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Man kann von Jürgen Klins­mann halten, was man will, aber ein Lügner ist er nicht. Keine volle Stunde war es her, dass der Schwabe bei seiner Antritts-Pres­se­kon­fe­renz am Mitt­woch­mittag erzählt hatte, wie er, der neue Chef­trainer der Hertha, sich das mit der Arbeits­tei­lung in den kom­menden Monaten vor­stellen würde. Seine Assis­tenten, hatte Klins­mann mit seinem Schwie­ger­sohn-Lächeln gesagt, würden die Ein­heiten vor­be­reiten und betreuen, er selber würde den Mund halten und beob­achten. Um dann, eine Stunde später bei der ersten Ein­heit mit seiner neuen Mann­schaft, tat­säch­lich zu schweigen. Assis­tenz­trainer Markus Feld­hoff erklärte, Co-Trainer Alex­ander Nouri erklärte noch etwas enthu­si­as­ti­scher, nur Klins­mann stand ganz ruhig da und hörte zu. Wobei, er stand nicht nur da. Er strahlte seine neuen Spieler – Ber­liner Schräg­regen im Gesicht hin, deut­sche November-Kälte an den Füßen her – an. Voller Vor­freude.

Ver­rückt.

Nicht viele Men­schen würden sich so begeis­tert in eine derart kom­pli­zierte Situa­tion stürzen wie Jürgen Klins­mann in Berlin. Her­thas Mann­schaft, die sich zuletzt leblos oder ver­un­si­chert oder mit einem Mix aus beidem über die Spiel­felder der Bun­des­liga geschleppt hatte, konnte bis­lang gerade mal elf Punkte sam­meln. Unter Ante Covic spielte das Team nicht nur nicht erfri­schend offensiv, wie es mit dem talen­tierten Kader eigent­lich geplant gewesen war, son­dern auch ohne die vom lang­jäh­rigen Trainer Pal Dardai ein­ge­übte Kom­pakt­heit. Hertha ist kein ekliger Gegner mehr. Statt end­lich auf Europa zu schielen, muss sich der Verein plötz­lich ernst­haft mit dem Abstiegs­kampf aus­ein­ander setzen. Und bis Weih­nachten warten zu allem Über­fluss auch noch aus­schließ­lich starke Gegner. Dort­mund, Frank­furt, Frei­burg, Glad­bach, Lever­kusen, Autsch. Aber einer wie Klins­mann, das hat er oft genug bewiesen, denkt eher in Chancen als in Risiken. Womit er gut zu Investor Lars Wind­horst passt.

Ich will dem Micha und seinem Team ein­fach helfen“

Der hatte schon immer ein Faible für Braten, denen andere – meist zurecht – nicht trauten, und hat in den ver­gan­genen Monaten fast fol­ge­richtig 225 Mil­lionen Euro in den Haupt­stadt-Verein gepumpt. Um aus Hertha einen, nun ja, Big City Club“ zu machen. Und, so viel ist spä­tes­tens seit Mitt­woch klar: Der Lars, wie Klins­mann ihn nennt, möchte langsam Ergeb­nisse sehen. Eigent­lich hatte er Klins­mann erst vor wenigen Wochen als per­sön­li­chen Ver­trau­ens­mann bei Hertha in den Auf­sichtsrat geschickt. Damit dieser Michael Preetz und dem Rest der Geschäfts­füh­rung, die aus Hertha zwar wieder einen eta­blierten Bun­des­li­gisten gemacht hatten, aber nicht unbe­dingt im Ver­dacht standen, in naher Zukunft für den Durch­marsch in die Cham­pions League zu sorgen, auf die Finger schauen würde. Jetzt lässt Klins­mann seinen Posten schon wieder ruhen – und zieht direkt an die Front.

Preetz, den er im Auf­sichtsrat eigent­lich kon­trol­lieren sollte und ab Mai auch wieder kon­trol­lieren soll, ist plötz­lich sein Vor­ge­setzter. Bei der Pres­se­kon­fe­renz ver­suchten beide, die merk­wür­dige Kon­stel­la­tion her­un­ter­zu­spielen. Man kenne sich seit Jahren, Preetz habe Klins­mann erst zum Hertha-Mit­glied gemacht, sie seien auch wegen Klins­manns Sohn Jona­than, der zwei Jahre im Pro­fi­kader stand, immer im guten Aus­tausch gewesen. Wenn Klins­mann nicht gerade vom Lars und dessen Enga­ge­ment für die Stadt schwärmte (wobei Wind­horst ja längst zuge­geben hat, dass es ihm nicht um Berlin im All­ge­meinen oder Hertha im Spe­zi­ellen, son­dern ums Geld­ver­dienen geht), betonte er immer wieder, was für dicke Kum­pels er selber und Preetz seien. Ich will dem Micha und seinem Team ein­fach helfen“, sagte Klins­mann. Das ist keine Ent­mach­tung“, sagte Preetz.