Am 13. März 2006 starb der beste Spieler in Celtics Geschichte. Jimmy Johnstone versetzte mit seinen Dribblings Europas Stadien in Ekstase. Doch sein größter Gegenspieler war er selbst.
Am 15. April 1970 trifft Celtic im Halbfinalrückspiel des Europapokals der Landesmeister auf Leeds United. Das Spiel wird zur „Battle of Britain“ stilisiert, die ganze Insel will dabei sein. Schließlich sind es offiziell 133 505 Zuschauer im Hampden Park. Zeitzeugen sprechen von einer deutlich höheren Zahl. Eine unglaubliche Kulisse. Eine für Jimmy Johnstone.
Leeds’ beinharter Verteidiger Terry Cooper wird auf Johnstone angesetzt, doch der spielt ihm einen Knoten in die Beine. Celtics Angreifer ist einfach zu flink und wendig für den Engländer. Da schreitet Leeds’ Raubein Norman Hunter – Spitzname „bites yer legs“ (beißt deine Beine) – ein und gibt seinem Mitspieler die unmissverständliche Anweisung: „Hau ihn doch einfach um.“ Doch der hechelnde Cooper entgegnet nur: „Versuch du es doch.“ Hunter übernimmt also, spurtet zähnefletschend heran. Johnstone tunnelt ihn. Es ist wie Asterix gegen die Römer. Johnstone treibt auch Hunter zur Verzweiflung, er legt den Siegtreffer zum 2:1 auf, Celtic zieht ins Finale ein. Terry Cooper, der erste Gegenspieler an diesem Abend, wird später sagen: „Ich hätte ihn umgetreten, wenn ich es nur einmal in seine Nähe geschafft hätte. Das war ein schlimmes Spiel. Er ist mir nachts in meinen Träumen begegnet.“
Jinky Johnstone wurde am 30. September 1944 in Viewpark nahe Glasgow geboren. Er schoss 129 Tore in 515 Spielen für Celtic.
James Johnstone ist ein kräftiger Mann mit kerniger Stimme. Er lacht laut. Er drischt einem Sätze wie Tennisaufschläge entgegen. „Loved his fitba“, sagt er über seinen Vater, er liebte seinen Fußball. Er fährt mit dem Auto durch Uddingston, an einem Kreisverkehr zeigt er auf die andere Straßenseite. Dort drüben habe sein Vater eine Kneipe geführt. Sie soll sich nicht lange gehalten haben, weil er die Gäste etwas zu lange mit dem Bierdeckel bezahlen ließ. Ein guter Abend hat für ihn noch immer ein gutes Geschäft ersetzt. Wenn man James Johnstone fragt, ob er als Kind seinen Vater vermisst habe, antwortet er mit nur einem Wort, dafür langgezogen: „Aaaaayeee.“ Das schottische Ja.
Trotzdem läuft er stolz um die Statue in Viewpark. Sie zeigt Jimmy Johnstone mit zum Jubel emporgerecktem Arm, drum herum sieben Lichter für seine Rückennummer. Zehn Autominuten weiter pflegt der Sohn das Grab seines Vaters, wischt die Blumenerde vom Sockel, das Regenwasser von der Klarsichtfolie, darin ein Brief eines Fans, nicht ganz einen Monat alt. Einige Meter entfernt steht ein riesiges, teures Grab. „Das gehörte einem Mafioso“, sagt James Johnstone und lacht sich kaputt. Den Ungerechtigkeiten dieser Welt begegnen sie hier noch immer mit Humor.
Was war das beste Spiel Ihres Vaters? „Schwer zu sagen. Das Spiel für Di Stefano, klar, oder aber gegen Roter Stern Belgrad.“
Am 13. November 1968 spielt Celtic im Achtelfinalhinspiel gegen Roter Stern Belgrad. Zur Halbzeit steht es 1:1. Celtic-Trainer Jock Stein ist ein sachlicher Trainer, er trinkt keinen Alkohol, Johnstones Turbulenzen erzürnen ihn. Selbst Steins Frau maßregelt ihn, den Rechtsaußen nicht so hart anzupacken. In dieser Halbzeitpause redet Stein auf seinen hassgeliebten Schützling ein. Er weiß, dass Johnstone unter panischer Flugangst leidet. Also schlägt er vor, dass er nicht zum Rückspiel nach Belgrad mitreisen müsse, wenn Celtic einen Drei-Tore-Vorsprung im Hinspiel erzielt. „Dae ye really mean it, Boss?“, fragt Johnstone mit einem Lächeln. Meinen Sie das ernst, Boss?