Die Screenshots spielen flotten Indie-Rock und haben eines der besten Lieder aller Zeiten geschrieben. Es handelt, na klar, von Fußball. Ein Gespräch über den Bundestrainer, das tragische Dreieck und die Scorpions.
Die Kölner Band The Screenshots hat gerade ihr zweites Album „2 Millionen Umsatz mit einer einfachen Idee“ veröffentlicht. Hört es euch an, denn es ist sehr gut. Eine gute und einfache Idee war es übrigens auch, einen Song über Fußball zu schreiben. Wir sprachen mit der Band am 50. Geburtstag von Mehmet Scholl.
Kurt Prödel, Susi Bumms, Dax Werner, der ewige Teenie-Star Mehmet Scholl ist heute greisenhafte 50 Jahre alt geworden. Grüße?
Dax Werner: Ich warte immer noch auf eine neue CD „Mehmet Scholl kompiliert“.
Kurt Prödel: Er besitzt den Musikclub „Milla“ in München, und es heißt, dass er manchmal unangekündigt auftaucht. Als wir dort aufgetreten sind, haben wir nur drauf gewartet, dass die Tür aufgeht, Mehmet den Raum betritt und sich durch die Zuschauer dribbelt.
Susi Bumms: Aber er kam nicht. Genauso wenig wie Jogi Löw in Stuttgart.
Der Bundestrainer wollte zu einem Screenshots-Konzert?
Werner: Susi hatte ihn auf die Gästeliste geschrieben. Für den Fall, dass er vorbeischaut.
Ein Rezensent beschrieb eure Musik mal als „Post-Internet-Punk“. Bevor wir diesen seltsamen Begriff dechiffrieren müssen: Folgt ihr Fußballern in den Sozialen Medien?
Prödel: Ich folge einem, der gut über Fußball twittert. Er nennt sich „Vertragsamateur Belamigović“. Ganz toll. Er zeigt kleine vergessene Spielszenen, die kaum länger sind als 20, 30 Sekunden.
Dax: Vor allem zeigt er vergessene Spieler, unsung heroes.
Sehr unsung. Drei Namen aus seiner Twitter-Timeline: Damir Bujan, Anibal Matellán, Jens Scharping. Ist der Neunzigerjahre-Fußball euer Fußball?
Dax: Der heutige Fußball ist mit oft zu durchdesignt. Besonders schrecklich finde ich diese Jubel-Gifs, die die Medienabteilungen über Twitter posten, wenn ihr Team ein Tor geschossen hat. Total banal. Das macht wirklich gar nichts mit mir.
Nähert sich der echte Fußball einer Simulation an?
Prödel: Wenn ich in einem Café sitze und aus dem Augenwinkel eine Fußballszene auf dem Fernseher sehe, muss ich tatsächlich oft überlegen, ob das jetzt Fifa auf der Playstation ist oder eine echte Übertragung. Es ist alles sehr synthetisch. Wobei ich das auch faszinierend finde.
Ein Stück von euch heißt „Fußball ist cool“. Ist das eigentlich ein Fußballsong oder ein Rocksong über ein Hobby?
Dax: Irgendjemand von uns hat mal diesen Satz gesagt, und wir dachten, er klingt total gut, aus der Zeit gefallen beinahe. Also haben wir einen Song darüber gemacht.
Prödel: Wenn wir ihn live spielen, habe ich eine Schiedsrichterpfeife im Mund, und der Song dauert 90 Sekunden. Es geht um Energie und ein bedingungsloses Bekenntnis zu einer Sache. Er ist zu einer Zeit entstanden, als der Fußball immer komplexer wurde. Da haben wir gedacht: Komm, wir treffen jetzt mal eine ganz klare Aussage.
„Fußball ist der coolste Sport der Welt, weil Fußball mir echt supergut gefällt.“
Bumms: Ich fand es auch lustig, einen Text zu schreiben, den wir so in der achten Klasse hätten schreiben können.
Dax: Er klingt eindeutig, hat aber auch eine Uneindeutigkeit.
Weil nicht klar ist, welchen Fußball ihr meint?
Bumms: Es fällt ganz viel unter den Mantel Fußball, und das finde ich spannend. Mich interessiert zum Beispiel weniger das Fußballschauen, sondern eher das Spielen. In Hobbyteams, in selbstorganisierten Ligen.
Dax: Der Song stellt sich bewusst naiv. Fußball, klar. Aber welcher? Die Premiumprodukte eher nicht, sondern der einfache Kick auf dem Bolzplatz. Ich finde es interessant, dass man mittlerweile nur das Wort „Fußball“ sagen muss, und schon gibt es Irritationen, um was es überhaupt geht.
Prödel: Übrigens: Ist euch mal aufgefallen, dass es kaum noch Spieler mit Halbglatze gibt?
Wie früher Dieter Hoeneß oder Johannes Linßen.
Prödel: Soundsoviel Prozent der männlichen Bevölkerung zwischen 20 und 35 hat Haarausfall. Das spiegelt sich aber überhaupt nicht auf dem Fußballplatz wider. Also, wo sind die Halbglatzen?
Der moderne Fußball ist zu perfekt und zu schön für Halbglatzen.
Dax: Ich muss aber auch sagen, das Perfekte hat manchmal seinen Reiz. Spiele, die bis ins letzte Detail analysiert werden. Jeder Laufweg, jeder Zweikampf. Ich verstehe, warum sich Leute damit beschäftigen. Es hat nur kaum noch was mit dem Fußball zu tun, mit dem ich aufgewachsen bin.
Was ist denn eure prägende Fußball-Erinnerung?
Dax: Ran auf Sat1 und der FC Hollywood. Das war eine Soap-Opera, fast wie Dschungelcamp heute.
War es damals cool, Fußball gut zu finden?
Bumms: Ich bin in der Nähe von München aufgewachsen, und da war es zumindest uncool, Fan des FC Bayern zu sein. St. Pauli war angesagter. Oder ein Verein aus England.