Als die Mauer fiel, war Frank Rohde mittendrin, nicht nur dabei: als Kapitän des Stasi-Klubs BFC Dynamo. Die DDR-Legende über seine bewegte Karriere.
Klingt nach einem unterhaltsamen Abend. Wie viel Party war denn als Fußballer in der DDR?
Ich habe viele unvergessliche Abende erlebt. Wenn wir mit dem BFC im Trainingslager waren, gingen wir regelmäßig rudern. Die Trainer freuten sich, wie wir uns auf dem See abrackerten. Was sie nicht wussten: Auf der anderen Uferseite ging es durch den Wald in eine kleine Kneipe, die wir regelmäßig leer tranken. Manch einer war dann so angeschlagen, dass er beim anschließenden Bowling immer dann die Kugeln losfeuerte, wenn gerade die Stoppschilder runter waren. Das hatte natürlich ein Nachspiel.
Nämlich?
Als Kapitän wurde ich regelmäßig zum Rapport gebeten: „Frank, das geht doch nicht, da müssen sie doch was machen! Wir stehen doch unter Beobachtung!“ Da habe ich gesagt: „Sprecht selber mit den Spielern, die sind alt genug.“
Welche Feier ist Ihnen am intensivsten in Erinnerungen geblieben?
Unvergessen ist jene Weihnachtsfeier mit der Nationalmannschaft im Vogtland Mitte der Achtziger, als wir zu später Stunde eine Polonaise starteten. Mitten auf der Tanzfläche stand eine große Holzkuh, was auch immer die da zu suchen hatte. Jedenfalls sprangen wir einer nach dem anderen über die Kuh, auch unser damaliger Verbandspräsident Prof. Dr. Günter Erbach versuchte es. Mit dem Ergebnis, dass der hochdekorierte Mann hängen blieb und anschließend wie ein Maikäfer auf dem Rücken lag.
Hatten Sie als Berliner einen besonderen Vorteil in Sachen Feierei?
Nun, sicherlich keinen Nachteil! Da gab es das Operncafé Unter den Linden, das Café Moskau, oder das Haus des Lehrers am Alex. Da hingen immer die Boxer ab, außerdem die schärfsten Bräute (lacht). Im Prenzlauer Berg wurde irgendwann eine Diplomatendisco eröffnet, da ging dann auch regelmäßig einiges.
Sie waren als Nationalspieler und Europapokalteilnehmer häufig im Ausland unterwegs. Welche Reise ist Ihnen besonders in Erinnerung?
Unsere Blamage an der Weser im Oktober 1988. Das Hinspiel im Europapokal hatten wir deutlich mit 3:0 gegen Werder gewonnen. Doch weil zwischen Hin- und Rückspiel vier Wochen lagen, veränderte sich die Ausgangslage. Wir wurden plötzlich in die Favoritenrolle gedrängt und fühlten uns zu sicher. In Bremen bekamen wir bekanntlich mit 5:0 auf den Sack. Eine klare Angelegenheit. Obwohl, wenn Frank „Mille“ Pastor seine große Chance beim Stand von 0:3 genutzt hätte, wer weiß, wie die Partie ausgegangen wäre.
„Mille“ Pastor?
Der Frank spielte ganz gerne mal Lotto. Und einmal erzählte er uns: „Jungs, ich bin mir sicher, ich hab´ die Million!“ Sein tatsächlicher Gewinn betrug etwa acht Ostmark. Von da an hieß er nur noch „Mille“.
13 Monate nach dem Bremen-Spiel fiel die Mauer. Hätten Sie jemals damit gerechnet?
Natürlich nicht. Ich dachte, das Scheißteil steht für immer. Dann gingen in Leipzig die ersten Montagsdemonstranten auf die Straßen und die Geschichte nahm ihren Lauf. Am 9. November 1989 war ich mit meiner Familie in Potsdam, meine Frau bekam einen Anruf von einer anderen Spielergattin: Die Mauer ist auf! Ich wollte da erst nicht rüber, war doch klar, dass da die Hölle los sein würde. Aber jeder kluge Ehemann weiß, wann er seiner Frau nachgeben muss. Bei der Oberbaumbrücke sind wir rüber, ich weiß noch, wie die unzähligen Trabis gestunken haben. Meine Frau und mein Sohn Ronny waren dann gleich verschwunden, ich kaufte meiner kleinen Tochter ein Eis und schaute mir das Treiben an. Ehrlich gesagt habe ich mich geschämt.