186 Bundesligaspiele, 24 Tore – Jan Rosenthal ist ein gestandener Spieler. Und er weiß, wie das Geschäft läuft. Im Gespräch verrät er, warum Darmstadt nicht absteigt, weshalb er kein Freigeist sein will und warum man manchmal besser die Klappe hält.
Aber es ist doch logisch, dass Trainer lieber auf Spieler setzen, die sie nicht hinterfragen.
Es geht hauptsächlich nicht ums Hinterfragen, sondern ums Erfragen. Ich bin mir sicher, dass jeder Trainer möchte, dass die Spieler ihre Aufgaben verstehen. Und darum geht es auch mir. Ich glaube, ich bin für einen Trainer sehr leicht zu trainieren. Ich achte sie als absolute Respektspersonen und ich hatte nie Probleme mit Trainern bis dato und auch danach nicht wieder. Hier in Darmstadt habe ich mich auch ohne Weiteres an eine Spielweise angepasst, die meiner eigenen eigentlich nicht unbedingt entgegenkommt. Aber ich habe erkannt, dass die Mannschaft so funktioniert, also habe ich mich untergeordnet und im Endeffekt davon profitiert. Zu sagen, dass ich mich trotz eigenem Kopf nicht anpassen kann, ist also falsch.
Was war dann das Problem unter Armin Veh?
Fußballerisch konnte ich mir eigentlich wenig vorwerfen. Also wurde es irgendwann eher eine Sympathiegeschichte – von beiden Seiten. Das muss man akzeptieren, das ist in anderen Berufen ja ähnlich, dass da mal etwas nicht passt, das muss dann auch gar nicht gewertet werden. Das wird von den Medien zwar gerne gemacht, aber letztlich ist nicht die eine Seite nur gut und die andere nur schlecht.
Sie schreiben auf Ihrer Website über Ihre Zeit in Frankfurt, dass sie auf einige Erfahrungen des Profifußballs hätten verzichten können. Welche Erfahrungen meinen Sie damit?
Ich hätte darauf verzichten können, was diese Sache mit mir als Mensch gemacht hat. Du fährst zur Arbeit, aber weißt, dass diese Arbeit nicht belohnt werden wird. Dann wird es schwer, seinen Körper jeden Tag dieser Belastung zu stellen. Und wenn du dann noch – wie ich zu der Zeit – dauernd verletzt bist, die Öffentlichkeit dir aber nicht die Zeit gibt, dich einzufinden, dann ist es schwierig. Aber: Schlechte Erfahrungen helfen dir für die Zukunft mehr. Du wächst daran und wirst stärker.
Vor ihrer Zeit in Frankfurt haben Sie drei Jahre in Freiburg gespielt, Sie kennen die Stadt und das Umfeld. Wie haben Sie die Diskussionen um den Mord an der Studentin Maria L. wahrgenommen?
Ich denke, die Stadt hat sehr besonnen reagiert. Das, was dort geschah, sollte nicht zu Verallgemeinerungen führen. Ich fand es deshalb auch gut, dass sich Christian Streich dazu geäußert hat. In seiner Position erreicht er auch Menschen, die ansonsten weghören. Er stellt eine Autorität dar und spricht Dinge aus, die einige nicht hören wollen. Das finde ich gut.
Als Spieler könnten auch Sie eine große Öffentlichkeit erreichen.
Als Fußballer kann dir aber auch jede Äußerung um die Ohren fliegen. Vor allem, wenn bestimmte Medien Kleinigkeiten zu etwas Großem aufbauschen oder Sätze aus dem Kontext reißen und damit den Sinn entstellen. Da ist es oft gesünder, die Füße still zu halten. Das soll aber nicht heißen, dass man ängstlich werden muss. Auch ich würde mir von mir selbst wünschen, in dieser Hinsicht ein bisschen mutiger zu werden. Andererseits bin ich vielleicht auch ein bisschen zu sensibel, um die Konsequenzen von bestimmten Aussagen ohne Weiteres zu tragen.
Vielen Profis geht es wahrscheinlich ähnlich wie Ihnen. Dadurch werden Gespräche oft seicht.
Das mag sein, aber was meinen Sie, wie die Konsequenzen für uns aussehen können? Viele Vereine suchen ihre Spieler neben den sportlichen Kriterien nachvollziehbarerweise auch danach aus, ob sie vermeintlich Probleme mit sich bringen. Und allein das Image des Freidenkers, das an mir haftet, wird dann zum Problem. Im Zweifelsfall werden sich Vereine eher gegen so einen Spieler entscheiden. Und in meinem Alter hat man vielleicht noch zwei, drei Karrierejahre vor sich und bekommt dann – womöglich – den einen, wichtigen Vertrag nicht mehr. Letztlich wollen viele Vereine Ruhe. In den Neunzigern war das anders. Da war es noch cool, einen Mario Basler in der Mannschaft zu haben. Aber da gab es eben auch noch keine Sozialen Medien und nicht so extrem viele Medien, die Einfluss auf das Geschäft nehmen.