Im Februar kündigte Uli Hoeneß an, der FC Bayern habe ganz dicke Fische an der Transferangel. Nun scheint es, als kapitulierten sogar die Münchner vor der unbegrenzten Kaufkraft der internationalen Top-Klubs. Was bedeutet das für die Bundesliga?
Boss-Level
Die große Frage: Was wird Uli Hoeneß am 29. August bekanntgeben? „Bild“ hat vermeldet, er werde nicht mehr als Präsident kandidieren und seinen Posten als Aufsichtsratchef aufgeben. Sollte es wirklich so kommen, ist es eine Zeitenwende an der Säbener Straße. Sollte ihm Ex-Adidas-Chef Herbert Hainer als Präsident nachfolgen, würde der FCB seinen Nimbus als Weltklub mit Herz verlieren. Eines Vereins, der trotz großer Erfolge seine provinziellen Wurzeln nie verleugnet.
Bislang präsentierten sich die Bosse gern als breitbeinige Pfundskerle, die schon zum Frühstück das Testosteron eimerweise schaufeln, um den deutschen Marktführer durch die stürmische See des globalen Fußballs zu navigieren, getrieben aber von der steten Angst, auf dem Parkett der Weltvereine doch nur am Kindertisch Platznehmen zu dürfen. Insgeheim sind sich Rummenigge und Hoeneß trotz berstenden Festgeldkontos und konstanten Erfolgs in der Bundesliga noch immer unsicher, ob die internationalen Fußballfürsten den FCB zur absoluten Spitzenklasse zählen. Und dieser Gedanke wirkt wie der Magnet vor dem Perpetuum Mobile, der den FC Bayern in ständiger Bewegung hält.
Wie genau Sportdirektor Hasan Salihamidzic in dieses fluide System passt, ist auch zwei Jahre nach dessen Berufung nur schwer zu ermessen. Experten sind sich einig, dass nach wie vor die Altvorderen die Geschicke des FCB bestimmen – und der ehrgeizige Bosnier allenfalls als Inspirationsquell und Übergangsmanager dient, ehe mit Oliver Kahn demnächst ein echtes Schwergewicht den zentralen Entscheiderposten in sportlichen Fragen übernimmt. Und wie bei allen anderen derzeit offenen Fragen steht auch bei dieser Rochade in den Sternen, ob Rummenigge und Hoeneß in der Lage sind, nach all den Jahren Verantwortung abzugeben. Denn klar ist: Ob mit oder ohne offizielles Amt, Uli Hoeneß wird seinen FCB nie wirklich loslassen können!
Umfeld
Die Distanz zwischen Anhang und Klub wächst. Wie soll es anders sein, bei einem Verein, der seine Mitgliederzahl in den vergangenen zehn Jahren von 150 000 auf 291 000 fast verdoppelt hat. Der FC Bayern ist nicht vergleichbar mit anderen Bundesligisten, deren Selbstverständnis und damit auch ein Teil der sportlichen Erfolgsgeschichte auf der Nähe zu den Fans fußt. Die Bayern sind gesamtdeutsches Kulturgut, ihr Erfolgshunger speist sich aus dem Bewusstsein, von einem Teil der Bevölkerung gehasst, vom anderen geliebt zu werden.
Dennoch scheinen die Bosse erkannt zu haben, dass es ohne den Support der umtriebigen Ultras auch im glitzernden Operetten-Haus Allianz Arena still werden könnte. Vor der neuen Saison wurde der Dialog mit Vertretern der „Schickeria“ vorangetrieben und Wünschen stattgegeben, die die Ultras zur Verbesserung der Atmosphäre beim Klub beantragt hatten. Darüber hinaus hat sich die Ultraszene und der „Club Nr. 12“ verständigt, in der Südkurve enger zu kooperieren, um die Einigkeit unter den aktiven Fans zu stärken und die Stimmung im Stadion zu verbessern. Zitat: „Auf beiden Seiten ist die Erkenntnis gewachsen, dass man nur gemeinsam etwas erreichen kann.“