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Prinz Ali, wird die Fuß­ball-WM 2022 tat­säch­lich in Katar statt­finden?
Warum nicht? Die Fifa hat 209 Mit­glieds­staaten. Und ich denke, es ist das Recht jedes ein­zelnen Landes, eine Welt­meis­ter­schaft aus­zu­richten – so es diese orga­ni­sieren kann.

An dem Tur­nier in der Wüste gibt es erheb­liche Zweifel, ins­be­son­dere wegen der hohen Tem­pe­ra­turen im Sommer.
Ich denke, es ist besser, im Winter zu spielen. Dann wäre das Wetter für Spieler und Fans gut. Das müsste aller­dings der Gast­geber ent­scheiden.

Nicht nur. Schließ­lich müssten welt­weit die Spiel­pläne umge­stellt werden.
In Asien schon einmal nicht. Wir haben die letzten Asien – Meis­ter­schaften auch im Januar aus­ge­spielt. Ich sehe nicht, warum eine Winter-WM in Katar ein großes Pro­blem sein soll. Schließ­lich gibt es in Europa ja auch eine Win­ter­pause.

Ist es nicht aber ein großes Pro­blem, dass es in Katar kaum Fuß­ball­fans gibt?
Die WM kann ein Fest für ganz Asien werden, wir sollten dabei die Nach­bar­länder auf alle Fälle ein­binden. Und das Tur­nier muss eine soziale Dimen­sion haben, Men­schen in Asien zum Fuß­ball zu bringen. Mit diesem Pro­jekt sollten wir jetzt schon anfangen. Vor allem Frauen möchten wir für unseren Sport moti­vieren. Die Ent­wick­lung des Frau­en­fuß­balls in Asien ist mir sehr wichtig, denn sie hat eine soziale und gesell­schaft­liche Funk­tion.

Der Fuß­ball-Welt­ver­band Fifa hat auf Ihre Initia­tive hin gerade das Kopf­tuch­verbot für Spie­le­rinnen auf­ge­hoben. Kann das helfen?
Nach der Auf­he­bung des Ver­bots ist das Inter­esse bei vielen Mäd­chen in ara­bi­schen Län­dern gestiegen, selbst Fuß­ball zu spielen. Gerade in ärmeren Gegenden, in denen Tra­di­tionen eine große Rolle spielen, gibt es eine Menge Zuspruch und Neu­gier. Auch des­halb arbeiten wir jetzt mit der Ber­liner Initia­tive von Street­foot­ball­world“ zusammen, um den Stra­ßen­fuß­ball zu för­dern. Auch eine Welt­meis­ter­schaft in Katar kann dazu bei­tragen.

Viele euro­päi­sche Fans können sich die WM in Katar nur schwer vor­stellen.
Viele konnten sich auch eine WM in Süd­afrika nicht vor­stellen. Es gab nun einmal eine Dop­pel­ent­schei­dung der Fifa für Russ­land 2018 und Katar 2022, über deren Umstände ich nicht sehr glück­lich war. Aber Russ­land ist eine großes Land, und Katar ist gewählt worden. Nun sollten wir etwas daraus machen.

Ent­behrt der Vor­wurf denn völlig den Tat­sa­chen, dass Katar die WM gekauft hat?
Um ehr­lich zu sein: Das kann ich Ihnen nicht beant­worten. Ich war an dieser Ent­schei­dung nicht betei­ligt und bin erst danach ins Fifa-Exe­ku­tiv­ko­mitee gerückt.

Prinz Ali, Sie sind mit 36 Jahren das jüngste Mit­glied im Fifa-Exe­ku­tiv­ko­mitee. Wie fühlen sich die Sit­zungen für Sie an im Kreise der sonst sehr betagten Herren?
Natür­lich lerne ich noch viel; es ist auf­re­gend, hier mit­zu­ar­beiten. Ich würde mir aber mehr Mit­streiter mit ver­schie­denen Hin­ter­gründen wün­schen. Wir haben die gewählten Ver­bands­ver­treter im Exe­ku­tiv­ko­mitee, das ist klar. Aber warum sitzt kein Ver­treter der Fuß­ball­ma­nager dort, wes­halb kein Ver­treter der Spieler, kein Ver­treter der Schieds­richter? Sie alle machen doch den Fuß­ball aus, und sie hätten sicher neue Ideen.

Welche Ideen haben Sie denn für eine Reform der Fifa?
Mein Ansatz ist, den Fuß­ball­ver­band wieder näher an den Fuß­ball her­an­zu­führen. Wir wollen hier in Asien dafür ein Modell ent­wi­ckeln. Es gibt eine Kluft zwi­schen Men­schen, die Fuß­ball spielen und lieben, und denen, die Fuß­ball ver­kaufen. Die Per­spek­tive der Basis will ich in Asiens Fuß­ball ein­bringen und natür­lich in die Fifa. Es geht nicht nur um Meis­ter­schaften, son­dern auch um die Gras­wur­zel­be­we­gung, die der Fuß­ball ist.

Der letzte asia­ti­sche Ver­treter, der die Fifa ver­än­dern wollte, war Mohamed bin Hammam. Kurz vor seiner Kan­di­datur gegen Fifa-Prä­si­dent Joseph Blatter wurde der Katarer gesperrt, weil er angeb­lich beim Stim­men­kauf erwischt worden war. Nun hat der Welt-Sport­ge­richtshof seine Sperre auf­ge­hoben, bin Hammam kämpft um Reha­bi­li­tie­rung. Unter­stützen Sie ihn dabei?
Dazu möchte ich mich nicht weiter äußern. Ich finde nur, dass in den Medien zu sehr über Per­sonen gespro­chen wird und zu wenig über Struk­turen.

Welche Struk­turen wollen Sie ändern?
Wir müssen das System Fifa refor­mieren. Fuß­ball muss ein stär­keres Instru­ment der Ent­wick­lungs­hilfe und der sozialen Ent­wick­lung werden. Warum können Fuß­ball­ver­bände nicht auch Brunnen bauen, warum müssen es immer Fuß­ball­plätze sein? Der Fuß­ball kann auch Men­schen helfen, die im Krieg ver­letzt und ver­stüm­melt worden sind. Der para­lym­pi­sche Sport macht es vor, hier kann sich die Fifa stärker enga­gieren. Reformen im Fuß­ball sollten sich nicht auf die Ein­füh­rung der Tor­li­ni­en­technik beschränken.

Wie wollen Sie in der Fifa die inzwi­schen gerichts­amt­lich fest­ge­stellte Kor­rup­tion bekämpfen?
Es gibt dazu rich­tige Reform­an­sätze und externe Experten. Aber ich sage ganz offen: Der Kampf gegen Kor­rup­tion muss ehr­lich geführt werden und effektiv sein. Da stehen wir gerade am Anfang.

Ist Joseph Blatter der rich­tige Prä­si­dent für einen Neu­an­fang?
Dar­über möchte ich nicht spe­ku­lieren.

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Das Inter­view erschien eben­falls in der Druck­aus­gabe des Tages­spiegel