Der größte Erfolg im Leben des Profis Horst Hrubesch: Als der Hamburger SV vor 40 Jahren in Athen den Europapokal der Landesmeister gewann. Und sich das Kopfballungeheuer in löchriger Trainingshose über die Designeranzüge der Juve-Spieler kaputt lachte.
Happel qualmte auf der Bank wie eine Dampflok. Die letzten Minuten erlebten die Ersatzspieler und der Coach stehend auf der Tartanbahn. Als der rumänische Schiedsrichter Nicolae Rainea abpfiff, sackte Hermann Rieger unter Freudentränen auf der Bank zusammen. Horst Hrubesch sagte grinsend zu seinem Buddy Ditmar Jakobs: „Ich hab es dir gesagt, Jako, ich hab es dir doch gesagt.“ Happel ging wortlos über den Platz und gratulierte jedem seiner Spieler mit einem Klaps. Felix Magath: „Das hat er nur dieses eine Mal gemacht.“ Paolo Rossi hatte keine Lust mehr, mit Ditmar Jakobs das Trikot zu tauschen. Im Spielertunnel übergab Holger Hieronymus seinem Widerpart Gaetano Scirea das verschwitzte Jersey. Bernd Wehmeyer begab sich mit seinem Shirt und dem Torwarttrikot von Uli Stein kurz in die Kabine von Juve. Der sonst so selbstbewusste Stein hatte nicht mehr den Schneid, seinem großen Idol Dino Zoff in diesem Moment gegenüberzutreten. Es war das letzte Pflichtspiel der 41-jährigen Torwartlegende. Bernd Wehmeyer lugte also schüchtern durch die Kabinentür der Italiener, reichte Marco Tardelli seinen Fetzen und Zoff das Shirt von Stein. Dabei entdeckte er einen älteren Herrn mit grauen Schläfen, der in der Ecke versteinert zu Boden blickte und erkannte Fiat-Boss Gianni Agnelli.
Jürgen Groh bekam von all dem nichts mit. Er saß in einem Sanitäterraum in den Stadionkatakomben, trank ein Glas Wasser nach dem anderen. Im Kabinengang war er mit Thomas von Heesen, Claudio Gentile und Zbigniew Boniek von einem UEFA-Offiziellen zur Dopingprobe gebeten worden. Die Juve-Spieler hatten die Urin-Probe zügig abgeliefert. Groh: „Die waren auch darin Profis.“ Allmählich konnten Hermann Rieger und Mannschaftsarzt Ralf Matthies, die dem skurrilen Schauspiel beiwohnten, sich das Grinsen nicht mehr verkneifen. Auch von Heesen hatte die lästige Pflicht erledigt und stimmte ein in den schadenfreudigen Chor. Grohs situatives Problem machte das nicht leichter. In der Kabine packte die Mannschaft bereits die Koffer und stieg in den Bus. Groh harrte aus.
Auch Felix Magath fehlte das letzte Stück zum Glück. Bei der „Blauen Stunde“, dem Bankett im Interconti, musste er am runden Tisch der Funktionäre Platz nehmen. Während seine Teamkollegen beim Flaschenbier schon in Partystimmung verfielen, sollte er den Altvorderen des Klubs alles nochmal ganz genau erzählen. Magath: „Und an diesem Tag waren auch ein paar mit nach Athen gekommen, die sich im ganzen Jahr vorher nicht bei uns blicken gelassen hatten.“ Günter Netzer und Präsident Dr. Wolfgang Klein bedankten sich in kurzen Ansprachen bei der Mannschaft. Ernst Happel steckte sich munter eine Zigarette nach der anderen an. Nach einer halben Stunde traf auch die medizinische Abteilung mit Thomas von Heesen und Joschi Groh mit einem Taxi aus dem Stadion ein. Die Notaufnahme im Krankenhaus hatte am Kinn von Lars Bastrup ein Metallgestell zur Fixierung des Kiefers angebracht. Traurig schlürfte der Däne sein Bier mit dem Strohhalm. Die Party erreichte gerade ihren ersten Höhepunkt, als der Concierge wissen ließ, dass die Bar um zwei Uhr schließen würde.