186 Bundesligaspiele, 24 Tore – Jan Rosenthal ist ein gestandener Spieler. Und er weiß, wie das Geschäft läuft. Im Gespräch verrät er, warum Darmstadt nicht absteigt, weshalb er kein Freigeist sein will und warum man manchmal besser die Klappe hält.
Jetzt schirmen Vereine ihre Spieler ab wie noch nie. Dadurch entsteht der Eindruck, Diskurse von gesellschaftlicher Relevanz gehen an der Blase „Profifußball“ komplett vorbei. Aber wie ist es intern? Werden Themen wie die Flüchtlingskrise in der Mannschaft diskutiert?
Nicht wirklich. Es gibt natürlich einzelne Spieler, die sich Gedanken machen. Aber ich glaube nicht, dass sich viele Fußballer untereinander mit diesen Dingen beschäftigen, geschweige denn, dass dann nach außen tragen würden. Warum auch? Wir sind zwar Menschen und können ja auch im Freundeskreis politisch sein. Aber wir stehen in der Öffentlichkeit und da kann man sich schnell verbrennen. Nehmen wir zum Beispiel Schauspieler oder Komiker, die online Stellung beziehen: Die kriegen es prompt um die Ohren gehauen. Und jetzt stellen Sie sich vor, das macht ein Fußballer, der vielleicht nicht so differenziert über ein Thema nachdenkt. Der schaufelt sich sein eigenes Grab.
Lassen Sie uns über Fußball reden. Vor der Winterpause haben Sie mit Darmstadt knapp gegen die Bayern verloren – wie eigentlich immer in Ihrer Karriere. Nur einmal gab es für Sie einen Sieg, erinnern Sie sich daran?
Ja, klar. Das war vor mehr als zehn Jahren mit Hannover. Das war die Zeit mit Huszti, Staijner und Altin Lala, ich habe Rechtsaußen gespielt. Dieter Hecking war grade Trainer bei uns geworden, wir sind früh in Führung gegangen und haben dann gut verteidigt. Und die Bayern waren nicht so stabil wie heutzutage.
Sie sprechen es an: Die Bayern von vor zehn Jahren haben nicht mehr viel mit den Bayern dieser Tage gemein. Kann man sich als Spieler überhaupt noch auf ein Spiel gegen einen so überlegenden Gegner freuen?
Ehrlich gesagt eher weniger. Im Vergleich zu der Zeit vor Pep Guardiola ist es extrem schwer geworden, früher war ein Sieg realistischer. Jetzt ist das eine Mannschaft mit ausnahmslos Weltklasse-Leuten, die in einem funktionierenden System spielen. Was man da braucht ist Leidensfähigkeit. Dazu brauchst du als Mannschaft das nötige Glück und musst wirklich daran glauben, dass etwas zu holen ist. Doch genau dieser Glaube fehlt vielen Teams heutzutage. Die denken: Ach, irgendwann schießen die Bayern eh eins. Und dann passiert es natürlich auch.
Leider geht die Schere zwischen den ganz großen Teams und den kleineren tendenziell ja noch weiter auseinander. Wird es in Zukunft möglich sein, dass eine Truppe wie Darmstadt in der Bundesliga spielt und sich dort auch hält?
Wenn ich mir aus eigener Erfahrung anschaue, wie in der Zweiten Liga Fußball gespielt wird, dann würde ich sagen: Ja, es ist für Mannschaften wie Darmstadt möglich, in die erste Liga aufzusteigen. Sich dort länger zu halten wird allerdings schwierig. Aber man kann Vereinen wie den Bayern ja auch nicht vorwerfen, dass sie gut arbeiten und dominant werden. Eines von mehreren Problemen ist, dass durch die Champions League das Geld immer ungleicher verteilt wird. Dadurch entsteht für manche ein Vorsprung, den Mannschaften wie wir eigentlich nicht aufholen können.
Wieso schafft Darmstadt 98 in dieser Saison dann trotzdem den Klassenerhalt?
Der Druck liegt bei den anderen Mannschaften. Und: Wir wissen, wie man das Unmögliche schaffen kann. Wir haben in der Hinrunde viele uns daran hindernde Fehler gemacht, aber daraus haben wir gelernt.
Seit kurzem ist Torsten Frings Ihr Trainer. Was ist Ihr erster Eindruck von ihm?
Auch er hat den festen Glauben an den Klassenerhalt. Er war selbst ein guter Kicker und kann uns viele wichtige Dinge vermitteln, die wir brauchen. Seine Art passt zu uns.
Wird sich die Art und Weise, wie er Fußball spielen lassen will, von der bisherigen Spielweise unterscheiden?
Ich denke, sie wird etwas mutiger, da wir nichts mehr zu verlieren haben. Wir sind Letzter, brauchen Siege, dazu brauchen wir Tore. Aber klar, wir werden keinen Hurra-Fußball spielen, alles in Balance. Zu allererst müssen wir als Team gut verteidigen – das ist selbstverständlich – und dann wollen wir uns im Umschaltspiel verbessern.
Am Samstag geht es gegen Gladbach. Würden Sie für uns das Ergebnis tippen?
2:1.