Bis zu seinem Wechsel zum 1. FC Köln im Jahr 2010 spielte Jonas Hector beim saarländlischen Oberligisten SV Auersmacher. Wir sprachen mit seinem ehemaligen Trainer Jörn Birster über den Neuen in der deutschen Nationalmannschaft.
Jörn Birster, erst kürzlich sagte Jonas Hector in einem Interview: „Wenn mir vor fünf Jahren einer gesagt hätte, dass ich in fünf Jahren als Stammspieler im Profifußball landen würde, hätte ich ihn für bekloppt erklärt.“ Sehen Sie das ähnlich?
Aufgrund seiner fußballerischen Fähigkeiten habe ich nie daran gezweifelt, dass er sich durchsetzen wird – trotzdem hat er zunächst zwei Jahre für die Kölner Amateure gespielt. Ich hatte zwar keinen überregionalen Vergleich, bin aber trotzdem fest von einer kürzeren Anlaufzeit ausgegangen.
Woran lag es in Ihren Augen, dass so viel Zeit bis zu seinem ersten Einsatz in der Profimannschaft verging?
Sein Vater sagte damals nach dem Probetraining in Köln: „Im Training waren gerade 15 Hectors.“ Dass Jonas nur eines von vielen Talenten war – dessen war ich mir vorher nicht bewusst. Man muss aber auch klar sagen, dass er zum Zeitpunkt des Wechsels zum FC einen körperlichen Defizit hatte. Jonas ist großgewachsen, war zunächst aber äußerst schmächtig. Je höher das Niveau, desto mehr wird dies zum Problem.
Von seinem Durchbruch waren Sie stets überzeugt?
Mir war früh klar, dass er seinen Weg gehen würde. Bereits als 17-Jähriger spielte Jonas die Rückrunde für die erste Mannschaft, danach wurde er komplett hochgeholt. Nur zum Saisonende half er in der A‑Jugend aus, um ihnen die Meisterschaft zu sichern.
Die Rückstufung hat ihn nicht gestört?
Nein, überhaupt nicht. Diese Eigenschaft zeichnet ihn aber auch aus. Viele Amateurspieler drohen schon mit einem Vereinswechsel, wenn sie drei Spiele in Folge auf der Bank sitzen. Jonas blieb immer dran.
Jonas Hectors Karriere ist von mehrfachen Positionswechseln geprägt. Bei den Kölner Amateuren spielte er im defensiven Mittelfeld, Holger Stanislawski setzte ihn als linken Außenverteidiger ein.
Bei mir spielte Jonas auf der Zehn. Wenn ich aber zum Beispiel bei Hallenturnieren beschloss, ihn als fliegenden Torwart aufzustellen, setzte er die Anweisungen wortlos um. Jonas wusste schon immer: „Wichtig ist, dass man in der Startelf steht.“ Das soll nicht heißen, dass er nicht gewisse Positionen anderen vorzieht. Dennoch fand er sich immer schnell und gerne ein.
Könnte sein Einsatz auf der Position des linken Außenverteidigers von entscheidendem Vorteil für seinen weiteren Weg sein?
Ich denke, es gibt nicht viele Spieler in Deutschland, die diese Position so stark bekleiden können wie er.
Holger Stanislawskis Urteil, dass Hector ein „Musterschüler“ sei, können Sie also bestätigen?
Absolut. Jonas ist ein Spieler, der keine intensive Kommunikation verlangt. Er setzt alles schnell um, hat immer Lust zu spielen. Ich denke, Jogi Löw wird sofort zufrieden sein. Mich würde es nicht wundern, wenn Jonas am Freitag bereits spielt. Ich bin überzeugt, dass er sich bald in der Nationalmannschaft durchsetzen wird.
Ist er auch privat ein vorbildlicher Profi?
Anders als bei anderen Talenten, die früh alles darauf ausrichten, Profifußballer zu werden, ergab sich seine Karriere eher aus seinem unwahrscheinlichen Talent. Auf unseren Vereinsfeiern war Jonas sicherlich nicht der Spieler, der mit einem Glas Wasser in der Ecke saß. Er wechselte erst mit 20 Jahren nach Köln und hatte bis dahin eine sehr normale Jugend.
War es eine bewusste Entscheidung seinerseits, so lange für den SV Auersmacher zu spielen? Es müssen doch schon früher große Vereine um ihn geworben haben.
Jonas ist ein sehr heimatverbundener Mensch. Er fühlt sich sportlich auch nur wohl, wenn das Umfeld stimmt. Diese Garantie hatte er zu Hause im Saarland. Doch auch in Köln stimmte es für ihn von Beginn an, deshalb entschloss er sich damals auch zu diesem Wechsel. Ich bin mir sicher: Ohne einen solchen Rückhalt würde es bei ihm nicht laufen.
Welchen Rat würden Sie Hector mit auf seinen Weg geben?
Mit der Berufung in die Nationalmannschaft kommen sicherlich auch bald Anfragen der großen Vereine. Es gibt einige Stimmen, die behaupten, man müsse Vereine wie den 1. FC Köln verlassen, um eine große Karriere in der Nationalmannschaft zu machen. Ich bin da jedoch anderer Meinung. Auch wenn ein Wechsel sportlich sicher reizvoll wäre, muss auch der Rest passen. Daher rate ich ihm: Vertraue deinem Gefühl! Dann wirst du für deine Zukunft die richtigen Entscheidungen treffen.