Shinji Kagawa heißt sich selber willkommen zurück, Tin Jedvaj und André Hahn fachsimpeln über Gewaltschuss-Lattentore, und in Frankfurt fällt leider das Funkgerät aus. Eh immer im Funkloch – unsere 11 des Spieltags.
Shinji Kagawa
Mitunter verläuft die Bundesliga derart seifenoperhaft, dass man selbst am Set der Lindenstraße skeptisch die Augenbrauen heben würde. So etwa im Falle von Shinji Kagawa. Der Japaner war einst der Dortmunder liebster Zauberfuß, ging dann aber in die große weite Fußballwelt, um dort zu verkacken und nun als verlorener Sohn zurückzukommen. Und natürlich prompt im ersten Einsatz ein Tor zu erzielen– ein Moment, in dem man das kollektive Aufstellen der Dortmunder Armhaare wahrscheinlich noch in Wuppertal gehört hat. Wir gratulieren Kagawa in jedem Falle und heißen ihn herzlich willkommen zurück in der Bundesliga. Und gehen jetzt erstmal eine Bewerbung schreiben, als Drehbuchautor bei der DFL.
Tin Jedvaj
Leverkusens Verteidiger-Bubi Tin Jedvaj sieht eigentlich eher aus wie einer, der brav seine Hausaufgaben macht und dann gerne eine Runde Pokémon spielt, wenn es die Zeit zwischen Konfirmandenunterricht und Geigenstunde noch zulässt. Dachten wir zumindest. Nachdem Jedvaj aber im Spiel gegen Bremen einen Ball so derart humorlos unter die Latte geprügelt hat, dass wir geneigt waren, spontan eine Stiftung für missbrauchte Fußbälle zu gründen, revidieren wir unsere Meinung und verziehen uns kleinlaut mit unseren Pokémon-Karten in den Redaktions-Aufenthaltsraum. Eigentlich bräuchten wir noch einen Mitspieler, aber Jedvaj jetzt anrufen, trauen wir uns nicht mehr.
Hakan Calhanoglu
Leverkusens Hakan Calhanoglu verfügt über eine derart feine Technik, wahrscheinlich könnte er sich mit dem Außenrist auch die Schuhe schnüren, wenn das physikalisch irgendwie möglich wäre. Wieder einmal unter Beweis stellte Calhanoglu sein Ausnahmekönnen im Spiel gegen Bremen, als er einen Freistoß über die Mauer ins Netz hob, der so sexy war, dass der „Playboy“ bereits angefragt hat, ob ein Shooting mit dem Freistoßtor möglich wäre. Und ganz klar: Wir würden die Ausgabe kaufen.
Der Pfosten
Mit „Pfosten“ ist hier nicht irgendein „Sky“-Experte gemeint, sondern tatsächlich der Pfosten, bzw. sogar beide Pfosten samt Latte im rechten Tor des Leverkusener Stadions, die gemeinsam dafür sorgten, dass Leverkusen nicht bereits zur Pause mit knapp 25:0 führte. Immer und immer wieder klatschte der Ball ans Aluminium des Bremer Tores, noch mehr beansprucht wird eine Latte nicht einmal an einem langen Tag am Set von Magma Productions. Am Ende kam es dann, wie es kommen musste: Bremen holte noch einen Punkt, der „kicker“ wählte den Pfosten zum „Man of the Match“ und Manager Eichin versuchte noch direkt nach der Partie, den Pfosten von einem Wechsel nach Bremen zu überzeugen. Die Verhandlungen laufen allerdings noch.
Oliver Sorg
Das vielleicht traurigste Tor in der Geschichte der Kullerbälle und Rohrkrepierer schoss am Wochenende Freiburgs Oliver Sorg. Bzw. „schoss“, denn einen Schuss kann man seinen Kullerball zum 1:3 nun wirklich nicht nennen. Tatsächlich rollte die Kugel so langsam aufs Tor, dass man geneigt war, einen Rollator aufs Feld zu geben. Wäre der Ball noch langsamer gewesen, hätte die Sportschau es nicht zeigen können, weil eine Zeitlupe davon die Hälfte der Sendezeit gefressen hätte. Aber wie geht die gute alte Bolzplatzbinse: Wer trifft, hat Recht. Zumal es Freiburgs erstes Saisontor war und die Tore ab jetzt, garantiert, schöner werden.
