Kürzlich berichtete der Guardian über zahlreiche Todesopfer in Verbindung mit dem Stadionbau für die WM in Katar. Weshalb sich ein kleiner Verein aus Norwegen nun mit der FIFA und dem Wüstenstaat anlegt.
Für gewöhnlich kämpft Tromsø IL aus Norwegens hohem Norden vor allem mit schneebedecktem Rasen und gefrorenen Trainingsanlagen. Doch nun hat der Klub aus der Stadt nördlich des Polarkreises einen ganz besonders mächtigen Gegner herausgefordert: die FIFA. In einer Pressemitteilung rief der Klub zum Boykott der Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr in Katar auf.
„Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht des Guardian legte die enorm hohe Anzahl der toten Gastarbeiter dar. Die Zahlen sind erschreckend! Die bisher verfolgte Strategie hat nicht die notwendigen Änderungen gebracht, und wir sind der Meinung, dass die Zeit für den nächsten Schritt reif ist: Boykott“, heißt es in der vom Klub veröffentlichten Mitteilung.
Bisher setzte der norwegische Fußballverband NFF in der Diskussion mit der FIFA und Katar auf Dialog, eine Strategie die auch Amnesty International verfolgt. Tromsø geht das jedoch nicht weit genug: „Obwohl wir ein kleiner Verein sind, sind wir ein professioneller Verein, und es ist unsere Verantwortung, Stellung zu beziehen“, so Tromsøs Beauftragter für Gesellschaft und Nachhaltigkeit Tom Høgli. Die bisher verfolgte Strategie des Dialogs habe keine Ergebnisse gebracht. Der ganze Verein stelle sich hinter die Aufforderung.
Die Vereine Viking Stavanger, Strømsgodset IF und Odds BK haben sich dem Aufruf bereits angeschlossen und mehrere norwegische Vereine wollen auf ihren kommenden Mitgliederversammlungen ebenfalls darüber abstimmen. Das Problem: Mit Hoffnungsträgern wie Erling Haaland, Martin Ødegaard und Alexander Sørloth stehen die Chancen auf die erste norwegische Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb seit der EM 2000 sehr gut. Diese Chance durch einen Boykott zu verspielen, wäre für einige Norweger etwas zu viel Gutherzigkeit.
Auch Norwegens neuer Nationaltrainer Ståle Solbakken ist sich nicht sicher, ob ein Boykott der richtige Weg ist. „Die Frage ist: Wie kann man den Menschen in Katar am besten helfen? Ist das durch einen Boykott oder durch eine Teilnahme? Übt man Druck auf die katarischen Behörden aus, wenn man dort vor Ort ist oder ist es besser, sich fernzuhalten? Darauf gibt es für mich gerade kein Fazit“, sagt Solbakken gegenüber dem Fußballmagazin Josimar.