In Bonn fand erstmals das SAC statt, ein Fußballturnier für Kinder mit Behinderungen. Für Organisator Axel Kölle kann das nur der Anfang gewesen sein.
Axel Kölle, so will es allein schon der Name, trinkt den Kaffee aus der Effzeh-Tasse und treibt sich am liebsten am Geißbockheim herum. Vor allem aber zeichnet sich der Rheinländer dadurch aus, zu den Organisatoren des ersten „Special Adventure Camp“ zu gehören, einem internationalen Fußballturnier für Kinder und Jugendlichen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen. Auf dem Bonner Münsterplatz kamen in der vergangenen Woche Inklusions-Teams aus sechs europäischen Ländern zusammen – ob nun der FC Bonn/Bananenflanke oder Benfica Lissabon. Initiiert hat das Turnier der deutsche Ableger des Vereins „Football is more“, dessen Vorstandsmitglied Axel Kölle ist. Der prangert verbesserungswürdige Strukturen an und spricht vom möglichen Beginn seiner Inklusions-Utopie im Fußball.
Axel Kölle, Sie haben die erste Ausgabe des SAC mit organisiert, ein Fußballturnier für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Wieso gab es so etwas vorher nicht?
Tja, gute Frage. Hart gesagt: Besser spät als gar nicht. Das Thema wird zum Glück zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen und angeschoben. Aber es muss einfach noch wahnsinnig viel passieren.
Wie kam es zu der Idee, das Turnier zu veranstalten?
Die Organisation „Football is more (FIM)“ wurde 2011 in Liechtenstein gegründet. Es geht darum, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen unterschiedlichster Art zu fördern und stärker in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Diese Idee haben wir jetzt mit dem FIM Deutschland e.V. unter Vorsitz von Jürgen Buschmann nach Deutschland übertragen. Das Turnier ist hier bisher einzigartig und wird sicherlich nicht das letzte sein.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie bei der Organisation des Turniers?
Die allergrößte Hürde war es, in Zeiten von Corona für Sicherheit zu sorgen. In der Mannschaft des VfB Stuttgart zum Beispiel sind viele Kinder mit Down-Syndrom, die besonders gefährdet sind. Wir haben das Turnier auch deshalb mehrfach verschieben müssen. Aber auch im Hinblick auf Inklusion in der Gesellschaft gab und gibt es Herausforderungen. Da habe ich Werner Wolf im Sinn, den Präsidenten des 1. FC Köln, der jetzt bei uns zu Gast war – auch im Rahmen unseres Symposiums – und ganz klar gesagt hat: „Wir stecken in Deutschland von Bundesliga-Seite noch am Anfang in Sachen Inklusion.“ Das liege nicht zuletzt auch an Corona. Langsam, aber sicher beginnen Vereine damit, Programme zu entwickeln. Aber in der konkreten Umsetzung hapert’s noch an allen Ecken und Enden. Das ist ein gesellschaftliches Phänomen.
„In England sind sie da weiter. Die Vereine dort sind verpflichtet, einen bestimmten prozentualen Anteil des Umsatzes in solche Projekte fließen zu lassen“
Inwieweit hilft es, im Fußball anzusetzen, wenn es ja auch die gesellschaftliche Basis braucht?
Da gibt es keine Henne-Ei-Diskussion. Statt immer zu warten, bis die Gesellschaft so weit ist oder der politische Rahmen gesetzt wird, müssen die Entwicklungen parallel anfangen. Und dafür ist nichts besser geeignet als Sport, und Fußball im Besonderen, um dieses Thema voranzubringen. Als am breitesten angelegter Sport in Deutschland fördert Fußball seit Jahren auch Integration im besten Sinne. Darum sind die Vereine wunderbar dazu geeignet, auch Inklusion auf breiter Linie voranzutreiben. Hier sehe ich eine zukünftige Brücke zwischen Amateur- und Profilager und damit zwischen DFB und DFL. Dass sie das Thema Inklusion angehen, sieht man auch daran, dass DFB-Präsident Bernd Neuendorf die Schirmherrschaft des SAC übernommen hat. Es geht nur miteinander.
Gibt es für Sie eine Utopie des inklusiven Fußballs?
Der erste Schritt sollte sein, dass idealerweise sämtliche Vereine, egal ob Amateure oder Profis, das Thema stärker leben und zumindest eine Inklusionsmannschaft neben dem klassischen Leistungssport aufstellen. Wenn zwischen diesen Bereichen Begegnung geschaffen wird, ist das ungemein wertvoll. In England sind sie da weiter. Die Vereine dort sind verpflichtet, einen bestimmten prozentualen Anteil des Umsatzes in solche Projekte fließen zu lassen. Und ich würde mir wünschen, dass es irgendwann gemischte Teams gibt, denn das wäre richtige Inklusion. Das wäre toll. Ein grundlegender Schritt ist es aber zunächst, dass sich die Vereine ihrer Verantwortung bewusst werden.
Wie lief das Turnier? Welche Teams haben beeindruckt?
Ich möchte gar nicht von Leistungen sprechen, da geht’s überhaupt nicht drum. Letztendlich sind es alles tolle Teams. Was mich am meisten gefreut hat: Obwohl wir natürlich wegen der verschiedenen Beeinträchtigungen Mannschaften mit unterschiedlichem Leistungsniveau hatten, war trotzdem kein Spiel dabei, was mit einem zweistelligen Sieg endete. Es wurde wahnsinnig viel Rücksicht aufeinander genommen, und die Spiele gingen in der Regel knapp aus. Das fand ich ganz großartig.