Antonio Rüdiger ging in seiner Karriere nicht immer den einfachen Weg. Nun, mit 26, ist er Führungsspieler bei Chelsea und bereit für höhere Aufgaben in der Nationalmannschaft. Nicht nur sportlich, auch persönlich würde er dem Team mit seinem Einsatz gegen Rassismus gut zu Gesicht stehen.
Auf Erfolge folgten in Antonio Rüdigers Karriere oftmals Rückschläge und auf Rückschläge immer wieder Comebacks. Das Spiel seines FC Chelsea am letzten Samstag gegen Tottenham verkörperte dieses Auf und Ab, das nicht immer nur mit dem Geschehen auf dem Platz zu tun hat, in kondensierter Form.
Rüdiger machte in der Dreierkette der „Blues“ eine gute Partie. Er agierte zumeist überlegt und mit der Ausstrahlung eines selbstsicheren Verteidigers. Chelsea gewann am Ende mit 2:1, auch dank Rüdiger, dem jedoch kurz vor Schluss ein Eigentor unterlief. Es war also ein Sieg mit Beigeschmack, der für Rüdiger umso bitterer wurde, als er die Reaktionen einiger Fans im Stadion bemerkte. „Der Rassismus hat gewonnen“, sagte er im Interview mit Sky. Der Rassismus habe gewonnen, weil diese Leute, die ihn und andere Spieler rassistisch beleidigen, weiterhin ins Stadion gehen dürfen.
Rüdiger kämpft aktuell an zwei Fronten: Er möchte als Spieler endlich die ihm gebührende Anerkennung, die ihm gerade in Deutschland noch verwehrt bleibt. Und er möchte einen Fußball ohne Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Der Fußballspieler Antonio Rüdiger galt von Beginn an als großes Talent mit herausragenden athletischen Fähigkeiten, aber auch als ungestüm und temperamentvoll. In seiner Anfangszeit beim VfB Stuttgart – sein Profidebüt gab er im Januar 2012 – kassierte er in aller Regelmäßigkeit Rote Karten und galt als eine Art Sicherheitsrisiko. Und auch als Hitzkopf, weil er innerhalb von fünf Monaten zweimal wegen Tätlichkeiten vom Platz gestellt und für insgesamt sechs Spiele gesperrt wurde.
Trotzdem gelang Rüdiger beim VfB der Durchbruch im Profigeschäft. Allerdings ging er nicht den herkömmlichen Weg und versuchte etwa, sich mit guten Leistungen in Stuttgart für andere Bundesligisten zu empfehlen. Stattdessen wechselte Rüdiger bereits im Sommer 2015 zur AS Rom. Ein durchaus risikobehafteter Schritt, schließlich verschwand er damit ein wenig aus dem Fokus von Fußball-Deutschland. Bundestrainer Jogi Löw hatte Rüdiger jedoch weiterhin auf dem Zettel und wollte ihn zur Europameisterschaft 2016 mitnehmen. Doch Rüdiger verletzte sich nach der Kadernominierung am Knie und fiel aus
„Toni bringt Aggressivität und Präsenz in alles, was er tut. Das hilft uns, weil wir viele junge Spieler haben.“
Nicht der erste und auch nicht der letzte Rückschlag für den Innenverteidiger. Aber er kämpfte sich stets wieder zurück. So auch nach einer achtmonatigen Verletzungspause aufgrund einer Meniskus- und Leistenoperation im Jahr 2019. Rüdiger verpasste den Europa-League-Sieg von Chelsea im vergangenen Sommer und konnte auch in den ersten Monaten der neuen Saison nicht eingreifen. Aber seit seiner Rückkehr ist er wieder unumstrittener Führungsspieler in der Abwehr. „Toni bringt Aggressivität und Präsenz in alles, was er tut. Das hilft uns, weil wir viele junge Spieler haben“, erklärte Cheftrainer Frank Lampard jüngst, der in seiner aktiven Zeit vor solchen eisenharten Verteidigern wie John Terry und Marcel Desailly spielte und daher gewiss keine geringen Ansprüche an seinen Abwehrchef hat.
Was Lampard und anderen imponiert, ist vor allem Rüdigers Ausstrahlung. Mit Anfang Zwanzig hatte er noch den Hang zur Arroganz, erinnert sich etwa sein ehemaliger Jugendnationaltrainer Horst Hrubesch. Doch mittlerweile hat sich diese Arroganz in gesundes Selbstvertrauen verwandelt. Nun zweieinhalb Jahre nach seinem Wechsel von Rom nach London ist Rüdiger aufgrund seines Auftretens und seiner zuletzt gezeigten Leistungen in die Oberklasse der Premier-League-Verteidiger aufgestiegen.