Heute kann sich entscheiden, ob der Luxemburger Unternehmer Flavio Becca beim 1. FC Kaiserslautern einsteigt. Was ist da eigentlich los in der Pfalz? Wird nun der nächste Traditionsklub von einem Investor geschluckt? Wir beantworten diese und andere Fragen.
Wie ist die Ausgangslage?
Der 1. FC Kaiserslautern befindet sich in einer finanziell bedrohlichen Situation. Seit Monaten suchen die Klubbosse händeringend nach einem „Ankerinvestor“, der den Verein mit frischem Eigenkapital ausstattet. Dafür beschlossen die Vereinsmitglieder vor einem Jahr die Ausgliederung des Profibetriebs in eine Kapitalgesellschaft. Die Organisationsstruktur soll dabei sicherstellen, dass der Einfluss des Vereins auf das Profiteam – auch bei einem Verkauf von Anteilen – idealerweise erhalten bleibt.
Wie schlimm ist denn die Situation beim FCK, und wie notwendig ist der Einstieg eines Investors?
Der Verein befindet sich seit Jahren auf einer wirtschaftlichen und sportlichen Talfahrt. Die ersehnte Rückkehr in die Bundesliga ist in weite Ferne geraten. Parallel verschuldete sich der Drittligist immer mehr. Unter anderem pumpte er sich 2013 per Fan-Anleihe rund sechs Millionen Euro, die eigentlich für ein Nachwuchszentrum gedacht waren. Gebaut wurde aber dort kaum – und das Geld muss im Sommer an die Fans zurückgezahlt werden. Dabei kann der FCK die laufende Saison nur finanzieren, indem er neue Schulden macht. Woher also die sechs Millionen Euro für die Rückzahlung kommen sollen, ist ungewiss.
Die Verzweiflung ist so groß, dass sich der Verein unter anderem über eine Internetplattform neues Geld von seinen Fans leiht. Trotzdem klafft noch immer eine Lücke. Ohne einen Investor oder entsprechende Finanzzusagen steht die Lizenz für die 3. Liga infrage – der FCK würde wohl aus dem Profifußball verschwinden. Um dies zu verhindern, scheint vielen der Einstieg von Flavio Becca, dem Mäzen des luxemburgischen Klubs F91 Düdelingen, die einzige Lösung zu sein.
Was will Becca investieren?
Um die Lizenz zu sichern, ist Becca bereit, kurzfristig einen einstelligen Millionenbetrag zur Verfügung zu stellen. Es geht um eine Größenordnung von etwa drei Millionen Euro. Über das langfristige Engagement und die aktuelle Bewertung des Vereins wird gerade noch verhandelt. In der Diskussion ist, dass Becca in den nächsten fünf Jahren insgesamt rund 25 Millionen Euro in den FCK investiert. Darüber hinaus zeichnet es sich ab, dass der Immobilienunternehmer auch ein Interesse am Kauf des städtischen Fritz-Walter-Stadions hat.
Denkt man an Traditionsvereine in Finanznot und potente Investoren, werden unvermeidlich Erinnerungen an die Turbulenzen zum Beispiel bei 1860 München wach. Wie nehmen die Fans die Pläne mit Becca auf?
Grundsätzlich positiv: Über 90 Prozent der Mitglieder votierten bei der Versammlung für die Ausgliederung des Profibetriebs in eine Kapitalgesellschaft. Aktuell wird die Stimmung jedoch getrübt durch den Machtkampf zwischen dem FCK-Aufsichtsratsboss Michael Littig und Patrick Banf, dem Aufsichtsratschef der FCK-Kapitalgesellschaft.
Banf verhandelte mit dem Investor. Dass aber Littig in Interviews darüber sprach und den Inhalt vertraulicher Gespräche kommentierte, irritierte Becca. Der Unternehmer erwartet ein Ende solcher Querelen und sieht die Verantwortung dafür offenbar bei Littig. Dies wurde wohl auch in den Gesprächen zwischen Becca, Banf und den FCK-Geschäftsführern Michael Klatt und Martin Bader so thematisiert. Nun steht der Rücktritt Littigs im Raum. Heute wird darüber eine Entscheidung erwartet – dies angeblich im Zusammenhang mit einer Frist, die Becca bezüglich einer Antwort auf sein Investorenangebot gesetzt haben soll. In den Augen mancher Fans sieht dies aus, als würde Becca den Klub erpressen. Beim Heimspiel am Samstag gegen Unterhaching wiesen sie auf einem Spruchband darauf hin, dass die Mitgliederversammlung den Aufsichtsrat wählt – also kein Investor über dessen Besetzung zu bestimmen hat.
Worum geht es bei den internen Querelen, und wie wirken sie auf den Investor?
Die Führungsgremien des FCK geben seit Monaten ein zerstrittenes Bild ab. Der fünfköpfige Aufsichtsrat ringt um die zukünftige Ausrichtung des Vereins. Littig löste im Januar Banf als Vorsitzenden ab. Kurz bevor es dann in den Verhandlungen mit Becca zu Ergebnissen kam, drang an die Öffentlichkeit, dass im FCK-Aufsichtsrat unter der Führung Littigs plötzlich über eine Absetzung Baders diskutiert werde. Auch dies sorgte bei Becca für Unverständnis, ist Bader doch einer seiner zentralen Ansprechpartner beim FCK.
Zwar setzte Becca trotz dieser Misstöne die Verhandlungen mit Banf und Co. fort, umso stärker ist aber sein Wunsch nach Verlässlichkeit und personellen Kontinuität in der FCK-Führung. Wie wichtig ihm die Stabilität beim FCK ist, zeigt sich auch daran, dass Becca sogar dazu bereit sein soll, das Hauptsponsoring abzusichern. Denn der aktuelle Hauptsponsor Harald Layenberger gilt wie Littig als ein Kritiker Banfs und deutete in der Vergangenheit schon öfter an, sich gegebenenfalls vorzeitig von seinem Sponsoring zurückziehen zu wollen. Becca stellt nun nach Informationen von 11FREUNDE für diesen Fall zusätzlich in Aussicht, in die Sponsorenverträge Layenbergers einzutreten.
Wie steht es sportlich um den Fritz-Walter-Klub?
Der Drittligist hat sein Saisonziel verpasst. Nach dem Abstieg aus der Zweiten Bundesliga im Jahr 2018 peilte der FCK den direkten Wiederaufstieg an. Daran müssen sich die FCK-Bosse messen lassen. Nach missglücktem Saisonstart wurde Trainer Michael Frontzeck entlassen und durch Sascha Hildmann ersetzt. Selbst der 4:0‑Heimsieg gegen Unterhaching am vergangenen Samstag, mit dem der Klassenerhalt im Ligamittelfeld gesichert ist, kann die Enttäuschung nicht überdecken. Die sportliche Zukunft beim FCK ist eng mit der finanziellen Lage verknüpft: Um seriös von einem Aufstiegsziel sprechen zu können, sind Investitionen in den Kader geboten.