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Seite 4: 27 Mal Weltklasse

Bliebe noch ein Wort zum Effekt-Bedarf der Medien. In den 1960er Jahren star­teten die Fern­seh­jahre. 1961 war die ARD-Sport­schau mit Ernst Huberty auf Sen­dung gegangen, seit 1963 sen­dete das Aktu­elle Sport­studio des ZDF, die WM 1966, bei der Franz Becken­bauer als agilster und attrak­tivster Jung­star auf­trat, war die erste WM mit einer nen­nens­werten Fern­seh­reich­weite, 400 Mil­lionen Men­schen ver­folgten allein das End­spiel. Für die Pro­duk­tion von Stars noch wich­tiger blieben aber zunächst die Print­me­dien, vor allem die zumal in Mün­chen beson­ders stark ver­tre­tenen Bou­le­vard­blätter (Abend­zei­tung, Bild, tz). Beson­ders diese benö­tigten für ihre Storys beson­dere Spieler. Stars und Super­stars waren das Salz in der Buch­sta­ben­suppe. Bei Repor­tern war das Inter­esse, Stars auf­zu­bauen und das Publikum mit neu­esten Nach­richten von eben diesen Stars zu füt­tern, weitaus größer als die Nei­gung, ihre Leis­tungen kri­tisch zu kom­men­tieren. Grund­sätz­lich herrschte die Ten­denz vor, Stars zu machen und sie hoch­zu­schreiben. In die Pfanne gehauen wurde einer nur, wenn er sicht­lich auf dem abstei­genden Ast und zugleich bereits ein neuer zum Star tau­gender Kicker in Sicht war.

Franz Becken­bauer brauchte sich um gute Noten keine Sorgen zu machen, als in der Sport­be­richt­erstat­tung Noten im Stil von Schul­zen­suren ein­ge­führt wurden, im Gegen­teil. Der Münchner Bild“-Sportchef Her­bert Jung berich­tete dem Becken­bauer-Bio­grafen Torsten Körner, dass der Kaiser zweimal bei ihm ange­rufen hatte, um sich über die Beno­tung zu beschweren. Es ent­spann sich fol­gender Dialog: Aber wieso, du hast doch eine Zwei?“ – Ja, aber ich war nicht so gut, wie ihr geschrieben habt.“

Ich war nicht so gut, wie ihr geschrieben habt“

Beckenbauer beschwert sich über seine Bild-Note

Der Franz konnte es sich leisten, zu gute Noten in Zweifel zu ziehen. Beim Fach­blatt Kicker“ hat er das, soweit bekannt, nie gemacht. Sage und schreibe 27 Mal wurde er bei den seit 1956 in der Regel halb­jähr­lich durch­ge­führten Bewer­tungen des Maga­zins in die Kate­gorie Welt­klasse“ ein­ge­stuft! Eine derart hohe Zahl an Nomi­nie­rungen war mög­lich, da er mehr­mals auf zwei Posi­tionen zugleich (Innen­ver­tei­di­gung und Mit­tel­feld) bewertet wurde.

Um das ein­zu­ordnen: Der Zweit­plat­zierte Uwe Seeler schaffte 14 Beru­fungen, der stets als Super­könner gehan­delte Günter Netzer ledig­lich vier; und sämt­liche (!) Spieler von Borussia Dort­mund kamen bis Januar 2020 auf ganze 25 Beru­fungen.

Wenn sich beweisen ließe, dass diese Experten den Kaiser tat­säch­lich immer objektiv beur­teilt haben, dann sollte man die hier vor­ge­tra­genen rela­ti­vie­renden Bemer­kungen wohl gleich wieder ver­gessen. Und selbst wenn man sie nicht ver­gisst und Kor­rek­turen wir die hier vor­ge­tra­genen am Becken­bauer-Bild vor­nimmt, ist es sicher immer noch nicht ver­kehrt, sich Jürgen Spar­wasser anzu­schließen, der auf die Frage nach dem besten deut­schen Fuß­baller aller Zeiten kurz und bündig ant­wor­tete: Schon der Franz.“