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Steve McClaren, welche Fähig­keiten muss ein Fuß­ball­trainer besitzen, um erfolg­reich zu sein?

Nie­mand kommt als Meis­ter­trainer auf die Welt. Für jede Mann­schaft brauchst du eine ganze Reihe an pas­senden Werk­zeugen. Je mehr Erfah­rungen du sam­melst, desto mehr Werk­zeuge stehen dir als Trainer zur Ver­fü­gung.



Bleiben wir bei den bild­li­chen Ver­glei­chen: Wel­ches Werk­zeug würden Sie als das wich­tigste bezeichnen?

Kon­zen­tra­tion. Auf diesem Top-Niveau darfst du dir nicht eine Minute erlauben, unauf­merksam zu sein. Jeder Fehler wird hier bestraft.

Vor allem dann, wenn man mit einem Haufen Super­stars zusammen arbeiten muss?

In meinen Teams gibt es keine ein­zelnen Fix­punkte. Du gewinnst rein gar nichts, wenn du einen Haufen Super­stars auf den Rasen stellst. Das Talent muss arbeiten und die größten Spieler sind die, die ihre Fähig­keiten auf die gesamte Mann­schaft über­tragen können.

Der Star ist die Mann­schaft?

Ja, aber die Zeiten haben sich geän­dert. Früher reichten elf gute Fuß­baller aus, um eine erfolg­reiche Mann­schaft zu bilden, heute benö­tigt man 24. Der gesamte Kader hat einen viel grö­ßeren Stel­len­wert bekommen, ent­spre­chend umfang­rei­cher ist der Arbeits­be­reich eines Trai­ners. Sie sollten sich lieber umbe­nennen in 24 Freunde“, das wäre eher am Puls der Zeit.

Das Lachen im Keller – Steve McClaren muss gehen »

Wie schaffen Sie es, alle bei Laune zu halten?

Gar nicht. Das Erste, was du als Trainer lernst: Du kannst es nie allen recht machen.

Wie geht man damit um?

Ich habe gelernt, das zu akzep­tieren. Meine Auf­gabe ist es, mit meiner Mann­schaft erfolg­reich zu sein, und nicht, von allen geliebt zu werden. Fuß­baller respek­tieren es, wenn der Trainer offen und ehr­lich mit ihnen umgeht. Kom­mu­ni­ka­tion und Ehr­lich­keit sind die Schlüssel zum Erfolg.

So ein­fach ist das also?

Das ist nur ein­fach zu sagen. Pro­fes­sio­nelle Fuß­baller wollen immer Erfolg, ganz egal, wie viel sie ver­dienen oder wie bekannt sie sind, das macht dabei keinen Unter­schied. Also kom­mu­ni­ziere ich nicht mit Super­stars, son­dern mit pro­fes­sio­nellen Fuß­bal­lern, die erfolg­reich sein wollen.

Die meisten Trai­ner­jobs enden aller­dings des­halb vor­zeitig, weil die Chemie zwi­schen Spie­lern und Trainer nicht mehr stimmt.

Das ist richtig, aber ich sage meinen Spie­lern auch immer: Die Letzten werden die Ersten sein. Die Helden am Ende der Saison sind häufig nicht die Helden der ersten Spiele.

Klingt ein klein wenig platt.

Viel­leicht, aber ich habe zwei gute Bei­spiele, um das zu unter­strei­chen: Teddy She­ringham und Ole Gunnar Sol­skjaer. Die saßen in der Saison 1998/99 für Man­chester United häufig nur auf der Bank, haben ihre per­sön­li­chen Inter­essen die gesamte Zeit dem Erfolg der Mann­schaft unter­ge­ordnet und erhielten dafür am Ende der Saison die ulti­ma­tive Aus­zeich­nung: Ihre Tore haben das Cham­pions-League-Finale gegen Bayern Mün­chen ent­schieden! She­ringham und Sol­skjaer sind zu Legenden geworden – weil sie sich pro­fes­sio­nell ver­halten haben.

Und Ihre Spieler ver­stehen das?

Ich kann es nur hoffen.

Er ist der God­fa­ther“ – Steve McClaren über För­derer Alex Fer­guson

War das einer der Gründe für Ihr Schei­tern als eng­li­scher Natio­nal­trainer? Dass die Spieler Sie nicht ver­standen haben?

Es war extrem schwierig, meine Über­zeu­gungen und Grund­sätze auf die Natio­nal­spieler zu über­tragen. Nicht weil sie es nicht ver­stehen wollten oder ich nicht in der Lage war, es ihnen zu ver­mit­teln – die Arbeit als Natio­nal­trainer unter­scheidet sich total von der Arbeit als Klub­trainer. Das sind zwei völlig unter­schied­liche Berufe!

Inwie­fern?

Als Klub­coach küm­merst du dich 24 Stunden, sieben Tage die Woche um deine Mann­schaft. Du arbei­test bei­nahe jeden Tag mit ihnen, bist ständig in Kon­takt. Natür­lich ist es da leichter, einen Zugang zu den Spie­lern zu finden. Als Trainer einer Natio­nal­mann­schaft gehören dir die Spieler nicht. Du leihst sie dir nur aus. Du arbei­test nur ein paar Tage im Jahr mit ihnen zusammen und gibst sie dann wieder zurück. Das macht es extrem schwierig, eine Mann­schaft nach eigenen Vor­stel­lungen zu formen. Ich habe es nicht geschafft und dafür Prügel kas­siert.


