Gudmundur Benediktsson ist seit seinem kreieschenden Kommentar bei der Europameisterschaft weltberühmt. In Russland kommentiert er wieder – und hofft nebenbei, dass sein Sohn spielen darf.
Gudmundur Benediktsson, es gibt schreckliche Nachrichten aus Island: Ihnen laufen die Fernsehzuschauer weg. Die Einschaltquoten für das WM-Spiel gegen Argentinien sind von 99,8 auf 99,6 Prozent im Vergleich zur Europameisterschaft zurückgegangen. Was ist los?
Wir sind auch fassungslos, aber wir rätseln noch über die Gründe.
Sie sind bei der Europameisterschaft weltberühmt geworden, weil sie den Siegtreffer gegen England so unglaublich fanatisch gefeiert haben. Haben Sie das Tor gegen Argentinien und den gehaltenen Elfmeter von Messi wieder genauso gefeiert?
Ich habe es mir noch nicht wieder angehört, aber natürlich habe ich gejubelt. Es ist meine Mannschaft und ich habe jede Minute des Spiels genossen.
Sind Sie immer so extrovertiert?
Im Gegenteil, einige Leute haben mich nach der Euro den „verrückten Kommentator“ genannt, nichts könnte weniger richtig sein. Aber Fußball lässt mich explodieren. Ich bejuble die Tore, weil ich Fan der isländischen Mannschaft bin. Und damals in Frankreich habe ich damit nur das ausgedrückt, was jeder Isländer gefühlt hat. Wir waren überwältigt, und das sind wir im Moment gerade wieder.
Wie ging es nach Ihren Weltruhm mit Ihnen persönlich weiter?
Ehrlich gesagt, es hat sich wenig geändert. Ich arbeite weiter für isländische Fernsehen und kommentiere unsere heimische Liga, die Champions League oder die Bundesliga. Nicht mehr und nicht weniger.
Damals waren sie auch noch Trainer.
Das bin ich im Moment nicht, aber hoffentlich nächstes Jahr wieder, wenn die Weltmeisterschaft vorbei ist. In Island ist es nur Teilzeitjob, Trainer zu sein, das passt im Moment nicht.
Ist es nicht ein gewaltiger Unterschied ein isländisches Ligaspiel oder eine Partie von Island bei der WM zu kommentieren?
Klar, aber das gilt für alle WM-Spiele. Wir sind wirklich stolz darauf, dass unsere Mannschaft aus dem winzigen Island hier dabei ist.
Sind Sie für die Spieler eigentlich ein Star?
Nein, ganz bestimmt nicht. Ich kenne alle Spieler, mit einigen habe ich zusammen gespielt, einige habe ich trainiert. Gegen andere habe ich gespielt. Ich habe Mannschaften trainiert, die gegen Teams gespielt haben, die von unserem Nationaltrainer Heimir Hallgrímsson gecoacht wurden. Vielleicht werde ich auch deshalb so emotional während der Spiele.