Tottenhams Dele Alli galt lange als eines der größten Talente im englischen Fußball. Doch mit 25 Jahren steht der Mittelfeldspieler plötzlich am Scheideweg seiner Karriere. Jetzt darf er die Spurs verlassen – und könnte sich ein Beispiel an Jesse Lingard nehmen.
Zu Beginn der aktuellen Spielzeit sah es kurz so aus, als könne Alli sich wieder fangen. Per Elfmeter besorgte er den 1:0‑Sieg der Spurs bei den Wolverhampton Wanderers. Es war sein erster Treffer in der Liga nach mehr als 17 Monaten. Doch auch unter Trainer Nuno Espírito Santo und dessen Nachfolger Antonio Conte geriet Alli nach und nach ins Abseits. Die dürftigen Leistungen und geringen Einsatzzeiten des Mittelfeldmotors führten jetzt auch bei Daniel Levy zu einem Umdenken bewegen, der einem Transfer von Alli noch vor wenigen Monaten einen Riegel vorgeschoben hatte. Levy wird aber ebenfalls aufgefallen sein, dass Tottenhams einstiger Himmelsstürmer mittlerweile mehr Schlagzeilen neben als auf dem Platz macht.
Alli, der sich in den Sozialen Netzwerken gerne in extravaganten Outfits präsentiert, startete 2018 seine eigene Kleiderkollektion, für die der Tottenham-Star auch noch selbst modelte. „Vielleicht könnte er mal aufhören, Werbung für Klamotten zu machen und damit anfangen, wieder ins Fußballgeschäft einzusteigen“, echauffierte sich jüngst Simon Jordan, ehemaliger Besitzer von Crystal Palace, über Allis Prioritäten. „Er hat drei Jahre seines Lebens verschwendet.“
Während auf dem Spielfeld bei Alli nicht viel zusammenlief, sorgte sein Privatleben für ordentlich Zündstoff. Im Februar 2020 ließ der Mittelfeldspieler in einem Video eine diskriminierende Bemerkung gegenüber eines asiatischen Passagiers am Flughafen fallen. Die FA sperrte Alli daraufhin für ein Spiel, dazu musste der Engländer 50.000 Pfund blechen und einen Benimmkurs absolvieren. Anfang 2021 verließ ihn seine langjährige Model-Freundin Ruby Mae. Schnell meinten britische Boulevardblätter den Grund für die Trennung ausgemacht zu haben: Fortnite. Denn Alli, so zumindest das Gerücht, habe seiner Partnerin zu wenig und dem Videospiel deutlich zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Aktuell soll der neureiche Klub Newcastle United Interesse an einer Verpflichtung Allis im Winter haben. Andere Bewerber dürften aber bezüglich eines Kaufs zögern. Denn bei den Spurs steht der Mittelfeldmann noch bis 2024 unter Vertrag. Das treibt die potenzielle Ablösesumme in die Höhe.
Eine Alternative wäre für Dele Alli eine Leihe, möglicherweise bis zum nächsten Sommer, um sich über gute Leistungen bei einem anderen Klub auch wieder bei Tottenham ins Rampenlicht zu spielen. Dass das durchaus funktionieren kann, zeigte in der vergangenen Rückrunde Jesse Lingard. Der Offensivakteuer von Manchester United sah bei den Red Devils keine Perspektive – und ließ sich zu West Ham ausleihen. Dort schoss er komplett durch die Decke: In 16 Spielen erzielte Lingard neun Tore und legte fünf weitere Treffer auf. Nach seiner Leihe saß Lingard in Manchester zwar wieder auf der Bank, doch an Interessenten für eine Verpflichtung dürfte es dank der überzeugenden Auftritte im West-Ham-Trikot nicht mangeln.
Während seiner Zeit in London sagte Lingard dem Sender BBC Sport. „Mein lachendes Gesicht vor dem Spiel, während des Spiels und nach dem Spiel und einfach zurück auf dem Platz zu sein und das zu tun, was ich am besten kann – das Gefühl ist unschlagbar.“ Das weiß sicherlich auch Dele Alli, dem das Lachen auf dem Spielfeld in den letzten Jahren verloren gegangen zu sein scheint. Mit gerade mal 25 Jahren stehen dem hochtalentierten Spurs-Star aber weiterhin viele Türen offen – möglicherweise sogar bei seinem jetzigen Arbeitgeber. Denn bei Tottenhams jüngstem Spiel gegen Liverpool stand Alli überraschend wieder in der Startelf, vergab eine riesige Torchance – und erhielt trotzdem Lob von Trainer Antonio Conte. „Er hat ein gutes Spiel gemacht“, betonte der Italiener. Und: „Es ist für mich wichtig, die Spieler zu verstehen, auf die ich mich in Zukunft verlassen kann.“ Aussagen, die Dele Alli Hoffnung machen dürften, vielleicht doch noch bei den Spurs zurück in die Spur zu finden. Das Talent dazu hat er. Der Rest liegt in seiner Hand.
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