Als Bayer Leverkusen zuletzt bei den Bayern gewann, stand die Mauer noch.
Marek Lesniak war es, der am 21. Oktober 1989 vor 29.000 Zuschauern im Münchner Olympiastadion den Siegtreffer für die Werksmannschaft vom Rhein erzielte. Bei Bayern kam in der 34. Minute Manni Schwabl für Hansi Flick, in Reihen der Gäste spielten Vollborn, Kree, Alois und Knut Reinhardt.
So lange ist das her.
Haue Jahr für Jahr
Die Gastspiele der Leverkusener beim Rekordmeister sind der Treppenwitz der letzten zwei Bundesliga-Jahrzehnte. Jahr für Jahr trat die Werkself an – mit immer größeren Ambitionen und dem immergleichen Ergebnis: Jahr für Jahr gab es Haue. Die moralisch schlimmsten Niederlagen ereilten die Leverkusener in den Jahren, als sie um die Meisterschaft spielten. 1996 gab es ein 2:4, 1998 ein 0:2, im Jahr 2000 ein 1:4. Allen Spielen gemein: Die Chancenlosigkeit der Gäste. Allen genannten Spielzeiten gemein: Bayern Meister, Leverkusen Zweiter.
Darüber hinaus war es für die öffentliche Wahrnehmung nicht eben förderlich, dass mit Christoph Daum der großspurigste aller deutschen Übungsleiter auf der Leverkusener Bank saß. Aber auch 2002, als Bayer sich unter Klaus Toppmöller selbst übertraf und das Vize-Triple errang, hieß es nach dem Contest in München: Leverkusen, null Punkte.
Für die deutschen Fans, die – so sie nicht Bayern-Anhänger sind – jedes Jahr vor allem ein Szenario abwenden wollen, nämlich eine weitere Schalenübergabe an die Münchner Millionärstruppe, und die deswegen zwangsläufig immer für Leverkusen waren, muteten die Aufeinandertreffen wie eine unerträgliche Dauerschleife an. Am Ende hätte es keinen mehr gewundert, wenn sich vor dem Spiel statt Marcel Reif aus dem Olympiastadion Bill Murray aus Punxsutawney gemeldet hätte.
Das Leiden des Torben H.
Schauen wir uns exemplarisch die Begegnung vom 9. Februar 2000 an. Vor diesem 19. Spieltag liegen Bayern und Leverkusen gleichauf. Mit einem Sieg in München könnte das Team um Michael Ballack seine Meisterschaftshoffnungen untermauern. Immerhin etwas mehr als eine Minute ist gespielt, da unterläuft Bayers Torben Hoffmann ein Eigentor. Die ohne einen einzigen Stürmer spielenden Leverkusener laufen Ball und Gegner fortan hinterher. In der 87. Minute darf sogar Alexander Zickler noch ran. In der 90. Minute erzielt der ewige Joker das 4:1 und macht die Demütigung perfekt. Am Ende der Saison wird das Wort Unterhaching stehen sowie die Erkenntnis, dass Anspruch und Wirklichkeit mal wieder nicht zusammengepasst haben.
Frappierend: In der Regel beraubte sich Bayer schon nach wenigen Spielsekunden aller Chancen: 2. Minute Hoffmann, 5. Minute Jancker, 2. Minute Pizarro – es scheint, als wollten sich die verängstigten Bayer-Kicker so schnell wie möglich allen Drucks entledigen, den Fußballdeutschland ihnen vermeintlich aufgelastet hatte. War das 0:1 erst einmal gefallen, nahm die Demütigung stets ihren Lauf.
Defensive statt Sturmlauf
Statt München im Sturm zu erobern wie es Bremen 2004 meisterlich praktizierte, versuchten es die Rheinländer über die Jahre mit den verschiedensten Defensivtaktiken und scheiterten damit immer wieder im großen Stil. Bayer Vizekusen – nirgendwo anders als in der bayrischen Landeshauptstadt tat man so viel für diese demütigende Bezeichnung.
Nun also eine neue Chance. Bayer Leverkusen, vom Ex-Bayern-Coach Heynckes trainiert, reist als Tabellenführer in den Süden. Bayern liegt nur auf Rang 8. Vielleicht standen die Chancen seit 20 Jahren nicht mehr so gut für einen Auswärtssieg. Vielleicht standen sie seit Lesniak nie besser oder schlechter. Es ist dies schließlich immer noch die Partie zwischen Rekordmeister und ewigem Zweiten.
Was den meisten bleibt, ist die Hoffnung auf Reif statt Murray.