Mike Frantz arbeitet auf dem Bau, Vladimir Darida grätscht per Fallrückzieher, Roman Neustädter lernt fliegen und Fredi Bobic auch. Irgendwie. Unsere Elf des Spieltags.
Mike Frantz
Freiburgs Mike Frantz ist ein Fußballspieler ganz nach unserem Geschmack. Früher malochte der Mittelfeldspieler parallel zur sich anbahnenden Profikarriere noch auf dem Bau, und in unseren Tagträumen sehen wir uns mit Frantz Mettbrötchen essend am Rohbau stehen, die erste Mittagsmolle in der Hand, wie wir uns den Schweiß harter Arbeit am speckigen Feinrippunterhemd abwischen und anerkennend nickend die getane Arbeit begutachten. Und obwohl wir jedes Mal unsere Bauhelme freudig in die Luft werfen, wenn wir Frantz sehen, mussten wir nun doch feststellen, dass wir ihn so gut nun auch wieder nicht kennen. Dass er etwa ein fußballerisches Multitalent ist und neben seiner Stammposition im zentralen Mittelfeld auch Mittelstürmer spielen kann, war uns bisher verborgen geblieben. Ebenso, dass er das so gut kann, dass er direkt einfach mal einen Doppelpack schnürt. Häuser bauen, Doppelpacks schnüren – handwerklich begabt ist der Mann auf jeden Fall. Darauf heben wir fröhlich unsere Mittagsmollen zum Gruß, ziehen die Maurerdekolletes zurecht und rufen uns zur Feier des Tages gegenseitig ein paar Obszönitäten hinterher. Juhu.
Vladimir Darida
„Alles, was ich über Moral und Verpflichtungen weiß, verdanke ich dem Fußball,“, sagte einst bekanntermaßen Albert Camus. Nun sind wir nicht solche Leuchten wie Camus es war, allerdings gehen auch an uns die Lebenslektionen, die der Fußball bisweilen verteilt, nicht ungehört vorbei. Seit Dienstag können wir beispielsweise sagen: „Alles, was wir über ‚dem Gegner volle Möhre per Fallrückzieher in die Fresse treten‘ wissen, verdanken wir Freiburgs Vladimir Darida“, der nach ebenjener Aktion Rot sah, dann aber immerhin die Größe besaß, sich bei seinem Gegenspieler Pirmin Schwegler zu entschuldigen. Der wahrscheinlich mit „Noch fünf Minuten, Mutti“ oder „Ist das hier das WM-Finale?“ antwortete – wir wissen es nicht. Daridas feinen Zug werden wir uns in jedem Falle für unser aktuelles Buchprojekt klauen – den „11FREUNDE-Blutgrätschen-Knigge“, mit einem Vorwort von Stig Töfting.
Daniel Brosinski
Wenn wir uns heute Abend mit unserer Gruppe der Anonymen Traumpass-oholiker treffen, um über unsere Probleme zu reden, wird Daniel Brosinkis Wahnsinnspass gegen Eintracht Frankfurt sicherlich ein Thema sein. Wobei, vielleicht gehen wir auch einfach nicht hin, gucken uns lieber seinen Pass noch ein paar Mal an und versacken dann in einem wochenlangen Traumpass-Bingewatching-Bender, aus dem wir schließlich unrasiert und mit Wahnsinnskater aufwachen. Ohne jedoch Reue zu empfinden, denn Brosinskis Pass auf Jonas Hofmann vor dem 1:0 der Mainzer war tatsächlich etwas ganz Besonderes. Brosinkski spielte den Ball ganz wundervoll zuckrig in die Schnittstelle der Frankfurter Abwehr, gab ihm dabei aber eine ordentliche Portion Schmackes mit – eine Art Vollspann-Filigranpass, den wir so auch noch nicht kannten und der derart wunderschön war, dass sich auf der Tribüne im Frankfurter Stadion Uwe Bein und Thorsten Legat in die Arme fielen, um gerührt über Traumpässe zu reden.
Roberto Hilbert
Leverkusens Roberto Hilbert könnten wir jede Woche in unsere 11 des Spieltags aufnehmen, wegen seines stolzen Schnauzbartes, vor dem sich selbst Tom Sellecks Oliba verschüchtert ins Körperinnere zurückziehen würde. Da wir aber ein Magazin für Fußballkultur sind und leider nicht – oder nur bedingt – für Schnauzbartkultur, steht Roberto Hilbert in dieser Liste, weil er das einzige Tor im Spiel gegen Augsburg mit einem wundervollen Schnittstellenpass auf Heung-Min Son vorbereitete. Und wie aus dem vorangegangenen Eintrag eventuell ersichtlich wurde, mögen wir Traumpässe.
Marc Stendera
Recherchen des „11FREUNDE-Ressorts für Medizin, Wissenschaft und Technik“ haben ergeben, dass Frankfurts Marc Stendera keine Gelenke, sondern kleine Katapulte in den Knien hat. Anders ist es nicht zu erklären, mit welcher Wucht und Genauigkeit der 18-Jährige seine ruhenden Bälle in den gegnerischen Strafraum bombt. So gesehen beim 2:2‑Ausgleich gegen Mainz, als er einen Freistoß aus gefühlten 250 Metern genau auf den Kopf von Haris Seferovic schlug, der nur noch vollenden musste. Ähnlich gefährlich und punktgenau kamen übrigens seine Ecken, Stendera könnte sich wahrscheinlich auch seinen Autoschlüssel an die Eckfahne legen und ihn über die Stadionmauern auf den Parkplatz ins Schloss seines Autos schießen. Sollte er schon Auto fahren dürfen, das wissen wir nicht.
