Mit dem VfL Wolfsburg ist Oliver Glasner in dieser Saison noch ungeschlagen. Vor dem Spiel gegen Union Berlin spricht er über seinen Wechsel aus Österreich in die Bundesliga und verrät, weshalb ihm ein Soziologe einst riet, er solle am Spielfeldrand nicht so viel herumturnen.
Herr Glasner, was lief letzten Sonntag bei Ihnen im Fernsehen: das Spiel Ihres Europa-League-Gegners St. Etienne oder die Berichterstattung zur Wahl in Österreich?
Ich habe St. Etienne im Fernsehen geschaut. Das Spiel und die ersten Hochrechnungen waren gleichzeitig um 17 Uhr und deshalb habe ich die Wahl natürlich parallel im Internet verfolgt.
Was hat Sie dabei mehr bewegt?
Ich möchte die Wahl jetzt nicht im Detail kommentieren. Es war meine erste Briefwahl, und ich habe meine Wahlkarte ausgefüllt, das war mir wichtig. Kurzfristig war für mich St. Etienne aber relevanter.
Die Grünen haben bei der Wahl deutlich zugelegt. Macht man sich als Mensch im Profifußball, wo Flüge zu Auswärtsspielen wie selbstverständlich dazugehören, über den Klimawandel besondere Gedanken?
Ich habe das noch nie heruntergebrochen auf den Fußball. Ich denke, dass es in unser aller Verantwortung liegt, dass wir unsere Welt lebenswert gestalten. Nur zu protestieren und zu sagen, so geht es nicht, ist mir aber zu einfach und manchmal auch zu populistisch. Wir könnten im Fußball natürlich sagen, wir verzichten auf Bus und Flugzeug. Dann müssen wir die Champions und Europa League aber wahrscheinlich abschaffen. Wenn man sich ernsthaft mit der Problematik auseinandersetzt und Lösungen aufzeigt, bin ich der Erste, der mit dabei ist.
Es gibt relativ wenige Fußballer, die öffentlich ihre Meinung zu solchen Themen äußern. Hat das etwas damit zu tun, dass viele Spieler durch die Professionalisierung der Nachwuchsarbeit kaum noch Gelegenheiten haben, mal aus dem Mikrokosmos Profifußball herauszuschauen?
Die Spieler sind sehr früh in einem System und werden von diesem natürlich stark geprägt. Aber dazu muss ich auch mal klarstellen: Ich bin jetzt 45, und mit 20 Jahren hätte ich zu vielen Themen auch keine Meinung gehabt. Wenn Sie mich damals auf Kinder und Familie angesprochen hätten, hätte ich Ihnen gesagt, das interessiert mich jetzt nicht. Heute habe ich drei Kinder und es ist natürlich ein wichtiges Thema. Ich finde es schon ein bisschen problematisch, dass sich viele junge Leute mit Politik nicht besonders auseinandersetzen. Hier sehe ich ein Problem in der Ausbildung, in der Schule. Ich würde aber nicht sagen, dass das für Fußballer besonders gilt.
Sie haben während Ihrer Spielerkarriere Wirtschaftswissenschaften studiert. Würden Sie das Ihren Spielern empfehlen?
Das muss jeder für sich selber entscheiden. Ein Trainer von mir hat einmal gesagt, wenn du deinen Geist und Körper trainierst, hält dich das jung und fit. Mir war es auch wichtig, nicht vom Fußball abhängig zu sein. Als Fußballer bist du in deinem Kosmos drin und plötzlich, mit 30 oder mit 35, ist es zu Ende. Der Großteil deines Lebens liegt dann noch vor dir. Dann geht es auch darum, eine neue Aufgabe zu finden, neue Interessen.
Unions Trainer Urs Fischer geht als Ausgleich zur hohen Belastung im Fußball gern angeln. Was machen Sie, um abzuschalten?
Ich versuche, regelmäßig Golf zu spielen – und wenn es nur neun Loch am Abend sind. Beim Golfen bist du mit dir selbst beschäftigt, machst mal das Handy aus, musst dich konzentrieren und es ist auch nie jemand anderes schuld als du selbst.