Regelmäßig eingenommen, sind Schmerzmittel für manche Fußballer alles andere als harmlos. Dabei werden die Pillen „wie Smarties verteilt“. Jetzt warnen Profis wie Neven Subotic.
Die Sätze, die Spieler von Trainern zuweilen zu hören bekämen, würden variieren. „Es geht los mit: ‚Was ist, wenn das das Endspiel ist? Ich brauche Leute, die jedes Spiel so angehen, als wäre es das Endspiel.‘ Und entweder bist du so einer oder nicht. Das ist natürlich eine sehr schwierige Situation, in die man vor allem auch junge Spieler versetzt.“ Die Spieler würden unter Druck gesetzt, schnell auf den Platz zurückzukehren, täten dies manchmal auch ganz von selbst.
Das gilt nicht nur für den Profifußball. Auch Amateure greifen regelmäßig auf Schmerzmittel zurück, um spielen zu können. Das zeigt eine Befragung des Rechercheteams von CORRECTIV und ARD-Dopingredaktion, an der sich 1142 Personen beteiligt haben. Fast die Hälfte von ihnen gab an, mehrmals pro Saison Schmerzmittel zu nehmen, jeder fünfte Teilnehmer einmal pro Monat oder noch häufiger. Sie tun das längst nicht nur, um Schmerzen zu bekämpfen. 42 Prozent der Teilnehmer teilten mit, sie erhofften sich höhere Belastbarkeit, ein sicheres Gefühl und eine verbesserte Leistung.
Die Recherche-Ergebnisse nähren eine Debatte, die zu führen sich der Sport nie wirklich getraut hat. Wenn Sportler damit ihre Leistung erhöhen wollen – sollten Schmerzmittel dann nicht auch als Doping eingestuft werden? Die WADA wiegelt ab. Um als Dopingmittel eingestuft zu werden, müssten Schmerzmittel zwei der drei Kriterien erfüllen, die die WADA definiert hat, Gesundheitsschädigung, Leistungssteigerung und die Verletzung des Sportsgeistes. Das sieht die WADA nicht gegeben. Der Kölner Dopingforscher Hans Geyer hingegen findet, alle drei Kriterien seien erfüllt.
Spieler fordern eine offene Debatte und mehr Aufklärung. „Ich weiß von gar keiner Aufklärungskampagne über die Einnahme von Schmerzmitteln und die langfristige Wirkung auf den Körper“, sagt Neven Subotic. Auch DFB-Präsident Fritz Keller zeigte sich „schockiert“, als er die Ergebnisse der Schmerzmittel-Umfrage sah, an der sich vor allem Amateure beteiligt haben. Der ranghöchste Vertreter des deutschen Fußballs will reagieren. „Da müssen wir unbedingt an die Landesverbände gehen und über Trainer eine Sensibilisierung hinkriegen.“ Gerade der Sport im Amateurbereich sei doch „zur Gesunderhaltung gedacht und nicht dafür, dass man sich kaputt macht.“
Dieser Artikel ist Teil der großen #Pillenkick-Recherche des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV und der ARD-Dopingredaktion zum Thema „Schmerzmittelmissbrauch im Fußball“. Einen Überblick mit allen Ergebnissen zu dieser Recherche findet ihr auf pillenkick.de. Dort könnt ihr auch die ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping: Hau rein die Pille!“ anschauen, die heute Abend (9. Juni) um 22:45 Uhr in der ARD läuft. Außerdem findet ihr eine interaktive Übersicht mit Hinweisen zu Ibuprofen, Aspirin und anderen Schmerzmitteln. In den Sozialen Medien wird unter dem Hashtag #pillenkick diskutiert.