Völler, Rummenigge, Bosbach: Kaum war Fritz Keller als DFB-Präsident zurückgetreten, wurde über die abstrusesten Nachfolger diskutiert. Dabei ist völlig klar: Beim Deutschen Fußball-Bund muss sich Grundlegendes ändern. Am besten mit einer Frau an der Spitze.
DFB-Präsidentin! Wie hört sich das an? Ziemlich gut, finde ich. Und noch viel besser gefällt mir die Vorstellung, dass nach all den Neubergers, Niersbachs, Kellers und Grindels tatsächlich eine Frau das höchste Amt im Fußballbund bekleiden könnte. Es wäre, ganz ungeachtet der konkreten Person, ein klares Signal der Erneuerung und zugleich eine Absage an all jene, die nach all den Affären, Intrigen und Krisen des letzten Jahrzehnts glauben, es könne dennoch alles so weitergehen wie bisher.
Dass es eine breite Phalanx der Besitzstandswahrer gibt, haben die letzten Wochen eindrücklich gezeigt. Kaum hatte DFB-Präsident Fritz Keller demissioniert, hob bereits eine hektische Diskussion über den Nachfolger an. Und wer da alles plötzlich für präsidiabel gehalten wurde, ließ selbst wohlmeinende Beobachter zwischen Entsetzen und Galgenhumor schwanken. Rudi Völler wurde vorgeschlagen, von dem nicht bekannt ist, dass er sich in den vergangenen Jahrzehnten auch nur einmal sinnstiftend zur Zukunft des Fußballs geäußert hat. Karl-Heinz Rummenigge wurde zum Kandidaten, der als Bayern-Boss ausschließlich die Interessen seines Klubs durchboxte. Und am Ende wurde sogar die alte CDU-Plaudertasche Wolfgang Bosbach diskutiert, dessen herausstechende Qualifikation allenfalls wäre, nach vertraulichen Sitzungen die gleichen Boulevardjournalisten anzuwählen wie die zurückgetretene DFB-Spitze.
„Nur Institutionen, die mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt halten, überleben“
So kurios all diese Vorschläge anmuten, so sehr zeigen sie den Beharrungswillen einer Funktionärskaste, die es sich über Jahrzehnte in einem nur noch schwer überschaubaren Geflecht aus Verbandsarbeit, Entertainmentbranche und gegenseitiger Vorteilsnahme bequem gemacht hat. Zentrale Zukunftsfragen des Verbandes, etwa den Amateurfußball in einer Welt voller digitaler Freizeitangebote attraktiv zu halten oder die Vielfalt der Gesellschaft auch im Verband abzubilden, verblassten angesichts der Wucht, mit der sich da Männer im besten Alter monatelang auf offener Bühne bekämpften, um Macht und Einfluss rangelten und sich gegenseitig mit Verbalinjurien überzogen. Womit wir übrigens wieder bei der Eingangsfrage wären. All das wäre mit einer weiblichen Führung nie passiert, aus einem einfachen wie nachvollziehbaren Grund, den Katja Kraus pointiert formuliert hat: Frauen sind sich einfach schneller peinlich.
Kraus ist ehemalige HSV-Vorständin und eine von neun prominenten Fußballfrauen, die einen Katalog mit forsch anmutenden Forderungen vorgelegt haben. Unter anderem mahnen sie bis 2024 eine Frauenquote in den Vorständen und Führungsgremien an, nicht nur bei den Verbänden, sondern auch in den Profiklubs. Was radikal klingt, aber nur eine Diskussion nachholt, die in anderen gesellschaftlichen Bereichen seit Jahrzehnten geführt wird und die der einfachen Erkenntnis folgt, dass nur Institutionen überleben, die mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt halten. Der Profifußball wollte davon lange Jahre abseits von PR-Kampagnen nichts wissen. Sonst gäbe es ja längst viel mehr Schwarze, Schwule, Migranten in den Führungsetagen. Und deshalb gibt es in der DFB-Spitze bis heute so viele mittelalte Herren, die die Wandlung unserer Gesellschaft nur in homöopathischen Dosen durch die Eingangstür der Otto-Fleck-Schneise lassen.
Es ist also höchste Zeit für einen Wandel, für eine Frau an der Spitze, ganz konkret: Es ist Zeit für Katja Kraus. Aber nur dann, wenn sie entschlossen nach der Macht greift und dafür sorgt, dass dieses Amt wieder mit Einfluss ausgestattet wird und sie nicht den Grüßaugust spielen muss wie der unglückselige Fritz Keller. Ihre Wahl wäre keine Garantie für eine grundlegende Reform des Verbandes. Aber immerhin ein Anfang.
-