Marco Russ
Noch am Wochenende beehrte uns Frankfurts Marco Russ in unserer 11 des Spieltags, weil er mit seinem Traumtor gegen Schalke für ein echtes Highlight gesorgt hatte. Heute steht er hier, weil er im Zweikampf vor dem 0:2 gegen Mainz’ Shinji Okazaki hilfloser wirkte als Jürgen Milski beim Diktat. Russ sah nach links, nach oben, nach unten, ein wenig nach hinten, nur nach rechts nicht, wo Okazaki an ihm vorbei und gen Tor lief, und fast hätte es nicht verwundert, wenn Russ kurz an der Seitenlinie nach dem Weg gefragt hätte. Die Antwort wäre gewesen: zum Mittelkreis.
Roman Neustädter
Das „11FREUNDE-Kopfballpendel aus Medizinball-Leder“ geht diese Woche an Schalkes Roman Neustädter. In der 51. Minute des Spieles in Bremen wartete Neustädter nämlich im Strafraum auf eine Ecke, überlegte es sich dann aber anders, lief kurz aus dem Stadion und zum City Airport Bremen, wo er seinen Flugschein ablegte, rannte zurück, stieg hoch und wuchtete den Eckball so schulbuchhaft-kompromisslos zum 2:0 in die Maschen, dass irgendwo in Hamburg Horst Hrubesch zum Telefon griff, um sich mit Dieter Hoeneß auf ein paar Kopfnüsse zu verabreden. Kopfschmerz-tastisch.
Salomon Kalou
Hätte man Salomon Kalou vor ein paar Jahren prophezeit, dass er in nicht allzu ferner Zukunft bei einem grauen Mittelfeldteam der Bundesliga kickt, hätte er einen wahrscheinlich mit seinen zahlreichen Trophäen gesteinigt oder mit seiner Champions-League-Siegermedaille ausgepeitscht. Aber nun ist es nun mal so gekommen, und Kalou scheint keiner zu sein, den ein kleiner Karriereknick, nunja, knicken könnte. Also haut er sich bei seinem neuen Arbeitgeber rein, debütierte nun in der Startelf und erzielte prompt das Siegtor gegen Wolfsburg, als er bei einem wunderschönen Flugkopfball so elegant durch den Wolfsburger Strafraum segelte, dass auf Bestreben des Berliner Senats der Flughafen BER nun doch schon dieses Jahr fertig gestellt werden soll. Mit einer zusätzlichen Startbahn am Trainingsgelände der Hertha, extra für Kalou.
Tayfun Korkut
Mit nun zehn Punkten aus fünf Spielen hat Hannover 96 nach dem 1:0‑Sieg gegen Köln einen erstaunlich starken Saisonstart hingelegt. Verantwortlich zeigt sich dafür Trainer Tayfun Korkut, der aber nach Spielende nicht etwa durchdrehte und die Meisterschaft als Minimalziel ausrief, sondern schön auf dem Teppich blieb und Worte der Zurückhaltung sprach: „Mit zehn Punkten haben wir noch überhaupt nichts erreicht. Das Wort Spitzenmannschaft gefällt mir nicht.“ Na, dann passt er doch gut nach Hannover.
Daniel Didavi
Dieselben Probleme wie im Vorjahr, dieselben schlechten Ergebnisse, erneut am Ende der Tabelle, hastig den Sportdirektor gefeuert – fast könnte man meinen, der VfB Stuttgart leide an chronischer HSVitis. Obschon man sagen muss, dass die Stuttgarter in Dortmund eine mehr als passable Leistung zeigten und durch zwei Tore von Daniel Didavi sogar 2:0 in Führung lagen. Dass es dann doch nicht zum Sieg reichte, ist vielleicht der alten Brehmeschen Regel von der Scheiße geschuldet, die man am Schuh hat, wenn man eben Scheiße am Schuh hat. Aber gut, so eine HSVitis auszukurieren dauert eben ein wenig. Immerhin scheint Didavi ein altes Hausmittel zu kennen: Tore schießen.
Fredi Bobic
Mit Bestürzung haben wir die Entlassung von Fredi Bobic zur Kenntnis genommen, der seit den seligen Zeiten des Magischen Dreiecks für immer einen Stein bei uns im Brett hat. Nach dem mageren Abschneiden in der letzten Saison sowie dem Fehlstart in die neue Spielzeit zogen die Bosse beim VfB nun die Reißleine und entließen Bobic – und man muss nicht gerade zufällig an einem Schachbrett sitzen, um an das Wort „Bauernopfer“ zu denken. Uns wird Bobic fehlen, aber wir sind sicher, dass er bald wiederkommt, schließlich ist er ein Kind der Bundesliga. Bis es soweit ist, vertreiben wir uns die Zeit mit alten Bundesliga-Classics aus den Neunzigern, malen uns einen roten Brustring auf den Oberbauch-Specklappen und summen ein wenig traurig den größten (und einzigen) Hit des Tragischen Dreiecks, „Steh auf!“. Und jetzt alle: eo amama eo, eo amama eo….