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Seite 2: Müller ist ein Glücksfall für die Medien

Erst­mals kam das Recher­che­werk­zeug bei der WM 2006 zum Ein­satz, als Lip­pen­leser her­an­ge­zogen wurden, um her­aus­zu­finden, wie Marco Mate­razzi im Finale Zine­dine Zidane zu seinem legen­dären Kopf­stoß pro­vo­zierte. Im November 2014 kam das Prinzip in der Bun­des­liga an, als ein Lip­pen­leser erkannt haben wollte, wie Pep Guar­diola seinen Angreifer Franck Ribéry anwies, aggres­siver auf einen Dort­munder Abwehr­spieler zu gehen: Mit Feuer auf Subotic“, soll der fein­glied­rige Kata­lane seinen nord­fran­zö­si­chen Der­wisch ange­herrscht haben. Damals wurde die Lip­pen­le­serei nicht nur von baye­ri­scher Seite, son­dern auch von BVB-Manager Michael Zorc als affig“ bezeichnet – und man ging zur Tages­ord­nung über. Nicht zuletzt, weil die Münchner wie ein warmes Messer durch ihre Erst­li­ga­gegner glitten – und offen­sives Pres­sing im Fuß­ball nun mal nicht ver­boten ist. 

In der Krise aber taugt nun jeder unwir­sche Schul­ter­blick, jedes leise Geme­cker als Nach­weis für den Zer­fall des FCB-Kaders. Beson­ders tra­gisch daran ist, dass aus­ge­rechnet Thomas Müller zum Opfer dieser frag­wür­digen Ana­ly­se­me­thode wurde. Das baju­wa­ri­sche Urviech ist einer der wenigen Top-Stars, der über ein weit­rei­chendes Reper­toire an rhe­to­ri­schen Eigen­heiten ver­fügt, in fast jeder Gesprächs­si­tua­tion spontan reagiert und – nicht zuletzt – sich im Gegen­satz zu vielen Kol­legen kaum um die öffent­liche Mei­nung schert. Kurzum: Müller ist in der Bun­des­liga-Steppe der Ja-Sager und Ange­passten eine echte Marke und damit ein abso­luter Glücks­fall für die Medien. Dass nun aus­ge­rechnet er durch seinen Gefühls­aus­bruch bei der Aus­wechs­lung indi­rekt Stör­feuer ins eigene Lager gesendet hat und sich in der Folge nicht mehr auf sein herz­er­fri­schend loses Mund­werk bli­cken lässt, ist ein Drama. Denn die Ent­schei­dung eines Frei­geists wie ihm hat Signal­wir­kung für die Bun­des­liga. Es wäre ein Jammer, wenn wir in Zukunft auf seine kobold­haften Aus­brüche, sein Lamen­tieren, seinen unüber­seh­baren Sie­ges­willen ver­zichten müssten.

Zumal Julia Probst keinen Hehl daraus macht, dass gerade Thomas Müller für sie eher schwierig zu ent­schlüs­seln sei. Der redet Baye­risch, wie ihm der Schnabel gewachsen ist“, sagt die Lip­pen­le­serin. Gehen wir also davon aus, dass er am Ende doch irgendwas in Rich­tung Kopf houch, wen da Hois aa dreckad is!“ gesagt hat. Und wenn nicht, schließen wir uns dem Mül­lerschen Appell an: Lip­pen­lesen – kann diese Scheiße auf­hören?