Patrik Ittrich
„Patrick wer?“ wird jetzt der ein oder andere Leser denken und den Kopf verwundert aus dem Frühstücks-Mettigel heben. Patrik Ittrich heißt der Mann, der im Spiel Frankfurt gegen Augsburg Vierter Offizieller war und als einziger im Schirigespann den klaren Elfmeter an Frankfurts Kadlec sah. Besonders bitter: Ittrich wollte seinem Chef Manuel Gräfe, der die Partie weiterlaufen ließ, per Funk mitteilen, dass es Elfer geben muss, allerdings versagte just in diesem Moment das Funkgerät. Ein Umstand, der den Verfasser dieser Zeilen, der Eintracht-Fan ist, vor Wut die Fernbedienung verspeisen ließ (eine zweite wird folgen, sollte die Eintracht nicht Beschwerde einlegen). Herrn Ittrich werden wir selbstredend zu diesem Vorfall interviewen. Dummerweise hören wir nichts, wenn wir bei ihm anrufen. Herr Ittrich? Hallo?
Sebastian Jung
Hoffenheim gegen Wolfsburg, das ist eigentlich ein Spiel, bei dem die Zahl autoaggressiver Verletzungen unter Fußballtraditionalisten sprunghaft in die Höhe schnellt, die „Sky“-Redaktion Betriebsausflug macht, weil endlich mal Zeit ist, und die Anzahl an Fans auf den Rängen in etwa jener der Spieler auf dem Platz entspricht. Aber nicht für alle war das Spiel um die plastikfarbene Retorten-Ananas so interessant wie eine dreiwöchige Magen-Darm-Grippe. Wolfsburgs Sebastian Jung etwa schaffte das Kunststück, den Ball gleich zweimal von der Linie zu kratzen und sorgte damit für ein Spiel, an das er sicherlich gerne mal zurückdenken wird. Auch wenn er damit wahrscheinlich sehr alleine ist.
André Hahn
Ob sich Tin Jedvaj und André Hahn kennen, wissen wir nicht. Wir glauben aber schon und wir glauben desweiteren, dass sich die beiden in einem Internetforum für Gewaltschuss-Lattentor-Liebhaber kennengelernt haben, wo sie stundenlang chatteten und sich über das wunderschöne Geräusch, das ein Fußball macht, wenn er mit Latte in den Winkel geprügelt wird, unterhielten. Oder so. Wie dem auch sei, dass André Hahn gelernter Autolackierer ist, kommt ihm nun zugute. Denn es ist eigentlich undenkbar, dass nach Hahns Gewaltschuss zum 1:0 gegen Schalke die Latte an der Stelle, an der Hahn sie traf, nicht neu lackiert werden muss. Das heißt, falls Tore lackiert werden müssen. Wissen wir nicht, gucken nicht so oft Fußball.
Max Kruse
Gratulieren wollen wir an dieser Stelle auch Hahns Teamkollege Max Kruse, der am 4:1‑Sieg der Gladbacher über Schalke ebenfalls tatkräftig beteiligt war. Die Gratulation erfolgt aber weniger ob Kruses Leistung, sondern vielmehr, weil Kruse nach einer Harnleiter-OP nicht den Rest seines Lebens weinend in Fötusstellung verbringt, so wie es die normale Reaktion auf eine solche OP wäre, sondern einfach weiter Fußball auf Spitzenniveau spielt. Respekt.
Mirko Slomka/Jens Keller
Mirko Slomka/Jens Keller hat es wahrlich nicht leicht. Das traditionell schwierige Umfeld in Hamburg/auf Schalke, die hohen Erwartungen des hanseatischen/Gelsenkirchener Publikums, und die nicht immer einfache Führungsetage des HSV/S04 – Slomka/Keller ist, gemeinsam mit Schalkes /Hamburgs Keller/Slomka, einer jener Bundesliga-Trainer, der quasi immer zur Disposition steht. Da macht es die bittere 0:2-/1:4‑Niederlage in Hannover/in Gladbach nicht leichter, bei der Slomkas/Kellers Mannschaft erneut den Eindruck vermittelte, als gäbe es wirklich wichtigere Dinge als Bundesligafußball. Jetzt hängen die Hamburger/Schalker erstmal mit Stuttgart und Schalke/Hamburg im Tabellenkeller fest. Wir drücken dem Hamburger/Gelsenkirchener Coach auf jeden Fall die Daumen, dass er seinem Job noch eine Weile nachgehen darf.