Die WM-Einzelkritik.
Ein Wodka
Antonio Rüdiger
Ersetzte im zweiten Spiel den angeschlagenen Mats Hummels. Machte es aber nicht so überzeugend, dass er im dritten Spiel den gesperrten Boateng ersetzen durfte. Mit seinem Ballverlust nach zehn Minuten löste er eine gefährliche Schockstarre aus, von der sich die Mannschaft beinahe nicht mehr erholt hätte.
Julian Draxler
Hat gute Erinnerungen an Russland. Erinnerungen an Russland 2017, als er Kapitän jener Mannschaft war, die den Confed-Cup gewann. Vom Schwung des vergangenen Sommers war im deutschen Team nichts mehr zu spüren; bei Draxler auch nicht. Wurde nach der Hälfte der Vorrunde ausgewechselt und anschließend nicht mehr gesehen.
Leon Goretzka
Musste bis zum letzten Gruppenspiel warten, bis er sich endlich zeigen durfte. Spielte auf einer Position, die nicht unbedingt seine ist, hatte aber immerhin eine große Kopfballchance. Scheiterte am Torwart und verpasste es dadurch, dem Turnier doch noch einen völlig anderen Dreh zu geben. Wird in näherer Zukunft trotzdem eine wichtige Rolle in der Nationalmannschaft spielen, und das nicht nur, weil er jetzt bei den Bayern unter Vertrag steht.
Sami Khedira
Hielt sich für stärker als vor vier Jahren in Brasilien. Zeigte in Russland leider, dass er sich getäuscht hatte. Gegen Mexiko vogelwild unterwegs und deshalb zu Recht aus der Mannschaft verbannt. Kehrte gegen Südkorea zurück und beschränkte sich auf das Wesentliche. Insgesamt war sein Turnier kein Plädoyer dafür, dass die Mannschaft den inzwischen 31-Jährigen künftig noch braucht.
Thomas Müller
Hatte zwei gute Auftritte: in der Pressekonferenz vor dem Schweden-Spiel und in der Mixed-Zone nach dem Ausscheiden. Möglicherweise war er in Russland gar nicht als Spieler akkreditiert, sondern als Mitarbeiter der DFB-Kommunikationsabteilung.
Ilkay Gündogan
Leute, die Gündogan gut und lange kennen, haben es schon in der Vorbereitung prophezeit: Die massive Kritik infolge der Erdogan-Affäre wird seiner sensiblen Seele so sehr zusetzen, dass er in Russland eigentlich nicht zu gebrauchen ist. Hat Gündogan gegen Schweden, als er früh eingewechselt wurde und wie ein Gespenst spielte, eindrucksvoll bewiesen. Schade um so einen feinen Fußballer.