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2007 schei­terten Sie im ent­schei­denden EM-Qua­li­fi­ka­ti­ons­spiel mit 2:3 gegen Kroa­tien. Aus­ge­rechnet im hei­mi­schen Wem­bley­sta­dion.

Was aus sehr vielen Gründen furchtbar war. Ich hätte gerne die Chance bekommen, Eng­land wäh­rend eines Tur­niers zu coa­chen. Als Co-Trainer meines Vor­gän­gers Sven-Göran Eriksson bin ich in den Genuss von drei großen Tur­nieren gekommen, das hat mir wahn­sinnig viel Spaß gemacht. Da hat man end­lich die Mög­lich­keit, über meh­rere Wochen hinweg mit der Mann­schaft zu arbeiten. Das ist Luxus.

Die eng­li­sche Presse hat sie nach dem Qua­li­fi­ka­tions-Aus förm­lich zer­rissen: Der Trottel mit dem Regen­schirm“ oder McClown“, so lau­teten die Schlag­zeilen. Das muss weh getan haben.

Als ich 2006 den Job von Sven-Göran Eriksson über­nahm, wusste ich ja, was auf mich zukam. Ich kannte die Pro­zesse – die eng­li­schen Medien haben Sven auch nicht mit Samt­hand­schuhen ange­fasst. Ich hatte eine Auf­gabe, das war die Qua­li­fi­ka­tion zur Euro­pa­meis­ter­schaft 2008 in Öster­reich und der Schweiz. Dieses Ziel habe ich nicht erreicht, die Kon­se­quenzen durfte ich in den Zei­tungen lesen. Der Vor­teil ist: Mich kann jetzt so schnell nichts mehr erschüt­tern.

Off the record – Begeg­nung mit Steve McClaren»>

Ihr Ver­hältnis zur eng­li­schen Presse ist erstaun­lich schlecht. Als Sie 2006 mit dem Underdog FC Midd­les­b­rough sen­sa­tio­nell das UEFA-Cup-Finale gegen den FC Sevilla erreichten, dort aber mit 0:4 ver­loren, warf Ihnen selbst die seriöse Tages­presse tak­ti­sche Kar­di­nal­fehler vor.

Ich bin ja kein Ein­zel­fall. Jeder Job hat Kon­se­quenzen, und die Kon­se­quenz der Arbeit als eng­li­scher Fuß­ball­trainer ist schlechte Presse. So war es bei mir, bei allen anderen, und so ist es aktuell auch mit Fabio Capello (dem aktu­ellen eng­li­schen Natio­nal­trainer, d. Red.). Nie­mand ist dagegen immun.

Ein Trainer kann es also nie­mandem recht machen?

Ich erin­nere mich an eine Taxi­fahrt wäh­rend meiner Zeit als Natio­nal­trainer. Kaum hatte mich der Fahrer erkannt, beschwerte er sich: Ach Trainer, Sie stellen die fal­schen Leute auf!“ Ich bat ihn, mir seine Wunsch­for­ma­tion zu nennen. Er legte los und als er fertig war, schaute er wieder in den Rück­spiegel: Mit dieser Mann­schaft gewinnen wir jedes Spiel!“ Das kann ich nur hoffen“, ant­wor­tete ich, ihre Startelf besteht aus 13 Spie­lern!“

Wie hat er reagiert?

Ich habe ihm gesagt, er müsse zwei Akteure wieder strei­chen. Er meinte: Das kann ich nicht. Das ist zu schwer.“ Was ich damit sagen will: An die ganzen Regen­schirm-Geschichten ver­schwende ich keine Gedanken mehr. Es war ein Job, ich habe ihn nicht wie erhofft zu Ende geführt und dafür die Kon­se­quenzen getragen.

Nach den Erfah­rungen von 2008: Würden Sie jemals wieder ein Natio­nal­team trai­nieren?

Ja, natür­lich!

Steve McClaren, wenn Sie einen Wunsch als Trainer frei hätten: Wie würden Sie sich wün­schen?

Wäh­rend meiner Zeit bei Derby County saßen wir kurz vor dem Sai­son­be­ginn zusammen in der Kabine. Ich fragte in die Runde: Leute, was wollen wir in diesem Jahr errei­chen? Eine posi­tive Tor­dif­fe­renz? Ein Platz in der oberen Tabel­len­hälfte?“ Einer meiner Neu­zu­gänge war Ste­fano Eranio aus Ita­lien. Was für ein fan­tas­ti­scher Spieler! Viel­leicht der erste pro­fes­sio­nelle Fuß­baller, der je für Derby County gespielt hat. Ich werde nie ver­gessen, wie er plötz­lich auf­stand und sagte: Warum setzen wir uns nicht zum Ziel, nur das nächste Spiel zu gewinnen? Jedes gott­ver­dammte Spiel. Egal, gegen wen.“ Ich dachte: keine schlechte Idee.