Kreisliga, Oberliga, Regionalliga, Bundesliga: Die Karriere von Hendrik Weydandt liest sich wie ein Märchen. Im Interview erklärt er, warum er trotz Profivertrag noch in seinem WG-Zimmer wohnt und weshalb er nicht dauernd auf seinen Kontostand schaut.
Die Sie auch abgelehnt haben?
Ich fühlte mich damals noch nicht bereit. Ich hatte zwar ein gutes Regionalliga-Jahr hinter mir, aber ich war davon überzeugt, den nächsten fußballerischen Schritt auch noch in Egestorf machen zu können. Außerdem war mir das Studium zu wichtig. Ich wollte die letzten drei Semester nicht zwischen Tür und Angel studieren, sondern mit der nötigen Ernsthaftigkeit angehen.
Das hat gut funktioniert. Im Dezember haben Sie Ihren Bachelor-Abschluss gemacht.
Genau. Ich habe BWL mit der Vertiefung Steuer- und Revisionswesen studiert. Im vergangenen Monat habe ich meine Bachelorarbeit wiederbekommen und auch die mündliche Prüfung abgelegt. Jetzt ist ein Haken hinter dem Studium.
Worum ging es in Ihrer Abschlussarbeit?
Um verdeckte Gewinnausschüttung in Konzernstrukturen. Ein steuerliches Thema, etwas spezifischer. Ein Thema, mit dem ich mich schon seit langer Zeit beschäftigt habe.
Ihr Vater ist Steuerberater mit einer eigenen Kanzlei. Bis zum Sommer 2018 war der Plan, dass Sie ihn dort bald unterstützen.
Der Plan wird auch weiterhin verfolgt. Es hat sich nur zeitlich etwas nach hinten verschoben. Aber es ist ja nicht so, dass ich Fußballprofi sein werde, bis ich 80 Jahre alt bin. Bei mir ging es so schnell nach oben – genauso schnell kann es auch wieder herunter gehen. Durch welche Umstände auch immer. Im Endeffekt reicht ja eine Verletzung. Da bin ich Realist genug.
Ihr Profivertrag läuft bis zum Sommer 2020. Sind Sie froh, dass Sie zumindest die nächsten eineinhalb Jahre noch nicht jeden Tag acht Stunden im Büro sitzen müssen?
So darf man es nicht ausdrücken. Aber klar ist: Bis ich 23 Jahre alt war, habe ich ein 0815-Leben geführt. Ein Leben, das wunderschön war und das mir ermöglicht hat, Dinge zu sehen, die meine heutigen Mannschaftskollegen nicht sehen konnten. Das ist für die Zukunft – wenn man das Fußballerische ausklammert – sicher nicht von Nachteil. Jetzt bin ich wahnsinnig froh, dass ich meinen Traum verwirklichen und aus meiner Leidenschaft Fußball einen Beruf machen konnte.
Wie ist das Gefühl, wenn man nach dem ersten Profimonat aufs eigene Konto schaut?
Ich mache mir nicht viel aus Geld. Hört sich doof an, aber ich bin kein materialistischer Typ. Ich definiere mich nicht über ein abnormal teures Paar Schuhe oder ein tolles Auto. Ich habe also auch nicht akribisch auf das Geld gewartet und dauernd den Kontostand aktualisiert, um mich dann besser zu fühlen, wenn die Kohle da ist. Das hat bei mir wenig Emotionen freigesetzt.
Aber man guckt schon ab und zu mal nach, oder?
Natürlich guckt man nach. Ich will das auch nicht herunterspielen. Es ist eine Sache, die total besonders ist. Aber ich spiele nicht vorrangig wegen des Geldes.
Zum Schluss noch ein paar Superlative: Das beste Spiel Ihrer Karriere?
Darf ich jede Liga sagen?
Klar.
Super. Das beste Spiel meiner Karriere habe ich nämlich in der Kreisliga gemacht. Gegen Basche United. Da habe ich fünf Tore geschossen.
Was macht ein Kreisliga-Stürmer am Abend nach so einem Spiel?
Das können Sie sich vorstellen, oder? (Lacht.)
Der beste Stürmer aller Zeiten?
Der alte Ronaldo. Der dicke. Ich finde, man vergisst ihn bei all dem Trubel um Lionel Messi und Cristiano Ronaldo manchmal. Aber dieser Ronaldo, der hat unglaubliche Dinge auf dem Platz veranstaltet…
Ihr aktueller Lieblingsspieler?
Harry Kane. Seit geraumer Zeit. In gewisser Weise auch ein Vorbild für mich, was die Spielweise angeht und die Art, wie er seine Stärken umsetzt.
Was macht ihn so besonders?
Er weiß genau, was er kann und was nicht. Sein Torabschluss: grandios. Seine Endgeschwindigkeit: eher nicht so. Was er insgesamt daraus macht: heftig. Er macht von jeder Position aus sein Tor, er trifft in wichtigen Spielen, er geht mit Druck super um. Ein Führungsspieler.
Letzte Frage: Machen Sie qualitative Unterschiede zwischen Toren? Macht der 30-Meter-Hammer in den Winkel mehr Spaß als das ergrätschte Abstauber-Tor?
Nein. Aber mir macht das Tor zum 2:1 mehr Spaß als das zum 5:0. Egal, wie es aussieht.